# taz.de -- Die Wahrheit: Die Angeber-Akademie
> Die momentan hohe Anzahl abgrundtief schlechter Angeber in der Politik
> verschleiert, dass es auch gute Angeber mit hervorragenden Fähigkeiten
> gibt.
In meinem Bekanntenkreis wird gerade eine „Angeber-Akademie“ gegründet, und
die Vorbereitungen für das Kursprogramm laufen auf Hochtouren. Denn gutes
Angeben will gelernt sein, in einer Zeit, in der es von schlechten Angebern
nur so wimmelt. Viele Menschen scheinen nicht einmal den Unterschied zu
kennen – was vielleicht die hohe Anzahl abgrundtief schlechter Angeber in
der Politik erklärt.
Im Grundkurs, so legte es mir die designierte Chef-Dozentin kürzlich dar,
würden darum zunächst noch mal die Merkmale guten Angebens gepaukt: Gute
Angeber definiert eine gesunde Portion Selbstliebe.
Wenn etwa Karlsson vom Dach, einer der international versiertesten
Angabekünstler, der das gute Angeben sozusagen mit der Muttermilch
aufgesogen hat, erklärt: „Ich bin ein schöner und grundgescheiter und
gerade richtig dicker Mann in meinen besten Jahren“, dann ist das exakt die
richtige Art der Angeberei und kein stinkendes Eigenlob.
Das Gleiche gilt für Beth Ditto, Ex-Sängerin der Band Gossip, die über sich
selbst sagt, sie sähe vermutlich schwanger „total süß“ aus.
Auch, und da kommen viele Menschen durcheinander, ein Song wie „Love
Machine“ des Musikprojektes „Supermax“ berücksichtigt die Merkmale des
richtigen Angebens. Der Refrain „I'm a love machine in town / The best you
can get / 50 miles around“ besticht ebenso wie die Zeile „If you need / a
one-day lover / Just call 76 54 321-One day lover“ dadurch, dass sich hier
konkretes Angeben mit konkreten Angaben verbindet.
Auch dass sich der hinter dem in den Siebzigerjahren entstandenen Projekt
steckende österreichische Musiker zudem „Supermax“ nannte, obwohl er
eigentlich Kurt Hauenstein hieß und damals schon eher dünnes, spilleriges
Haar hatte, wies bereits auf ein angemessenes Verständnis vom Angeben hin.
Schlechte Angeber dagegen können sich selbst nicht leiden, im Gegenteil.
Sie versuchen, durch Aufschneiderei von ihrer eigenen Unzulänglichkeit
abzulenken – in der Politik ein klassisches Verhalten. Schlechte Angeber
prahlen, und die Prahlerei ist die Antagonistin des guten Angebens.
Prahlhans ist übrigens auch der Bruder von Schmalhans, was bedeutet, dass
Angeber generell geizig und selbstsüchtig sind.
Der große Zampano dürfte demgegenüber sofort in der Angeber-Akademie
unterrichten, er könnte den Grundkurs übernehmen. Und Kurt Hauenstein
könnte den Studierenden mittwochs beibringen, wie man andere davon
überzeugt, dass man eine „Love Machine“ ist – mit ein paar Videobeispielen
von Otis Redding, der Textzeilen wie „Action speaks louder than words / And
I'm a man with a great experience“ aus „Hard to handle“ erklärt.
Beth Ditto unterrichtet donnerstags Selbstliebe, und Karlsson vom Dach gibt
ein paar Wochenendseminare, mit Rabatt für Frühbucher. Nicht, dass ich das
je in Anspruch nehmen würde. Solcherlei Kurse habe ich selbstverständlich
nicht nötig.
7 Nov 2025
## AUTOREN
DIR Jenni Zylka
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