URI: 
       # taz.de -- Fachkräfte-Mangel in Hamburg: Stadt Hamburg findet keine Arbeitskräfte mehr
       
       > In Hamburgs Jugendbehörde wurden deswegen bereits Arbeitsgruppen zur
       > Erziehungshilfe eingestellt. Wohlfahrtsverband Soal fordert Abhilfe.
       
   IMG Bild: Wegen Personalmangels in Schieflage: der Kinder- und Jugendnotdienst in Hamburg-Alsterdorf
       
       In Hamburgs Behörden sind gerade viele Stellen unbesetzt. Das hat eine
       Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion ergeben. Knapp 5.000 von rund 60.000
       Stellen sind vakant. Doch dies führt im Bereich der Jugendhilfe jetzt zum
       Stillstand der Arbeit, darauf weist der Alternative Wohlfahrtsverband
       „Soal“ hin. Das Referat [1][Jugendhilfe] sei „dünn besetzt“, einzelne
       Arbeitsgruppen sogar „bis auf Weiteres“ ausgesetzt. „So können wir nicht
       arbeiten!“, [2][schreibt der Dachverband], dem über 200 Einrichtungen aus
       Bereichen wie Kitas, Jugendarbeit und Hilfen zur Erziehung angeschlossen
       sind.
       
       Der Vorgang ist auch deshalb bedeutsam, weil dieses Referat als Teil des
       „Amts für Familie“ gerade erst von der Zuständigkeit der Sozialbehörde in
       die der nunmehr noch größeren Schulbehörde gewechselt ist. Laut jener
       [3][Kleinen Anfrage], die der CDU-Abgeordnete Stefan Bereuter gestellt hat,
       sind allein in der Behörde für Schule, Familie und Berufsbildung 1.380
       Stellen nicht besetzt. Darunter dürften zwar viele Lehrerstellen sein, aber
       es sind auch hoch dotierte Stellen vakant. Und es gibt insgesamt mehr
       Beschäftigte in der Altersgruppe über 60 Jahre, die also demnächst aus dem
       Beruf ausscheiden.
       
       Dem Soal geht es bei seinem Hilfsappell konkret um zwei Arbeitsgruppen der
       sogenannten „[4][Vertragskommission]“ der Hilfen zur Erziehung, in denen
       die Behörde gemeinsam mit den Trägerverbänden und den Hamburger Bezirken
       über Inhalte, Qualität und Bezahlung verhandelt. „Uns wurde letzte Woche
       gesagt, diese Arbeitsgruppen sind bis auf Weiteres ausgesetzt“, sagt
       Soal-Jugendhilfereferentin Janne Kiehl. Der Grund seien unbesetzte Stellen
       wegen des Fachkräftemangels im sozialen Bereich. Es fehlten
       Sozialpädagogen, Sozialarbeiter und Erziehungswissenschaftler.
       
       Der Hamburger Senat müsste dringend Maßnahmen ergreifen, um die behördliche
       Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen, fordert die Soal-Referentin. „Weitere
       Terminabsagen aus personellen Gründen können nicht mehr hingenommen
       werden“. Jener Stillstand wirke sich auch auf die praktische Arbeit der
       Jugendhilfe aus, denn die Träger seien auf die Finanzierung ihrer
       Leistungen angewiesen. „Leidtragende sind vor allem die Kinder und ihre
       Familien“, schreibt Soal. Erfolge auf „[5][bekannte Bedarfslagen]“ keine
       Reaktion aus der Behörde, führe dies „schlimmstenfalls zu einer Gefährdung
       des Kindeswohls“.
       
       ## Zu wenig Plätze, nicht bedarfsgerecht
       
       Den Handlungsbedarf gebe es zum Beispiel im stationären Bereich, also bei
       den Wohngruppen. „Es gibt zu wenig Plätze und sie sind nicht unbedingt
       bedarfsgerecht“, sagt Kiehl. Es gebe auch [6][inhaltliche Themen] zu
       besprechen. „Ein aktuelles Beispiel ist die Auswirkung der Kriege in der
       Welt auf Kinder und Jugendlichen. Wir müssen als Jugendhilfe in der Praxis
       auch auf so etwas reagieren.“
       
       Das Recht auf Förderung der Kinder durch die Jugendhilfe sei in der
       UN-Kinderrechtskonvention verankert, ergänzt Soal-Jugendhilfereferentin
       Sandra Tiemann. Deutschland habe die Pflicht, alle erforderlichen Maßnahmen
       zur Verwirklichung dieser Rechte zu treffen. Das zeitliche Aussetzen von
       inhaltlicher Arbeit der Behörde führe zu einer „nicht hinnehmbaren
       Blockade“ der praktischen Tätigkeit der Träger der Kinder- und Jugendhilfe,
       folgert der [7][Verband]. „Dies muss sofort beendet werden“.
       
