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       # taz.de -- Antisemitischer Vorfall in linkem Café: Als Falafel getarnter Antisemitismus
       
       > Das Berliner Lokal „K-Fetisch“ warf Gäste wegen Hebräisch auf einem
       > T-Shirt raus. Nun verkündet es, das habe mit Antisemitismus nichts zu
       > tun.
       
   IMG Bild: Die Designer*innen Nikolai Dobreff, Liad Shadmi und Golnar Kat Rahmani haben das Falafel-Shirt gestaltet
       
       Fast eine Woche brauchte das linke Lokal „K-Fetisch“ in Berlin-Neukölln, um
       auf einen antisemitischen Vorfall in seinen Räumen zu reagieren. Die
       Stellungnahme, die das Kollektiv am Donnerstagnachmittag veröffentlicht
       hat, ist beachtenswert. Das „K-Fetisch“ versucht auf sehr abenteuerliche
       Weise, den Rauswurf von zwei Gästen wegen eines T-Shirts mit unter anderem
       hebräischem Schriftzug als nicht antisemitisch darzustellen. Ein Umstand,
       der die Betroffenen bestürzt.
       
       [1][Am vergangenen Freitag] hatte das geschädigte Paar den Fall öffentlich
       gemacht. Die Betroffene trug demnach ein T-Shirt, auf dem in lateinischer,
       hebräischer und arabischer Schrift das Wort „Falafel“ stand. Nach ihren
       Angaben habe sich eine Person aus dem Kollektiv des sich als links und
       queer verstehenden Lokals sie zunächst auf die hebräische Schrift
       angesprochen und sich dann geweigert, sie zu bedienen. Die Person habe
       gesagt, sie bediene „keine Zionisten“, und der Besucherin vorgeworfen, sie
       unterstütze „den Genozid in Gaza“ und Hebräisch sei „die Sprache des
       Unterdrückers“.
       
       Dann seien sie und ihr Partner aufgefordert worden, das Lokal zu verlassen
       – anschließend aber noch von innen fotografiert worden. „Die Situation war
       insgesamt zutiefst feindselig und einschüchternd“, [2][sagte die Betroffene
       im Tagesspiegel], der zuerst über den Zwischenfall berichtet hatte. Sie
       möchte anonym bleiben und wird hier im Text Rafaella genannt, ihre
       Identität ist der taz bekannt.
       
       Nach sechs Tagen äußerte sich nun das „K-Fetisch“ zu dem Vorfall: Der
       Antisemitismus-Vorwurf sei „falsch“, und habe zu Drohungen gegen das Lokal,
       seine Mitarbeitenden und Gäste geführt, beklagt das Kollektiv auf
       Instagram. Aus dem eigenen intersektionalen Selbstverständnis heraus
       exkludiere man keine Menschen aufgrund ihrer Religion, Ethnizität oder
       Nation. Und die Weigerung, die beiden Gäste zu bedienen, sei gar nicht in
       der hebräischen Sprache des Schriftzugs begründet gewesen.
       
       ## „Erneute grobe Verletzung“
       
       Vielmehr sei das Design „kulturell anstößig“, da es „versucht, die
       Gesamtheit der Kulturen der Region auf ein kulinarisches Symbol zu
       reduzieren“. Und mehr noch: „In einer Zeit, in der die Menschen in Gaza von
       Israel absichtlich ausgehungert werden“, könne die Botschaft des Shirts –
       „Falafel“ – „leicht als beleidigend“ aufgefasst werden. Auch sei das Paar
       aggressiv aufgetreten.
       
       „Wir, die Geschädigten, möchten erneut klarstellen, dass wir nicht aufgrund
       unseres Verhaltens, sondern allein aufgrund der hebräischen Schrift auf dem
       T-Shirt aus dem Café geworfen wurden“, sagen Rafaella und ihr Partner der
       taz. Der Vorfall sei „klar antisemitisch“.
       
