# taz.de -- Afrikanistin über Sudan in den Medien: „Medien spielen eine große Rolle bei internationalem Druck“
> Der Krieg in Sudan wird in den meisten Medien nur wenig behandelt. Freie
> Autorin Meret Weber zu Hierarchien medialer Aufmerksamkeit.
IMG Bild: In deuschen Medien kaum präsent: Kriegszerstörungen hier in der sudanischen Stadt Omdurman in der Nähe der Hauptstadt Khartoum
taz: Frau Weber, was hat Sie dazu bewegt, sich intensiver mit
Kriegsgebieten wie dem Sudan zu befassen?
Meret Weber: [1][Kriege wie im Sudan sind schon länger über mein
politisches und persönliches Umfeld total präsent]. Ich habe als
Jugendliche eine Weile in Äthiopien gewohnt und hier in Berlin schon länger
viel Kontakt mit der Geflüchtetenbewegung. Darüber kriege ich oft in
Gesprächen mit, was in den Ländern passiert, aus denen die Leute kommen.
Dass politische Entwicklungen in Afrika für andere Menschen total abwesend
sind, ist ein krasser Kontrast zu meiner Lebenswelt.
taz: Im Sudan liefern sich zwei rivalisierende Fraktionen des herrschenden
Militärs erbitterte Kämpfe im ganzen Land. Ist dieser Krieg in der
deutschen Medienlandschaft präsent?
Weber: Super selten. Begriffe wie Fußball kommen in den Medien sehr viel
häufiger vor als Sudan – obwohl sich dort [2][die aktuell größte humanitäre
Krise der Welt ereignet.] Und das auch nicht erst seit gestern, sondern
seit zwei Jahren. Wenn es darüber Texte gibt, tragen sie Titel wie „Der
vergessene Krieg“ oder „Die Welt schaut weg“. Mich frustriert das, denn
genau die Medienhäuser sind es doch, die dafür sorgen könnten, dass die
Menschen hinschauen.
taz: Reicht es, einfach häufiger zu berichten?
Weber: Menschen kriegen auch jetzt schon davon mit, aber sie sehen Berichte
in den Nachrichten und haben das Gefühl, damit nichts zu tun zu haben. Eine
gute Berichtsterstattung würde Menschen eine Perspektive geben und helfen,
dass sie sich mit dem Thema auseinandersetzen. Es muss erklärt werden, was
die Beweggründe innerhalb des Landes sind, was internationale Akteure für
eine Rolle spielen und wie auch Deutschland involviert ist. Und das fehlt.
taz: Hat die geringe mediale Aufmerksamkeit Auswirkungen auf die Menschen
vor Ort?
Weber: Der Krieg im Sudan wird zwar nicht durch mehr Aufmerksamkeit
aufhören, aber Medien spielen eine große Rolle beim Aufbau von
internationalem Druck. Sie können sichtbar machen, dass es Widerspruch
gibt. Gerade kriegt das niemand mit und die Staaten werden so nicht unter
Druck gesetzt, zu handeln. Es gab schon mehrere internationale Commitments,
also Versprechen, die dem Sudan [3][Geld für humanitäre Hilfe] zusagten.
Das Geld kommt in den Höhen aber nicht an. Durch eine größere
Aufmerksamkeit würde es Handlungsdruck geben.
taz: Woran liegt es, dass manche Krisen die Nachrichten dominieren?
Weber: Von vielen Aspekten finde ich zwei besonders wichtig. Einer ist die
Berichtsgewohnheit, gerade was Afrika angeht. Über Jahrzehnte sind gewisse
Assoziationen aufgebaut worden, dadurch entsteht eine
Selbstverständlichkeit in der Wahrnehmung und es wird nicht weiter
hinterfragt, warum Dinge passieren. Der andere Punkt ist die Frage, wie
entschieden wird, was berichtet wird. Das hat bei vielen Medienhäusern
immer weniger damit zu tun, was politisch wichtig ist. Wirtschaftliche
Faktoren wie Abos und Klicks werden ausschlaggebender.
taz: Welche Verantwortung sehen Sie bei den größeren Medienhäusern?
Weber: Sie sollten so eine Art Multiplikatorenfunktion einnehmen, anstatt
von oben herab zu berichten. Es sollte mehr auf lokale Initiativen geachtet
und mit Journalist:innen vor Ort zusammengearbeitet werden. Das wäre
meine Vision für verantwortungsbewussten, selbstkritischen Journalismus.
taz: Besonders soziale Medien spielen eine immer größere Rolle in der
Verbreitung von bislang übersehenen Themen. Sehen Sie das als eine Chance?
Weber: Das hat gute und schlechte Aspekte. Es birgt die Gefahr, ein sehr
vereinfachtes Verständnis von diesen Orten zu reproduzieren und dann viral
gehen zu lassen. Andererseits kann es auch eine Chance sein, weil es hilft,
Sichtbarkeit zu schaffen, und das auch unabhängig von den großen
Medienhäusern.
23 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Leo Schurbohm
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