# taz.de -- Demo gegen die A100: Für die Autobahn ist gegen Berlin
> Die Raddemo gegen den Ausbau der Stadtautobahn A100 war gut besucht, nur
> an Zuschauern mangelte es. Laut Innenverwaltung nehmen die Stauprobleme
> ab.
IMG Bild: Einmal freie Fahrt, jedenfalls für ein paar Minuten
Berlin taz | „Was ich gerne hätte? Autofreie Städte!“ schallt es über die
Sonnenallee, wo sich am Samstagnachmittag hunderte DemonstrantInnen – die
meisten mit Fahrrädern – auf der Hatun-Sürücü-Brücke über die A100
versammelt haben. Sie warten darauf, von der Polizei auf den [1][neuen
Autobahnabschnitt] gelassen zu werden und bis zur Anschlussstelle Treptower
Park zu rollen.
Ihr Protest unter dem Motto „Wir setzen der A100-Irrfahrt ein ENDE“ richtet
sich gegen den [2][geplanten Weiterbau] der Betonschneise über die Spree
nach Friedrichshain, aber auch gegen den Betrieb des vor zwei Monaten
eröffneten Teilstücks. Denn weil die neue Elsenbrücke immer noch nicht
fertig ist, kommt es in Treptow täglich [3][zu teils massiven Stau]s.
Die Stimmung ist gut, obwohl Bundes- und Landespolitik in Sachen Autobahn
kein Halten zu kennen scheint. Vielleicht kippt ja die allgemeine Stimmung,
wenn der Volksentscheid Berlin autofrei erfolgreich sein sollte? Ein
Sprecher der Initiative, die zusammen mit anderen Organisationen im Bündnis
„A100 wegbassen“ zur Demo aufgerufen hat, sagt ins Mikrofon, er freue sich,
die Autobahn [4][„endlich einmal für etwas Sinnvolles“] zu nutzen, nämlich
ein Signal gegen die herrschende „Auspuffpolitik“. Die sei in Berlin unter
Verkehrssenatorin Ute Bonde und ihrer Vorgängerin Manja Schreiner (beide
CDU) geprägt von „Verzögerungstaktik, Kürzungen und schiefen Prioritäten“.
Ein Redner von der Interventionistischen Linken (IL) hebt das Problem auf
die Ebene des Klassenkonflikts: „Diese Autobahn ist keine Entlastung für
die Lohnarbeitenden, die morgens und abends im Stau stehen, oder für die
überfüllten Busse und S-Bahnen.“ Auch Gesundheits-, Sport- oder
Kulturangebote ließen sich so nicht besser erreichen. Profiteure von
Projekten wie der A100 seien lediglich die Bau- und die Autoindustrie.
Fazit: „Wer für diese Autobahn und ihren Ausbau ist, ist gegen Berlin.“
Als die Zufahrt geöffnet wird, wird langsam losgeradelt, dann noch
langsamer, dann wird sehr lange gestanden. Die Reden, die vorne gehalten
werden, erreichen den hinteren Teil der Demo nicht, aber immerhin scheint
die Sonne, und aus den Lautsprechern dröhnen KIZ und Bob Marley.
Als es dann doch weitergeht, kann irgendwann nur noch geschoben werden. Ein
wenig fehlen bei diesem Protest die RezipientInnen: Nur ein paar Fußgänger
können von einer Brücke aus die beachtliche Menge sehen. Autos dürfen auch
auf der Fahrbahn in Gegenrichtung nicht fahren, und am Ende der Ausfahrt
entlassen Polizeiwannen die DemonstrantInnen nur dosiert in den Verkehr.
Diese bleiben also eher unter sich mit ihrer Botschaft.
## Probleme? Noch nicht erfasst!
Eine parlamentarische Anfrage hat derweil ergeben, dass Innenverwaltung und
Polizei der teils chaotischen Verkehrssituation rund um die Anschlussstelle
keine allzu große Aufmerksamkeit zu widmen scheinen. Die verkehrspolitische
Sprecherin der Grünenfraktion Antje Kapek hatte wissen wollen, wie viele
Ordnungswidrigkeitenverfahren seit Freigabe der neuen Anschlussstelle wegen
Blockierens von Kreuzungen und unerlaubten Befahrens der Busspur
eingeleitet wurden.
Antwort: unbekannt. Eine Erfassung sei noch nicht erfolgt, heißt es. Für
Kapek unverständlich: „Jetzt kapituliert auch noch die Polizei vor dem
Chaos rund um die A100-Verlängerung“, sagt sie. „Anstatt für Sicherheit zu
sorgen und belastbare Daten zur Situation zu erheben, lässt man die
Situation einfach laufen.“
Aus der Antwort auf die Anfrage geht allerdings auch hervor, dass die
Innenverwaltung die Situation schon für „deutlich entspannt“ hält. Durch
die Erweiterung der Busspur zwischen den Straßen Am Treptower Park und
Puschkinallee sowie angepasste Ampelanlagen sei „kein Rückstau im
Einmündungsbereich mehr festzustellen“. Nur an den beiden Knotenpunkten mit
der Elsenstraße komme es „noch vereinzelt“ zu Beeinträchtigungen, weil
AutofahrerInnen die Kreuzung nicht räumten.
Und auch die BVG teilt der taz auf Anfrage mit, dass die Maßnahmen „in
Teilen bereits zu Verbesserungen geführt“ hätten: „Vor allem außerhalb der
Hauptverkehrszeiten fließt der Verkehr deutlich besser.“ Die Verspätungen
der Buslinien zu den Spitzenzeiten hätten sich „leicht reduziert“, blieben
aber „für die Fahrgäste spürbar“. Man stehe „im konstruktiven Austausch mit
den Behörden, um weitere Verbesserungen zu realisieren“.
19 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Claudius Prößer
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