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       # taz.de -- Parlamentswahl in den Niederlanden: War schon mal Wilders
       
       > Am Tag nach der Wahl liegen D66 und Geert Wilders’ Partei PVV gleichauf.
       > Mit Letzterer will keiner koalieren. Die Regierungsbildung wird
       > schwierig.
       
   IMG Bild: Wahlplakat mit Geert Wilders vor seinem Büro im niederländischen Parlament in Den Haag, Niederlande, 30. Oktober
       
       Während in den Niederlanden gerade noch letzte Stimmenzettel ausgezählt
       werden, ist eines schon klar: Die am Mittwoch abgehaltenen Parlamentswahlen
       bedeuten besonders für die Partei des rechtspopulisten Geert Wilders, die
       Partij voor de Vrijheid (PVV), eine deftige Schlappe. Aktuellen
       Hochrechnungen zufolge wird die PVV künftig nicht mehr 37, sondern nur noch
       26 der insgesamt 150 Parlamentssitze erhalten.
       
       [1][Erste Prognosen sahen am Wahlabend] einen knappen Sieg der
       linksliberalen Partei Democraten 66 (D66) voraus; am Donnerstag jedoch lag
       die PVV des Rechten Geert Wilders mit ihr [2][in den Hochrechnungen
       gleichauf.] Beide kommen bis Redaktionsschluss auf 26 der 150
       Parlamentssitze. Während das für die Rechtspopulist:innen einen
       Verlust von 11 Sitzen bedeutet, gewinnt D66 17 hinzu.
       
       Dennoch hat [3][D66-Spitzenkandidat Rob Jetten] die besten Karten, der
       kommende Premierminister zu werden. Denn alle Parteien haben
       ausgeschlossen, mit Geert Wilders eine Koalition zu bilden. „Wilders muss
       wieder in die Opposition, wo er sich vielleicht auch am wohlsten fühlt“,
       sagt der Politikwissenschaftler Markus Wilp, Geschäftsführer des Zentrums
       für Niederlande-Studien der Universität Münster. „Er wird in der
       niederländischen Politik weiterhin eine große Rolle spielen.“
       
       Dass der 62-jährige Rechtspopulist keine Machtoption hatte und in Debatten
       häufiger als sonst in der Defensive war, schadete ihm zwar im Wahlkampf.
       Doch, wie Wilders selbst formulierte: „Das ist immer noch das zweitbeste
       Wahlergebnis, das wir je erzielt haben.“
       
       ## Timmermans tritt zurück
       
       Dem Christen-Democraten Appèl (CDA) mit ihrem Spitzenkandidaten Henri
       Botenbal waren vorab ebenfalls Chancen auf den zweiten Platz eingeräumt
       worden, ebenso wie dem rot-grünen Parteienbündnis GroenLinks-PvdA, für das
       [4][der ehemalige Europapolitiker Frans Timmermans] zum zweiten Mal als
       Spitzenkandidat ins Rennen gegangen war. CDA kletterte von 5 auf 18 Sitze.
       GroenLinks-PvdA verlor dagegen 5 Sitze und liegt nach Redaktionsschluss nun
       bei 20.
       
       Timmermans zog bereits eine Stunde nach den ersten Hochrechnungen die
       Konsequenzen und trat als Parteichef zurück. „Timmermans ist in den
       Niederlanden sehr polarisierend. Er wird von vielen als arrogant und
       abgehoben wahrgenommen“, sagt Niederlande-Experte Wilp. „Bei der Wahl 2023
       hatte GroenLinks-PvdA von strategischen Wählern profitiert, die nun bei D66
       ihr Kreuz setzten.“ Klimapolitik ist in dem Königreich zudem derzeit kein
       großes Thema.
       
       In Den Haag stehen nun schwierige Koalitionsverhandlungen an. „Es gibt
       keine Koalition, die naheliegend ist“, so Wilp. Sicher sei, dass mindestens
       vier Parteien zusammenarbeiten müssen. „Neben der D66 wird der CDA dabei
       eine wichtige Rolle spielen, auch die VVD und GroenLinks-PvdA.“ Die
       rechtsliberale rechtsliberale Volkspartij voor Vrijheid en Democratie
       (VVD), die Partei des früheren Ministerpräsidenten und derzeitigen
       Nato-Generalsekretärs Mark Rutte, ist eine von Wilders’ ehemaligen
       Koalitionspartnern. „In der Praxis wird eine solche Koalition aber nicht
       leicht umsetzbar sein, da VVD und Groen-Links wiederholt sehr große
       Bedenken gegen eine Zusammenarbeit geäußert hatten“, sagt Wilp.
       
       ## Das niederländische Parteiensystem ist zersplittert
       
       [5][Die Neuwahlen waren nötig geworden], da Wilders die
       Vierparteienkoalition mit der VVD, dem im politischen Spektrum schwer
       einzuordnenden Nieuw Sociaal Contract (NSC) und der europaskeptischen und
       populistischen Bauernprotest-Partei BoerBurgerBeweging (BBB) hatte platzen
       lassen, nachdem er seinen Plan für eine rechtsradikale Migrations- und
       Asylreform nicht durchbekommen hatte.
       
       Alle seine ehemaligen Koalitionspartner verlieren nun Sitze: Die VVD muss
       zukünftig mit 22, also 2 Sitzen weniger auskommen. Parteichefin Dilan
       Yeşilgöz ließ sich dennoch auf der Wahlparty bejubeln. Die BBB verlor
       ebenfalls 3 Sitze und wird in der Zweiten Kammer nur noch mit 4
       Abgeordneten vertreten sein. Komplett von der politischen Landkarte
       verschwunden ist der NSC: Er verlor sämtliche seiner 20 Mandate.
       
       Von den Verlusten der PVV profitierten unterdessen die beiden
       Rechtsparteien JA21, die künftig 9 statt einem Abgeordneten stellen, sowie
       das Forum voor Democratie (FvD), mit 7 statt 3.
       
       Das niederländische Parteiensystem ist sehr zersplittert. Da es keine
       Sperrklausel gibt, sondern der Stimmanteil für mindestens einen Sitz
       reichen muss, schafften es in der vergangenen Legislaturperiode 15 Parteien
       ins Parlament. Mehrparteienkoalitionen sind üblich.
       
       30 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR Tobias Müller
       
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