# taz.de -- Einverleibung Westsaharas durch Marokko: Kurzsichtige Interessenpolitik
> Selbstbestimmung der Völker – das zählt nicht mehr. Jetzt geht es um
> strategische Deals, woran aber nicht nur Donald Trump beteiligt ist.
IMG Bild: Saharische Demonstrantinnen stehen hinter einer Fahne der Westsahara bei einem Protest am Strand von La Concha
Fahnenschwenkend feierten am Wochenende viele Marokkaner das vermeintliche
Ende des Westsahara-Konflikts – und den diplomatischen Sieg gegen Erzfeind
Algerien, das die Polisario-Rebellen in der umstrittenen Region seit bald
50 Jahren unterstützt. [1][Mit überraschend klarer Mehrheit hat der
UN-Sicherheitsrat am Freitag einem 2007 von Marokko vorgelegten
Autonomieplan] für das annektierte Gebiet zugestimmt.
Demnach soll die Westsahara ein autonomes Gebiet unter alleiniger
Souveränität Marokkos werden. Algerien, die Polisario und das benachbarte
Mauretanien seien zu einem regionalen Abkommen bereit, so Trumps
Sondergesandter Steve Witkoff, der den Kalten Krieg zwischen Algerien und
Marokko beenden soll.
Was wie der nächste Erfolg unorthodoxer US-Diplomatie aussieht, ist auch
das Resultat der neuen interessengeleiteten Strategie Europas auf dem
afrikanischen Kontinent. Frankreich, Spanien und zuletzt die britische
Regierung haben die völkerrechtlich illegale Annexion der Westsahara mit
einem spektakulären Kurswechsel bereits abgesegnet. Weil sie Marokko als
strategischen und wirtschaftlichen Partner sehen, pfeifen sie auf das
Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis.
Rabat soll nun das Bollwerk gegen die Expansion islamistischer Gruppen im
Sahel und gegen Migration von Westafrika nach Europa werden. Die Aufrüstung
mit israelischen Drohnen und massiven Investitionen in diverse
Freihandelszonen machen sich für Rabat nun bezahlt. Chinesische und
europäische Autoproduzenten strömen ins Land. Zusammen mit der Westsahara
verfügt Marokko über mehr als die Hälfte der weltweiten Phosphatvorkommen.
Marokko ist ein guter Deal, folglich sieht auch Trump die Westsahara als
Teil Marokkos.
Mit dem Versuch, den Dauerkonflikt in Nordafrika zu beenden, verfolgt Trump
aber noch ein anderes Ziel: weitere arabische Länder von der Normalisierung
der Beziehungen mit Israel zu überzeugen, so wie es Marokko bereits 2020
tat. So absurd diese Idee angesichts der Wut in der Region über israelische
Kriegsverbrechen in Gaza sein mag – mit seiner Initiative hat Trump
Bewegung in eine Region gebracht, die von der EU zuletzt sträflich
vernachlässigt wurde.
Doch Brüssel muss sich für die Zivilgesellschaft in Nordafrika und dem
Sahel und das internationale Recht einsetzen, auch aus eigenem Interesse.
Denn Trump wird Algerien eine enge Sicherheitspartnerschaft anbieten, um
die vermeintliche Niederlage zu akzeptieren. [2][Die Straßenproteste der
Generation Z in Marokko] für mehr Bürgerrechte zeigen: Ausschließlich von
Eigeninteresse geleitete Außenpolitik wie im Fall Westsahara ist
kurzsichtig.
2 Nov 2025
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## AUTOREN
DIR Mirco Keilberth
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