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       # taz.de -- Unterbringung bei der Klimakonferenz: Vai ficar tudo bem
       
       > Die Unterbringung bei der COP wird eine Katastrophe, hieß es. Die
       > Brasilianer*innen wiegelten ab: Wird schon gut gehen. Beobachtungen
       > vor Ort.
       
   IMG Bild: Adequate Unterbringung bei COP30? Gar kein Problem
       
       BELÉM taz | Als der Beginn [1][der Weltklimakonferenz in seiner
       Heimatstadt] näher rückte, ergriff Alberto Braga radikale Maßnahmen. Er
       ließ die Poledance-Stangen entfernen, die Fassade neu streichen – grau
       statt rot – und auch die Spiegel an der Decke über den Betten mussten weg.
       Apropos Betten: Die waren früher rund, jetzt sind sie ganz normal, also
       rechteckig. Belém war bisher kein Touristenziel, seine Hotelkapazitäten
       reichen bei Weitem nicht für die erwarteten Zehntausende Konferenzgäste.
       Und so witterte Alberto Braga das große Geld. Schließlich gehören ihm 21
       Zimmer von der, nun ja, etwas anderen Sorte. Er ist Besitzer eines
       Stundenhotels.
       
       Acrópole heißt sein Haus, es liegt im Zentrum der Stadt. Noch vor einigen
       Wochen kostete eine Stunde umgerechnet rund 12 Euro. In Brasilien [2][gibt
       es viele solcher „Motels“]. In der Regel mit eigener Garage, diskret – kein
       Kontakt mit Außenstehenden –, ideal zum Fremdgehen. Manche sind einfache
       Absteigen für die schnelle Nummer, andere luxuriöse Etablissements mit
       Whirlpool und Champagnerbrunnen.
       
       Belém ist eine wuselige Metropole, gelegen im Amazonas-Regenwald. Vor
       hundert Jahren wurde die Stadt durch den Kautschukhandel reich, seither ist
       sie etwas in Vergessenheit geraten. Nur wenige Minuten vom Flughafen
       entfernt sind ungepflasterte Straßen, überall verlaufen stinkende
       Abwasserkanäle, am Hafen picken riesige Geier zwischen Fischresten. Hotels
       oder Ferienwohnungen sind rar. So machte sich früh Skepsis breit. Die
       Weltklimakonferenz COP30 in Amazonien? So etwas mag ein schönes Symbol sein
       im Kampf gegen die Erderhitzung, aber logistisch kann das doch nichts
       werden. Die kriegen das nie im Leben hin! Lass uns doch nach Rio
       ausweichen!
       
       Und tatsächlich versuchten viele, Profit aus der hohen Nachfrage zu
       schlagen. Zwischenzeitlich stiegen die Preise auf so astronomische Summen,
       dass Delegationen ärmerer Länder mit Absage drohten. Österreichs Präsident
       Alexander Van der Bellen reiste wegen der Preise nicht an. „Wer kein Zimmer
       findet, muss eben unter den Sternen schlafen“, scherzte Brasiliens
       Präsident Lula, der selbst auf einer Yacht unterkommt. Doch während im
       Ausland der Mangel an Unterkünften Schlagzeilen machte, bewahrten viele in
       Brasilien die Ruhe. Vai ficar tudo bem, hörte man. Es wird alles gut gehen.
       
       Man sollte die Brasilianer*innen eben nicht unterschätzen. Aus der Not
       eine Tugend zu machen, Probleme kreativ und notfalls mit ein wenig
       Trickserei zu lösen, ist eine brasilianische Kernkompetenz, fast schon
       Lebensphilosophie. Dafür gibt es sogar ein eigenes Wort: jeitinho – der
       kleine Weg. So wurden Schulen kurzfristig zu Hostels umfunktioniert, zwei
       Kreuzfahrtschiffe dienen als schwimmende Hotels, Privatpersonen entdeckten
       plötzlich ihr Talent als Hoteliers.
       
       Die Unkenrufe, Belém werde das nicht schaffen? Auf der COP spricht niemand
       mehr darüber, stattdessen geht es um die Gastfreundlichkeit, die Hitze, das
       gute Essen.
       
       Und Alberto Braga, der Motelbesitzer? „Ich habe eine Menge Geld in den
       Umbau gesteckt“, sagt er. „Aber es gab kaum Nachfrage.“ Gerade einmal drei
       Zimmer habe er vermietet. Den Preis musste er senken, von umgerechnet 160
       auf 65 Euro die Nacht. Für ihn sei die COP vor allem ein Verlustgeschäft.
       Dennoch will er das Haus künftig als Bed & Breakfast weiterführen. Noch
       einmal umzubauen sei keine Option. Hätte er das alles vorher gewusst, hätte
       er es wohl gelassen. Zumindest eine Lektion habe er gelernt, sagt Braga:
       Mit Sex lasse sich offenbar mehr Geld verdienen als mit Klimakonferenzen.
       
       15 Nov 2025
       
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   DIR Niklas Franzen
       
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