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       # taz.de -- Medienrelevanz bei jungen Menschen: Schnell sein, ohne an Haltung zu verlieren
       
       > Junge Menschen informieren sich gänzlich anders als ältere. Was bedeutet
       > das für Redaktionen der klassischen Medien? Eine Befragung gibt
       > Antworten.
       
   IMG Bild: Haltung zeigen, das macht die Jugend heute, da wo sie halt sind, und das is online und auf den Socials
       
       Dass klassische Medienangebote für junge Menschen an Attraktivität
       verlieren, ist bekannt. Dass Social Media zunehmend zur wichtigsten
       Nachrichtenquelle in dieser Altersgruppe wird, ebenso. Doch wie können
       Medienhäuser darauf reagieren, ohne an Relevanz zu verlieren? [1][Eine
       aktuelle qualitative Befragung] der Organisation Medien Bayern und des
       Marktforschungsinstituts Iconkids & Youth, unterstützt von der Bayerischen
       Staatskanzlei und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, liefert
       konkrete Hinweise.
       
       TikTok dominiert demnach in der Altersgruppe von 12 bis 25 Jahren:
       Unterhaltung, Austausch und zunehmend auch Information finden dort statt,
       meist passiv konsumiert und vom Algorithmus gesteuert. Viele Befragte
       beschrieben die Nutzung als „Sog“ oder gar „Sucht“. Auf Instagram dagegen
       steht die soziale Interaktion im Fokus, ebenso wie die visuelle Ästhetik.
       Gleichzeitig verliert die Plattform an Reiz: Viele junge Nutzer:innen
       empfinden sie als „langweilig“, da Trends oder Reels oft bloß
       Wiederholungen alter TikTok-Videos sind. YouTube bleibt eine „universelle
       Wissens- und Unterhaltungsbibliothek“ und wird gezielt genutzt, etwa für
       Handwerktutorials oder Lerninhalte.
       
       [2][Klassische Medien], so die Studie, sind für die junge Zielgruppe
       dennoch nicht völlig abgeschrieben. Fernsehen und Radio werden zwar nicht
       als tägliche Begleiter wahrgenommen, aber zu bestimmten Anlässen oder als
       Ritual genutzt – etwa beim gemeinsamen Fußballschauen mit Familie oder
       Freund:innen. Radio läuft häufig nebenbei, etwa beim Autofahren.
       
       Printprodukte spielen dagegen kaum noch eine Rolle, und die
       Zahlungsbereitschaft für journalistische Inhalte ist extrem gering.
       Bezahlschranken werden als echte Hürde empfunden. Klassische Medien sollten
       deshalb nicht länger als Hauptquelle des Nachrichtenkonsums gesehen werden,
       sondern als Ergänzung, die besondere Räume jenseits des Algorithmus
       schafft: Orte der Orientierung, Verlässlichkeit und regionalen Verankerung.
       
       ## Redaktionen müssen umdenken
       
       Für Redaktionen ergibt sich daraus [3][ein klarer Handlungsauftrag].
       Inhalte müssen für Social Media gedacht werden, nicht bloß von Print und TV
       dorthin wandern. Das bedeutet starke Teaser, klare Einstiege und Formate,
       die in dreißig Sekunden fesseln – besonders auf TikTok. Entscheidend ist
       dabei, die Zielgruppe genau zu definieren und Inhalte für spezifische
       Plattformen und Interessen zu entwickeln.
       
       Ein weiterer zentraler Punkt ist die Vielfalt in den Redaktionen. Junge
       Menschen sollten nicht nur Zielgruppe sein, sondern selbst erzählen dürfen.
       Das erfordert Offenheit gegenüber neuen Stimmen und Kompetenzen, nicht nur
       Absolvent:innen klassischer Journalist:innenschulen. Auch Kooperationen
       mit Creator:innen können helfen, Nähe, Glaubwürdigkeit und Reichweite
       aufzubauen – denn Authentizität ist die wichtigste Währung.
       
       Viele Befragte betonen außerdem, wie wichtig ein Dialog auf Augenhöhe ist:
       Junge Menschen wollen ernst genommen werden, nicht belehrt. Medienangebote
       sollten an ihre Lebenswelt andocken, ohne gewollt zu wirken. „Relatable“
       sein bedeutet, Nähe zu schaffen, aber trotzdem Haltung zu bewahren.
       Gleichzeitig können klassische Medien auf Social Media das leisten, was
       viele digitale Plattformen nicht bieten: Orientierung. Indem sie komplexe
       Themen einordnen und verlässliche Informationen bieten, machen sie die
       unübersichtliche Contentflut verständlicher.
       
       Auch der Transfer von journalistischen Inhalten ins reale Leben spielt eine
       wachsende Rolle. Liveevents von [4][Podcasts oder Recherchen] schaffen Nähe
       und Gemeinschaft – wie beim „Zeit Verbrechen“-Podcast oder dem britischen
       Format „The Rest is Politics“, das mit seiner Liveversion ganze Arenen
       füllt. So werden Nachrichten wieder physisch erlebbar.
       
       Finanziell gilt: Bindung kommt vor Ertrag. Eine zu frühe Monetarisierung
       kann abschrecken, Vertrauen muss zuerst entstehen. Offenheit und Mut zu
       Experimenten sind zentrale Voraussetzungen, um neue Wege zu gehen. Und
       dabei gilt natürlich: Fehler machen ist in Ordnung, solang man sie
       transparent kommuniziert. Wer junge Menschen erreichen will, muss ihre
       Plattformen und Dynamiken verstehen, ohne sich ihnen vollständig
       anzupassen. Es geht nicht um Tempo oder um Trends, sondern um Haltung.
       
       24 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://medien-bayern.de/ueber-uns/pressemitteilungen/
   DIR [2] /Klage-gegen-Rundfunkbeitrag/!6114376
   DIR [3] /Die-Seitenwende-der-taz/!6117716
   DIR [4] /!vn6079346/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ann-Kathrin Leclere
       
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