# taz.de -- Neues Album von Superstar Rosalía: Sie ist das Licht der Welt
> Rosalía arbeitet sich auf ihrem neuen Album „Lux“ an klassizistischen
> Themen ab. Die Musik spielt mit Flamenco und Pathos, Gänsehautmomente
> inklusive.
IMG Bild: Herzschmerz und Pathos: Rosalía, hier auf einem Konzert in Brasilien
Spätestens, seit ihre „Berghain“-Single Ende Oktober viral gegangen ist,
wartete die halbe Welt auf die Veröffentlichung des neuen Albums von
Rosalía, der erfolgreichsten spanischen Popsängerin aller Zeiten. Nun ist
es da. Und „Lux“ ist so spanisch, wie es nur sein kann. Die Musik handelt
von Katholizismus und Sünde, Herzschmerz und Vergebung. Kurzum: Pathos,
Schmalz und Bigotterie.
„Lux“ markiert eine Zäsur in Rosalías [1][bisherigem musikalischen
Schaffen]. Statt reggaetoneskem „Gitaneo“-Dancesound und urbanem
[2][Mainstream-Pop mit Flamenco-Touch] dräut nun Hochkultur:
Streicher-Arrangements, klassischer Gesang, Chöre und Textzeilen auf
Deutsch, Italienisch, ja sogar Latein. „Ego sum lux mundi“ – „Ich bin das
Licht der Welt“, singt Rosalía. Und die Welt fragt sich: Kann man dazu
tanzen? Und vor allem, was will uns die Künstlerin eigentlich damit sagen?
Die sonst eher knapp bekleidete Motomami wird für ihr neues Album zur Nonne
in Weiß. Und der Interpretationsspielraum, den sie lässt, ist groß. Mit dem
Berliner Technoclub „Berghain“ hat ihr gleichnamiger Song nichts zu tun,
oder? Der Grat zwischen keuscher Frömmigkeit und sündiger, lustvoller
Leidenschaft ist schließlich schmal. Ebenso der zwischen dem weltlichen,
profanen Leben und dem transzendenten, heiligen. „Primero amar el mundo y
luego amar a dios“, singt Rosalía direkt im Auftaktsong „Reliquia“.
Zuerst die Welt lieben, dann Gott? Ein Glaubensbekenntnis ist „Lux“ nicht,
eher ein Spiel mit Klischees und der Ästhetik konservativer Reinheit. Wobei
es aber mehr um Zugehörigkeit geht als um Religionskritik. Bei „Novia
Robot“ tauchen HipHop-Sounds auf, hier beklagt die Künstlerin Sexismus,
Materialismus und Konsum. Bevor Rosalía mit den Worten endet, dass sie sich
ab jetzt nur noch für ihren Gott hübsch macht und für niemand mehr sonst.
## Kurztrip ins Sündenbabel Berlin
Die Mischung aus modernen Housebeats und traditioneller Flamenco-Musik – in
der spanischen Kultur eng mit Religion und konservativen Werten verbunden –
zieht sich durch die gesamte Musik des Albums. Und sorgt für reichlich
Dynamik, vor allem innerhalb der Songs selbst, die oft etwas zu abrupt
enden. „Berghain“ – einer der kraftvollsten Songs auf dem Album – steht
exemplarisch für die collagenhafte, sprunghafte, fast schon konzeptlose
Aneinanderreihung verschiedener Stilelemente innerhalb eines Songs, was die
Hörerin auch ratlos zurück lässt.
Zur Mitte hin wird „Lux“ ruhiger, Rosalía singt nun mit Sopranstimme zu den
sanften Melodien ihrer Balladen. Und singen kann die Künstlerin, die an der
Höheren Musikschule von Katalonien Gesang studiert hat, allemal. Wenn
Rosalía sich spanischer Leidenschaft, Schmerz und Pathos widmet, dürfen
Flamenco-Vibes auf keinen Fall fehlen. Bei „Porcelana“ dringt noch
„Malamente“-Sound mit Trap-Einschlag durch.
Sollte „Berghain“ einen Kurztrip ins [3][Sündenbabel Berlin] thematisiert
haben, spätestens mit „La Rumba del Perdón“ geht es wieder zurück nach
Andalusien. Inklusive Gitarre, Palmas und charakteristischen
Flamenco-Gesang.
## Strategie der Überwältigung durch Streicher
Der Wechsel zwischen simplen Klaviermelodien und süffigen Poparrangements
sorgt durchaus für Gänsehautmomente. Seine Längen hat „Lux“ dennoch. Die
Überwältigungsstrategie des pompösen Streicherarrangements von „Berghain“
trägt nicht über die volle Distanz, insgesamt 18 Tracks hat Rosalía für ihr
neues Album rausgehauen, fast zu viel des Guten.
Am Ende wartet dann auch der Tod. Rosalía singt im Finale „Magnolias“
episch über ihre eigene Beerdigung, inklusive Blumenkranzgebinde und
Kirchenchor. Durchaus faszinierend, wie sie es schafft, ein großes Publikum
für die sonst eher wenig populäre klassische Musik zu begeistern.
Vom südamerikanischen Reggaeton-Party-Markt wendet sich die spanische
Künstlerin mit „Lux“ dagegen erst mal ab, der ist scheinbar gesättigt.
Dafür gibt es jetzt „hochwertigere“ Songs für das europäische Publikum. Hat
auch was Koloniales.
7 Nov 2025
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## AUTOREN
DIR Ruth Lang Fuentes
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