       Sie empfänden es als „erneute grobe Verletzung“, dass das Kollektiv
       behaupte, es „heiße Menschen aller Hintergründe willkommen“, solange diese
       sich nicht diskriminierend verhielten. „Anstatt Verantwortung für ihr
       eigenes ausgrenzendes Verhalten zu übernehmen, werfen sie uns also vor, wir
       würden durch ein ‚Falafel‘-Shirt diskriminieren.“
       
       Das Verhalten des Kollektivs sei eine „deutliche Distanzierung von
       jeglichen Bestrebungen nach Koexistenz und Dialog“. Wer sich für humanitäre
       Werte einsetze, der müsse sich „nicht für eine Seite entscheiden, sondern
       wünscht sich Frieden und Sicherheit für alle“. Genau dafür stehe auch das
       „Falafel“-Shirt.
       
       ## Spenden an israelische Friedensaktivist*innen
       
       Das T-Shirt ist eine Kooperation des Hamburger Designers Nikolai Dobreff
       mit der iranischen Designerin Golnar Kat Rahmani und dem israelischen
       Designer Liad Shadmi. Es stehe für „Gemeinschaft, Zusammenhalt,
       Menschlichkeit und Frieden“, [3][heißt es auf Dobreffs Webseite].
       
       Die Gewinne des T-Shirt-Verkaufs fließen als Spende an die Initiative Women
       Wage Peace in Israel – eine der größten Friedensorganisationen in Israel
       mit rund 50.000 Mitgliedern und Schwesterorganisation der palästinensischen
       Friedensorganisation „Women of the Sun“. Eine der Aktivistinnen von Women
       Wage Peace war [4][Vivian Silver, die am 7. Oktober im Kibbuz Be’eri von
       der Hamas ermordet wurde], und deren Sohn Yonatan Zeigen bis heute
       beständig für einen nachhaltigen Frieden zwischen Israelis und
       Palästinensern kämpft.
       
       Mit einer ersten Auflage des T-Shirts hatten die Designer*innen im
       November 2023, also unmittelbar nach dem Terrorangriff der Hamas am 7.
       Oktober, Spenden für die [5][israelische jüdisch-palästinensische
       Graswurzelbewegung „Standing Together“] gesammelt.
       
       Auch die Macher*innen des T-Shirts haben inzwischen auf den Vorfall und
       auf das Statement des „K-Fetisch“ reagiert. In einem gemeinsamen Statement
       erklären Dobreff, Shadmi und Rahmano, Ziel des Projekts sei im November
       2023 gewesen, „den Dialog über Frieden und Zusammenleben“
       aufrechtzuerhalten. „Der Bedarf, in Zeiten von Krieg und Katastrophen
       ‚Frieden‘ zu thematisieren, ist für uns vor allem jetzt größer denn je“,
       das „Falafel Humanity Shirt“ sei ein „kreativer Versuch der Annäherung“,
       sagen sie.
       
       „Gespräche über das Unrecht, über die Verzweiflung, aber auch über die
       Hoffnung auf Frieden schließen sich nicht aus, sie gehören zusammen.“ Die
       Macher*innen betonen, sie seien im „stetigen reflektierten Austausch“
       und offen für andere Meinungen. „Gleichzeitig stehen wir zu unseren Werten
       der Hoffnung auf Gemeinschaft. Wir sind davon überzeugt, dass Hass und
       Ausschluss nie der richtige Weg sind, und dass ein Ende von Krieg und
       Gewalt dringend nötig ist.“
       
       Das betonen auch Rafaella und ihr Partner: Das T-Shirt stehe für
       „Solidarität mit allen Betroffenen in Israel und Palästina“. Und noch etwas
       ist den beiden wichtig: die Distanzierung von rechten Stimmen, die den
       Vorfall instrumentalisierten, um gegen linke und palästina-solidarische
       Menschen zu wettern. „Wir positionieren uns selbst als politisch links und
       lassen uns das weder von antisemitischen Linken noch von
       anti-palästinensischen Kräften nehmen.“
       
       24 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rausschmiss-aus-Cafe-wegen-T-Shirt/!6123973
   DIR [2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/mal-nachgedacht-wie-es-sich-fur-juden-in-neukolln-anfuhlt-hebraisches-wort-auf-t-shirt--linkes-cafe-wirft-paar-raus-14607017.html
   DIR [3] https://nikolaidobreff.de/produkt/falafel-humanity-shirt/
   DIR [4] /Nahost-Friedensaktivistin-ermordet/!5973087
   DIR [5] /Palaestinenserin-und-Jude-ueber-den-Krieg/!5976681
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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   DIR 7. Oktober 2023
       
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