# taz.de -- Zunehmende häusliche Gewalt: Schutzwohnungen jetzt auch für Männer
> In Hamburg und Hannover wurden erste Unterkünfte für männliche Opfer von
> häuslicher Gewalt eröffnet. Der Bedarf ist deutlich gestiegen.
IMG Bild: Bis zu einem Viertel der Opfer von Gewalt in Partnerschaften sind männlich
Häusliche Gewalt in Partnerschaften betrifft überwiegend Frauen, drei
Viertel der Opfer sind weiblich. Aber auch Männer sind betroffen, erleben
psychische Demütigungen oder physische Übergriffe und brauchen
Unterstützung. Für sie gibt es bislang jedoch kaum Angebote.
In Hannover und Hamburg sind Mitte Oktober nun die ersten Schutzwohnungen
für [1][männliche Opfer von häuslicher Gewalt] eröffnet worden. In Hannover
betreibt der Verein Männerbüro seit dem 15. Oktober das erste Angebot
dieser Art in der Region.
Die Einrichtung an einer geheimen Adresse bietet [2][Platz für drei Väter
und ihre Kinder]. Die Wohnung ist familienfreundlich gestaltet. Ergänzt
werde das Angebot um eine umfassende Beratung von psychosozialer Begleitung
über Behördenhilfe bis hin zur Entwicklung neuer Lebensperspektiven, teilte
das Männerbüro am Montag mit. Finanziell getragen wird das Projekt vom Land
Niedersachsen, der Region Hannover und der Stadt.
In Hamburg stellt der Träger Lawaetz – Wohnen & Leben gGmbH ebenfalls seit
Anfang September einen [3][Schutzraum für Männer und nichtbinäre Personen]
bereit, die von Partnerschaftsgewalt betroffen sind. Derzeit gibt es dort
einen Schutzplatz, aber es sollen bald mehr werden, so der Träger. Kinder
können auch hier mit aufgenommen werden.
## Bedarf dramatisch gestiegen
Mit der Einrichtung der hannoverschen Wohnung werde eine eklatante
Versorgungslücke geschlossen, sagt Projektleiter Tjark van Neer. Der Verein
Männerbüro berät in der Stadt seit 20 Jahren sowohl männliche Täter als
auch männliche Opfer häuslicher Gewalt. Die Gewaltschutzwohnung ergänze nun
als wichtiger Baustein das Gewaltschutzsystem in der Landeshauptstadt, so
van Neer.
Das Projekt ist Teil des [4][Hannoverschen Interventionsprogramms gegen
Partnerschaftsgewalt (Haip)], das Polizei, Justiz und Beratungsstellen
vernetzt. Zunächst soll es bis 2027 laufen. Ziel sei, das Angebot dauerhaft
zu sichern und auszubauen. Dafür brauche es verlässliche Mittel, die
gesellschaftliche Anerkennung männlicher Opfer häuslicher Gewalt und eine
Enttabuisierung des Themas, so das Männerbüro.
Der Bedarf ist laut dem Verein dramatisch gestiegen. So habe sich die Zahl
der gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt gegen Männer in der Region in den
vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt: von 510 Meldungen 2021 auf
1.293 im Jahr 2024, das ist ein Plus von über 150 Prozent. Hintergrund sei
eine steigende Zahl von Fällen, aber auch eine wachsende Bereitschaft,
diese zu melden, so das Männerbüro.
Die [5][Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) der Polizeidirektion Hannover]
bestätigt den Trend: Demnach wurden 2024 rund 6.814 Fälle häuslicher Gewalt
registriert. Bei rund einem Fünftel der Fälle waren die Opfer männlich. Die
Zahlen vom Männerbüro basieren auf Beratungs- und Meldezahlen, die die
offizielle PKS ergänzen, da nicht alle Fälle polizeilich erfasst werden.
Auch in Hamburg ist die Situation dringlich: Dort gab es laut NDR 2023
[6][mehr als 850 Fälle von einfacher Körperverletzung gegen Männer in
Partnerschaften], ein Anstieg um 120 Taten im Vergleich zum Vorjahr.
Die [7][Kriminologische Forschungsstelle Niedersachsen] (KFN) führt die
steigende Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt gegen Männer auf die
Pandemie und wirtschaftliche Belastungen zurück: Isolation und Stress
förderten Aggressionen in Beziehungen, unabhängig vom Geschlecht. Bei
Männern gehe es dabei oft um psychische Demütigung, um wirtschaftliche
Kontrolle oder physische Übergriffe in queeren Beziehungen.
Bundesweit sind solche Angebote für schutzsuchende Männer noch selten.
Trotz steigender Meldezahlen und [8][des neuen Gewalthilfegesetzes, das
geschlechterübergreifenden Schutz fordert], gibt es nur ein lückenhaftes
Netz an Einrichtungen. Derzeit gibt es laut Männerbüro bundesweit 53 Plätze
in 17 Einrichtungen für männliche Opfer. Die Bundesfach- und
Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) dokumentiert jährlich die
Nutzung. Laut deren Zahlen sind sogar ein Drittel der Opfer häuslicher
Gewalt männlich.
Im Norden gibt es bislang nur [9][in Oldenburg eine seit 2002 bestehende
Schutzwohnung], die ehrenamtlich betrieben wird. In Schleswig-Holstein und
Bremen gibt es solche Wohnungen bisher noch nicht. Für Hilfesuchende
bleiben dort bislang nur die Beratungsstellen.
Die Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) fordert,
die Hilfe für männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt massiv auszubauen:
Mindestens 500 Plätze seien nötig.
22 Oct 2025
## LINKS
DIR [1] /Gewalt-gegen-Maenner/!t5042774
DIR [2] https://www.maennerbuero-hannover.de/gewaltschutzwohnung
DIR [3] https://www.maennergewaltschutz.de/neuigkeiten/neue_mse_hamburg/
DIR [4] https://waage-hannover.de/wp-content/uploads/haipbroschuere.pdf
DIR [5] https://www.pd-h.polizei-nds.de/kriminalitaet/polizeiliche-kriminalstatistik-2024-116731.html
DIR [6] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Haeusliche-Gewalt-gegen-Maenner-in-Hamburg-nimmt-zu,beziehungsgewalt106.html
DIR [7] https://kfn.de/wp-content/uploads/2024/02/Gewalt%20gegen%20M%C3%A4nner%20in%20Partnerschaften.pdf
DIR [8] https://www.gesetze-im-internet.de/gewhg/GewHG.pdf
DIR [9] https://www.oldenburg.de/startseite/leben-umwelt/soziales/gleichstellung/gewaltschutzkoordinatorin/kommunaler-aktionsplan-gegen-gewalt-an-frauen-und-haeusliche-gewalt/teil-2-haeusliche-gewalt/intervention/weitere-handlungsbedarfe-und-empfehlungen/maenner-als-opfer-haeuslicher-gewalt.html
## AUTOREN
DIR Robert Matthies
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