# taz.de -- Autor über Politik in der Comic-Kultur: „Es wird okkupiert, was Leute in die rechte Szene treibt“
> Die Comicszene ist eigentlich links, aber die rechte Szene benutzt die
> Erzählform für Propaganda. Zeichner Nils Oskamp darüber, warum das
> verfängt.
IMG Bild: Wird die rechte Comicszene nicht gern sehen: Antifaschistischer Comic von Nils Oskamp
taz: Herr Oskamp, warum wird von einer rechten Comickultur gesprochen?
Nils Oskamp: Rechte versuchen generell, alles, was wirksam ist und Masse
bringt, als Propaganda zu missbrauchen. Als ich 13 Jahre alt war, wäre
[1][rechter Hip-Hop undenkbar gewesen], das war für die Rechten
Besatzermusik. Es wird immer das okkupiert, was Leute in die rechte Szene
treiben kann, und die Rechten versuchen, daraus eine pseudokulturelle Szene
aufzubauen. Das sehen wir jetzt auch bei Comics. Sie bezeichnen es selber
als Aufbau eines Kulturkampfes.
taz: Also dienen Comics hauptsächlich Propagandazwecken?
Oskamp: Ja, sicher. Die Rechten wollen halt Meinungsfelder bilden. Aber die
Comics sind manchmal total Hirn-befreit. Zeichnen können einige der
Verfasser, aber Storytelling irgendwie nicht. Das ist erschreckend
schlecht, was da so rauskommt.
taz: Inwiefern?
Oskamp: Man sieht es etwa bei Hydra Comics, dem rechten deutschen
Comicverlag. In ihrer ersten Ausgabe war eine Back-to-the-Future-Storyline,
mit der das Attentat vom Breitscheidplatz rückgängig gemacht werden sollte.
Das kann man sich selbst auf Drogen nicht schlechter ausdenken.
taz: Zeichnen Rechte anders?
Nils Oskamp: Die meisten kopieren Stile anderer. Camille Marsault, ein
extrem rechter französischer Zeichner, kopiert etwa den Stil von Marcel
Gotlib, der war total links. Es gibt relativ wenig gute rechte Zeichner.
taz: Was macht Comics zu einem guten Mittel, um rechte Narrative zu
verpacken?
Oskamp: Es ist niedrigschwellig. So werden besonders Leute erreicht, die
wenig Allgemeinbildung haben. Das ist dann natürlich verfänglich. Genau wie
die ganzen Narrative, die da unterstützt werden, der vermeintlich große
Bevölkerungsaustausch und die vielen rassistischen Desinformationen, die da
so im rechten Raum kreisen.
taz: Und wie geht das weiter?
Oskamp: [2][Die Anhänger:innen des Rechtsradikalismus werden immer
jünger], das ist natürlich verlockend, dort anzusetzen. Es wird aber rasant
gefährlicher, durch KI-Bildgenerierung haben viele Zeichner ihre
Einnahmemöglichkeiten verloren. Der rechten Szene platzt das Geld ja aus
allen Taschen, deshalb werden die sich jetzt vermutlich Leute einkaufen
können.
taz: Wie hat sich in Deutschland die rechte Comicszene entwickelt?
Oskamp: Rechte Comics gibt es schon lange. Das fängt an mit den Cartoons
der NS-Propaganda und geht über „Fix und Foxi“-Macher Rolf Kauka weiter,
der in der ersten Lizenzausgabe von Asterix aus dem gallischen Dorf eine
germanische Siedlung machte, die sich gegen die alliierte Besatzer wehrte.
Eigentlich ist die deutsche Comicszene eher links und politisch aufgeklärt,
aber es gibt immer wieder Unterwanderungsversuche. Generell haben wir in
Deutschland jedoch ja keine ausgeprägte Comickultur. Wir sind eher
Entwicklungsland in Sachen Comics.
taz: Wie werden Comics aktuell in der rechten Szene genutzt?
Oskamp: Für die Landtagswahlen in Thüringen gab es etwa einen
Wahlkampfcomic für Björn Höcke.
taz: Spielen Comics bei der AfD eine klare Rolle?
Oskamp: Alles, was Leute reinzieht. [3][Die haben ja auch bei Social Media
schon einen langen Vorsprung.] Sie versuchen mit dem Medium den Anschluss
an die Jugend zu behalten. Es wird auch kommen, dass Comics zu
Social-Media-Content verbunden werden.
taz: Ist es wichtig, gerade jetzt ein Augenmerk auf die rechte Comicszene
zu richten?
Oskamp: Generell sollte man alles im Blick behalten, was Faschisten viele
Follower bringen kann. Wenn das noch mit modernen Propagandatechniken
kombiniert wird, wird es brandgefährlich. Die Vernetzung der neuen rechten
Organisationen ist komplex, man kann Comic nicht als Einzelmedium sehen,
sondern es ist Bestandteil einer kompletten Medienstrategie.
22 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Leo Schurbohm
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