URI: 
       # taz.de -- Till Lindemann Autogrammstunde in Berlin: Von der „Row Zero“ will niemand etwas wissen
       
       > Nach Protestankündigungen verlegte der Rammstein-Sänger eine
       > Autogrammstunde aus dem Szeneclub Astra nach Pankow. Dort blieb er
       > weitgehend unbehelligt.
       
   IMG Bild: Ungebrochener Hype: Fans warten auf ein Lindemann-Autogramm in Pankow
       
       Beinahe hätte man meinen können, die Schlange im Ortsteil Wilhelmsruh im
       Westen Pankows sei die vor dem Eingang eines Clubs. Doch am Ende der
       Menschenschlange wartet kein Türsteher vor einem verrauchten Gang, sondern
       Till Lindemann und Joey Kelly. Der Rammstein-Frontmann und das Mitglied der
       Kelly-Family sind am Montagnachmittag hier, um ihren neuen Bildband zu
       promoten.
       
       Die ersten Fans sind bereits vor über fünf Stunden angekommen, die anderen
       haben einen Vorsprung von zwei Stunden. Einige seien sogar schon am Vortag
       mit dem Wohnmobil angereist, um vor Ort zu campen. Entlang der Hälfte der
       Hertzstraße warten mehr als hundert Menschen. Cathrin ist extra aus Leipzig
       angereist. Seit 30 Jahren ist der Rammstein-Sänger ihr Idol. Für
       diejenigen, die Till Lindemann [1][Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe]
       vorwerfen, habe sie keinerlei Verständnis. „Die haben sich heute nicht
       getraut zu kommen, sie wussten, dass es so viele Fans geben würde!“, sagt
       sie.
       
       Vielleicht wollten sich die Lindemann-Gegner:innen auch die Fahrt nach
       Wilhelmsruh ersparen. Ende September war bekannt geworden, dass der
       Rammstein-Sänger sein jüngstes Buch im linksalternativen Astra Kulturhaus
       auf dem RAW-Gelände signieren wollte. „WTF Astra??“, kommentierten empört
       Nutzer:innen [2][online]. In den sozialen Netzwerken rief das Bündnis
       „Keine Show für Täter“ zu Protesten auf.
       
       Wenige Tage vor der Veranstaltung kündigte Lindemann an, die Signierstunde
       an einen vertrauten Ort zu verlegen: den Rammstein-Shop. Von wütendem
       Protest ist heute auf dem Gelände des ehemaligen Metallwalzwerks nicht mehr
       viel übrig. Keine feministischen Demos oder Protestaktionen in Sicht.
       Höchstens ein paar Passanten und Autofahrer, welche die geduldig Wartenden
       fragen, was vor dem Gebäude los sei.
       
       ## Nachvollziehbarer Boykott
       
       Zu der Schlange kommen immer neue Leute hinzu. Für die meisten ist die
       Sache damit erledigt: „Es gab nichts strafrechtlich Relevantes.“ Oder: „Es
       ist nichts bewiesen.“ Und: „Die Mädchen waren volljährig, sie wussten, was
       sie taten.“ Oder sonst anders: „Es liegt in der Verantwortung der Eltern,
       Minderjährige auf das Konzert gehen zu lassen.“ „No comment“, sagt Ali mit
       einem verlegenen Lächeln, als die Row Zero angesprochen wird. Erst nach
       einem Prozess könne er sich eine Meinung dazu bilden. Doch im Fall
       Lindemann wird es wohl keinen weiteren geben. Die [3][Justiz hat den Fall
       geprüft und eingestellt].
       
       Rammstein-Bier, Rammstein-Hosen, Rammstein-Öko-Cups, Rammstein-Tote-Bags:
       Überglückliche Fans verlassen den Laden mit vollen Taschen. Emma kommt mit
       einem breiten Lächeln im Gesicht aus dem Backsteinhaus. Ihre 20 Sekunden
       mit „Till“ waren „unfassbar geil“. Das Buch hat sich die 17-Jährige selbst
       von ihrem Taschengeld für gerade einmal 98 Euro gekauft. Ihre Mutter
       begleitete sie mit wenig Begeisterung.
       
       Die Texte findet sie für Minderjährige ungeeignet und sie kann die
       Boykottaufrufe nachvollziehen. „Das in der Warschauer Straße organisieren
       zu wollen, war ja auch eine klägliche Idee …“, sagt sie.
       
       21 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/kultur/till-lindemann-rammstein-missbrauchsvorwuerfe-e316483/?reduced=true
   DIR [2] https://www.instagram.com/keinrammstein_berlin/
   DIR [3] /Ermittlungen-gegen-Lindemann-eingestellt/!5954836
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gabrielle Meton
       
       ## TAGS
       
   DIR Rammstein
   DIR Sexuelle Gewalt
   DIR Friedrichshain-Kreuzberg
   DIR Reden wir darüber
   DIR Social-Auswahl
   DIR Machtmissbrauch
   DIR Rammstein
   DIR Zukunftsvision
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Podcast „Rammstein – Row Zero“: Gegen das Vergessen
       
       Der Podcast „Rammstein – Row Zero“ arbeitet die Vorwürfe gegen Till
       Lindemann auf. Verstörend sind nicht nur die Erzählungen der interviewten
       Frauen.
       
   DIR Lindemann verliert gegen „SZ“: Berichterstattung als Prävention
       
       Das Landgericht Frankfurt erklärt einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“
       über Till Lindemann für zulässig. Damit stärkt es Recherchen zu
       #metoo-Fällen.
       
   DIR Rammstein-Fans im Zeitgeist: Die Verwahrlosten
       
       Mit ihrer emotionalen Verwahrlosung stehen Rammstein-Fans keineswegs
       allein. Sie repräsentieren eine Minderheit, die immer weitermarschieren
       will.