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       # taz.de -- Kritik am „Bau-Turbo“: Weniger Neubau, mehr Bestandserhalt
       
       > Klimaschädlicher Abriss und Neubau seien auch bei landeseigenen
       > Unternehmen gängige Praxis, kritisiert das Bündnis Klimastadt Berlin
       > 2030.
       
   IMG Bild: Auch dem SEZ in Friedrichshain droht der Abriss, obwohl vieles im Bestand möglich wäre
       
       taz | Umbauen statt abreißen, Partizipation statt vollendete Tatsachen und
       Umweltschutz statt Bau-Turbo: Im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahlen im
       kommenden Jahr hat das Bündnis Klimastadt Berlin 2030 [1][eine Wende der
       Berliner Stadtentwicklungspolitik gefordert]. Gerade die landeseigenen
       Wohnungsbauunternehmen ordneten dem Ziel des Wohnungsbaus alle anderen
       Belange unter, kritisierte der Zusammenschluss aus Umwelt- und
       stadtpolitischen Initiativen bei einem Pressegespräch am Mittwoch.
       
       „Wir brauchen eine Umbauinitiative für den Bestand“, sagte Elisabeth
       Broermann von Architects for Future, „wir bauen immer neu und reißen
       gleichzeitig immer wieder ab, das ist ein wahnsinniges Spiel.“ Die
       Architektin betonte, dass der Gebäudesektor für 40 Prozent der
       CO2-Emissionen verantwortlich sei. Mit jedem Abriss gehe wertvolle „graue
       Energie“, die bei der Herstellung für das Material aufgewendet wurde,
       verloren. Aber [2][auch jeder Quadratmeter neu versiegelte Fläche] schwäche
       die Anpassungsfähigkeit der Stadt an die Folgen des Klimawandels. „Mit
       Bauprojekten auf Freiflächen oder Parks opfert die Stadt wichtige
       ökologische Infrastruktur“, warnte Broermann.
       
       Der geplante Abriss der sogenannten Sternhäuser in der ehemaligen
       Karl-Bonhoeffer-Nervenheilanstalt ist einer der vielen Fälle, bei dem die
       Stadt eine klimafreundlichere und sozialverträglichere Stadtentwicklung
       hätte umsetzen können. Die leer stehenden Bettenhäuser wurden Anfang der
       80er Jahre errichtet und sind laut der Architektin Theresa Keilhacker
       „eigentlich in einem Idealzustand. Man könnte sofort in die Ertüchtigung
       gehen.“
       
       Zusätzliche Betten könnte [3][das benachbarte Krankenhaus des
       Maßregelvollzugs] gut gebrauchen. Mehr als 100 Patient:innen sind dort
       über der regulären Kapazität untergebracht, teilweise schlafen sie in
       Mehrbettzimmern auf Matratzen auf dem Boden, wie die Nationale Stelle zur
       Prävention von Folter in einem im Januar veröffentlichten Bericht
       kritisierte.
       
       ## „Sternhäusern“ droht Abriss
       
       Doch die Sternhäuser sollen abgerissen werden. Das landeseigene
       Wohnungsbauunternehmen Gesobau will ein neues Quartier mit 600 Wohnungen
       errichten. Dafür müssten 240 Bäume gefällt werden, ein Großteil der
       parkähnlichen Umgebung würde versiegelt. Proteste einer Bürgerinitiative
       wurden ignoriert.
       
       „Öffentliche Belange des Klimaschutzes und der Wohnraumversorgung werden
       hier gegeneinander ausgespielt“, kritisierte Keilhacker. Dabei sei beides
       kein Widerspruch: Mit der Einbeziehung von Anwohnenden und Umweltverbänden
       könnten oft tragfähige Kompromisse gefunden werden. Große Gefahr sieht das
       Bündnis in dem im Oktober vom Bund beschlossenen „Bau-Turbo“-Gesetz, mit
       dem das Land Umweltschutzprüfungen und Bürgerbeteiligungen überspringen
       kann. „Durch den Bau-Turbo werden die Bezirke entmachtet“, warnte
       Keilhacker.
       
       22 Oct 2025
       
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