# taz.de -- Klimaschutz in der Schifffahrt: „Die USA könnten die COP30 sabotieren“
> Germanwatch-Experte David Ryfisch kritisiert die vertane Chance auf
> einheitliche Klimaregeln in der Schifffahrt. Die USA verhinderten dies.
IMG Bild: Containerschiffe im Hamburger Hafen: Gebe es ein Dekarbonisierungsziel für die Schifffahrt, wäre der Klimaschutz schon viel weiter
taz: Alle Ampeln schienen auf „Grün“ zu stehen, als vor zwei Wochen der
Umweltausschuss der [1][Internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO])
über ein Klimapaket für die globale Schifffahrt entschied. Werftindustrie,
Reedereien und auch Umweltverbände waren vor dem Treffen optimistisch
gestimmt. Was ist passiert?
David Ryfisch: Die USA haben auf beispiellose Art und Weise Druck auf
Regierungen aufgebaut und sogar Verhandler:innen mit massiver
Einschüchterung unter Druck gesetzt. Alle Regeln der Diplomatie wurden auf
der IMO-Sondersitzung missachtet.
taz: Was beabsichtig die US-Regierung mit ihrer Blockadepolitik?
Ryfisch: Das Verhalten der US-Regierung zeigt, dass sie zum Schutz fossiler
Interessen keine Tabus mehr kennt. Sie sabotiert etablierte multilaterale
Prozesse und Institutionen. Nun wurde ein über Jahre erarbeitetes
Rahmenwerk für globalen Klimaschutz in der internationalen Schifffahrt auf
den letzten Metern aufgehalten. Leider hat es an ausreichend Führung und
Widerstandskraft der vielen progressiven Stimmen gefehlt.
taz: Sind es allein die Vereinigten Staaten, die das IMO-Klimapaket
torpedieren?
Ryfisch: Nein, weitere Petrostaaten wie Saudi-Arabien und Russland
unterstützten sie dabei. Eine knapp ausreichende Anzahl an Regierungen
änderte daraufhin in letzter Minute ihre Position – trotz mehrheitlicher
Übereinstimmung, dass der Schifffahrtssektor dringend dekarbonisiert werden
muss. Besorgniserregend ist dabei auch, dass die EU nicht mit einer Stimme
sprechen konnte – Griechenland und Zypern spalteten sich von den restlichen
Mitgliedstaaten ab.
taz: Dabei gibt es sogar starke wirtschaftliche Interessen an einer
Dekarbonisierung.
Ryfisch: Tatsächlich haben sich Wirtschaftsakteure – insbesondere große
Reedereien – deutlich für das Rahmenwerk positioniert. Auch die
Wasserstoffwirtschaft, die mit dem Rahmenwerk einen wichtigen
Nachfrageschub erfahren hätte, muss einen weiteren Rückschlag verdauen.
Weitere Wirtschaftsakteure gehören zu den Verlierern, sie haben nun mit
zusätzlicher Unsicherheit zu kämpfen. Dies gilt beispielsweise für
wasserstoffabhängige Branchen wie etwa Stahl, die dringend eine robuste
Nachfrage nach [2][Wasserstoff] brauchen.
taz: Ist dies das endgültige Aus für eine umweltverträglichere maritime
Wirtschaft?
Ryfisch: So weit würde ich nicht gehen: Die endgültige Entscheidung der
Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO wird nun aber zumindest um ein
Jahr vertagt.
taz: Befürchten Sie Auswirkungen, die über die maritime Wirtschaft
hinausreichen?
Ryfisch: Nach dieser Woche in London muss damit gerechnet werden, dass die
USA bereit sein könnten, [3][die anstehende COP30 in Brasilien] zu
sabotieren. Das Drama von London ist daher ein Weckruf an alle Regierungen
vor der anstehenden COP: Die Klimadiplomatie ist im Kreuzfeuer der Staaten,
die das fossile Geschäftsmodell verlängern wollen. Regierungen pro
Klimaschutz müssen die kurze Zeit nun nutzen, um eine starke Allianz zu
formen.
27 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Hermannus Pfeiffer
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