       Aber die [8][Personalnot] scheint sich zu verschärfen. So hat der
       CDU-Abgeordnete Stefan Bereuter errechnet, dass in Hamburg über acht
       Prozent der Stellen unbesetzt sind und findet neben der Lücke der
       Schulbehörde von 1.380 Stellen auch jene der Innenbehörde mit rund 940
       Stellen und der Bezirke mit knapp über 760 Stellen bemerkenswert.
       
       „Im Vergleich zum Jahresbeginn ist die Zahl der offenen Stellen nochmals
       gestiegen“, sagt der Oppositions-Abgeordnete Bereuter. Dabei leisteten die
       Beschäftigten dort „tagtäglich wertvolle Arbeit für alle in unserer Stadt“.
       Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, müsse Rot-Grün den Beschäftigten
       Wertschätzung entgegenbringen, sagt er. „Die bevorstehenden
       Tarifverhandlungen im Dezember werden zeigen, wie ernst es dem Senat ist.“
       
       Die Schulbehörde dementiert auf taz-Anfrage zwar nicht explizit, dass jene
       Arbeitsgruppen ausgesetzt sind, erklärt aber: „Die Behauptungen aus der
       Pressemitteilung sind falsch.“ Die temporäre Fluktuation in einzelnen
       Arbeitsbereichen der Behörde führe keinesfalls dazu, dass der Bereich
       Jugendhilfe nicht angemessen handlungsfähig wäre, schreibt Sprecherin
       Claudia Pittelkow.
       
       Besagte Vertragskommission der Hilfen zur Erziehung sei weiterhin
       handlungs- und beschlussfähig, „ihre Sitzungen finden im mit allen
       Beteiligten abgestimmten Turnus statt“. Auch sei die Finanzierung
       benötigter Angebote, anders als in der Pressemitteilung behauptet wird, „zu
       keiner Zeit gefährdet“. Träger hätten weiterhin die uneingeschränkte
       Möglichkeit, ihre Angebote weiterzuentwickeln und neue
       Leistungsvereinbarungen mit der Behörde zu schließen.
       
       23 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ex-Jugendreferent-ueber-Protest-Tagung/!6005091
   DIR [2] https://www.soal.de/aktuelles/personalnotstand-der-behorde-fur-schule-familie-und-berufsbildung-bsfb-blockiert-jugendhilfe-so-konnen-wir-nicht-arbeiten
   DIR [3] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/95171/23_01375_oeffentlicher_dienst_hamburg_bewerbermangel_fehlstellen_und_personalstruktur#navpanes=0
   DIR [4] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/bsfb/familie/jugendhilfe/beschluesse-vertragskommission-38144
   DIR [5] /Haeusliche-Gewalt-gegen-Kinder/!6067620
   DIR [6] /Studie-zur-psychischen-Gesundheit/!6055273
   DIR [7] https://www.soal.de/verband
   DIR [8] /Zukunft-der-Justiz/!6111623
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
   DIR Jugendhilfe
   DIR Personalmangel
   DIR Hamburg
   DIR Wohlfahrt
   DIR Jugendhilfe
   DIR Jugendhilfe
   DIR Heimerziehung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Personalmangel in Hamburgs Jugendhilfe: „Nachtarbeit wird quasi als Ehrenamt betrachtet“
       
       In Hamburgs Jugendwohngruppen ist meist eine Fachkraft allein mit bis zu
       zehn Kindern und Jugendlichen. Ein besonderes Problem sind die Nächte.
       
   DIR Hamburger Staatsrätin zur Jugendhilfe: Kinder in Not nicht herumschieben
       
       Senat will Drehtüreffekte beim Kinder- und Jugendnotdienst stoppen. Das
       Problem seien Kinder, die keinen Platz finden, sagt Staatsrätin Petra
       Lotzkat.
       
   DIR Debatte nach Randale in Kinderklinik: Kinder-Notdienst dezentralisieren
       
       Nach der Randale zweier Mädchen in der Kinderklinik Altona diskutieren
       Medien über Kinder, die zur Gefahr würden. Was fehlt, ist pädagogische
       Hilfe.