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       # taz.de -- Umstrittene Co2-Speicherung: Unterirdische Abgaswirtschaft
       
       > Auch CO2 aus Gaskraftwerken darf künftig im Erdboden gespeichert werden,
       > hat der Bundestag beschlossen. Die Gasspeicherumlage wird abgeschafft.
       
   IMG Bild: Bombiger Protest gegen CCS: Greenpeace-Demo im November 2024
       
       taz Kanzler Friedrich Merz hatte bei seinem Amtsantritt einen „ehrlichen
       Kassensturz“ angekündigt: „Wir hinterfragen alle Ausgaben, insbesondere die
       Subventionen.“ Und obwohl dieser Kassensturz ergab, dass es erhebliche
       Lücken im Bundeshaushalt gibt, hat die schwarz-rote Koalition an diesem
       Donnerstag eine neue Subvention beschlossen: Mit einer Änderung im
       Energiewirtschaftsgesetz schaffte sie die sogenannte Gasspeicher-Umlage ab.
       
       Weil in der kalten Jahreszeit mehr Erdgas verbraucht wird, betreiben die
       Energiekonzerne Speicher – zumeist unterirdisch. Die Kapazität liegt in
       Deutschland bei etwa 23 Milliarden Kubikmetern, was etwa einem Viertel des
       deutschen Jahresverbrauches entspricht. Bislang wurde der Betrieb dieser
       Speicher von jenen Menschen und Betrieben honoriert, die Erdgas nutzen;
       aktuell kostet das 0,289 Cent je Kilowattstunde, in einem
       Durchschnittshaushalt sind das etwa 40 Euro pro Jahr. Doch ab Januar kommt
       das Geld nun aus dem Staatshaushalt: 3,4 Milliarden Euro.
       
       Auf den Weg gebracht hatte das Gesetz [1][Bundeswirtschaftsministerin
       Katherina Reiche (CDU)]. Die war vor ihrem Amtsantritt Chefin des
       Energiekonzerns Westenergie. Die Tochter des ehemaligen Fossil-Riesen Eon
       betreibt auch 38.000 Kilometer Gasnetz. Die Gasspeicherumlage wurde im
       Oktober 2022 eingeführt, nach dem Lieferstopp von russischem Gas.
       
       Die Opposition hat Kritik an der Gesetzesänderung: „Das Geld kommt aus dem
       Klima- und Transformationsfonds, wenn damit alte Gasrechnungen bezahlt
       werden, so widerspricht das dem Zweck des Fonds“, sagte der linke Sprecher
       für Energiepolitik Jörg Cezanne. Und Julia Verlinden, stellvertretende
       Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, kritisierte: „Mit so viel Geld
       könnten sie jede Kita in Deutschland mit einer Wärmepumpe ausstatten.“ Die
       Abschaffung der Umlage wurde am Donnerstag mit den Stimmen der
       Regierungsfraktionen angenommen, die Linke enthielt sich.
       
       Ebenfalls beschlossen wurde im Parlament das umstrittene CCS-Gesetz. Die
       Abkürzung stammt aus dem Englischen für „Carbon Dioxide Capture and
       Storage“, bezeichnet wird damit die Trennung von Treibhausgasen aus
       Industrieanlagen oder Kraftwerksschloten, um das Gas dann zu verflüssigen
       und unterirdisch einzuspeichern. Quasi als Endlager: Die Atmosphäre kann so
       um etliche Mengen Treibhausgas entlastet, die Klimaerhitzung abgebremst
       werden.
       
       ## In Norwegen bereits Realität
       
       In Norwegen ist das bereits Realität, [2][mit dem „Northern Lights“-Projekt
       auf einer Inselkette vor der Stadt Bergen]. In Deutschland aber fehlte
       dafür bislang eine gesetzliche Grundlage, das aktuelle Gesetz aus dem Jahr
       2012 sieht lediglich Pilotprojekte vor. Mit dem neuen Gesetz kann nun aber
       unter der Nordsee in porösen Gesteinsschichten oder ausgebeuteten
       Erdgaslagerstätten verflüssigtes Kohlendioxid eingelagert werden.
       
       Die SPD hatte sich lange gesträubt gegen den Entwurf, Beschlusslage der
       Sozialdemokraten war, dass nur „unvermeidbares Kohlendioxid“ verpresst
       werden sollte – also beispielsweise aus der Chemie- oder Zementindustrie.
       Das jetzt geltende Regelwerk steht aber auch Gaskraftwerken offen.
       „Koalitionsverträge enthalten immer schmerzliche Kompromisse“, erklärt
       Helmut Kleebank, bei der SPD für das Thema zuständig, gegenüber der taz.
       Die Union habe sich beim Thema „CCS für Gaskraftwerke“ durchgesetzt, „und
       wir halten uns an die Verabredung“, sagte er.
       
       Allerdings muss das Gesetz noch durch den Bundesrat. Die Bündnisgrünen, die
       in sieben Ländern mitregieren, können dort alleine das Gesetz zwar nicht
       aufhalten, kritisieren aber die Öffnung für die Gaskraftwerke: „Das
       gefährdet die Akzeptanz“, erklärte Tobias Goldschmidt, grüner
       Energieminister in Schleswig-Holstein. Allerdings ist diese Kritik
       wohlfeil: Vor Jahresfrist war das CCS-Gesetz der Ampelregierung schon
       einmal abstimmungsreif, scheiterte damals aber, weil der grüne
       Ex-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Gaskraftwerke mit einbeziehen
       wollte.
       
       6 Nov 2025
       
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