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       # taz.de -- Grandiose Baseball-Finalserie: Wunderbarer Zahlenwust
       
       > Warum die World Series zwischen den siegreichen Los Angeles Dodgers und
       > den Toronto Blue Jays Baseballherzen höher schlagen lässt.
       
   IMG Bild: Ausgelassene Freude: die Los Angeles Dodgers umringen Pitcher Yoshinobu Yamamoto
       
       Baseball ist mehr als jeder andere Sport [1][ein Sport der Statistiker.]
       Wenn man einen Baseballfan fragt, was an einem Spiel oder einer Saison
       besonders war, dann bekommt man nicht selten einen Zahlenwust an den Kopf
       geworfen.
       
       Das Gleiche galt für die gerade zu Ende gegangene World Series zwischen den
       [2][LA Dodgers] und den Toronto Blue Jays, die von den Beobachtern einmütig
       als eine der großartigsten Meisterschaftsserien aller Zeiten beschrieben
       wird. Der Baseballanalyst Tim Kurkjian hatte auf dem Portal ESPN Folgendes
       dazu zu sagen: Es war die erste World Series in der Geschichte, die mit
       einem doppelten Homerun begann; es war das erste Mal, dass ein
       World-Series-Spiel mit einem 7-4-Double-Play beendet wurde.
       
       Die Dodgers sind die erste Mannschaft seit 1953, die über sechs Jahre eine
       Siegquote von 653 erzielt hat. Der Star-Pitcher der Dodgers, [3][Yoshinobu
       Yamamoto], warf in Spiel sechs 96 Pitches und setzte am nächsten Tag in den
       letzten zwei und zwei Drittel Innings weitere 34 hinzu. Damit wurde er der
       erst vierte Werfer der Geschichte, der Spiel sechs und Spiel sieben für
       sein Team gewann.
       
       Das alles bringt Nichtinsider nicht unbedingt ins Schwärmen. Warum die
       ganze Nation während der sieben Spiele der Finalserie den Atem anhielt,
       erschließt sich damit kaum. Um das wiederum zu erklären, musste Kurkjian
       von der Statistik in die Literatur wechseln. „Nun ist es vollbracht“,
       zitierte er den Kommentar des großen Sportjournalisten Red Smith zum
       historischen Spiel zwischen den New York Giants und den Brooklyn Dodgers
       1951. „Nun ist die Geschichte zu Ende. Und es gibt keine Möglichkeit, sie
       zu erzählen. Die Kunst der Fiktion ist tot. Die Wirklichkeit hat die
       Erfindung erstickt. Nur das unaussprechlich Fantastische kann jemals wieder
       glaubhaft sein.“
       
       ## Schüsse, welche die ganze Welt hört
       
       Der Homerun, der damals den Giants den Titel in der National League
       bescherte, ging als „Shot heard around the world“ in die Geschichte ein –
       wiederum ein Zitat der Beschreibung des ersten Schusses der amerikanischen
       Revolution. In der jetzigen Finalserie, so scheint es, gab es gleich ein
       halbes Dutzend Schüsse, die die Welt hörte.
       
       Zum Beispiel der Homerun des Toronto Blue Jay Bo Bichette im dritten Inning
       der letzten Partie, mit dem er die Kanadier, die Underdogs des Finales, mit
       3-0 in Führung schoss. Oder der Homerun von Miguel Rojas im neunten Inning,
       mit dem er die Titelverteidiger wieder ins Spiel brachte. Es war die letzte
       Aktion des 36-Jährigen im letzten Spiel seiner Karriere. Und natürlich der
       spielentscheidende Homerun von Will Smith für Los Angeles im 11. Inning.
       
       Aber auch diese einzelnen Momente vermögen kaum auszudrücken, warum diese
       Finalserie so großartig war. Es war vielmehr ein reicher Schatz an
       Geschichten, der die letzte Oktoberwoche so legendär machte. Da war die
       Geschichte der Blue Jays, die im vergangenen Jahr noch eine der
       schlechtesten Spielzeiten in ihrer Geschichte hatten. In diesem Jahr
       standen sie dann gegen das reichste Team der Liga mehrfach nur einen Schlag
       vom Gewinn der World Series entfernt.
       
       Oder die Comebackgeschichte der Dodgers, die schon 1:3 zurücklagen. Oder
       die vielen Dinge, die laut der Statistiker noch nie vorgekommen sind: zwei
       Spiele mit Verlängerungs-Innings, 12 Strikeouts durch Trey Vesavage von den
       Blue Jays und zwei Homeruns während einer Verlängerung.
       
       Echte Fans bringen diese Zahlen ins Schwärmen. So oder so hat der Baseball
       eine Woche lang die gesamte amerikanische Sportwelt in seinen Bann
       geschlagen – Statistiker wie Romantiker. Und damit gezeigt, dass die
       altertümlichste, konservativste unter den US-Sportarten trotz ihrer
       Langsamkeit und Idiosynkrasie noch immer etwas zu bieten hat.
       
       5 Nov 2025
       
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