# taz.de -- Kurzarbeit bei Bosch: Chipkrieg um niederländisch-chinesischen Konzern eskaliert
> Der Konflikt um den Chiphersteller Nexperia weitet sich international
> aus: Kurzarbeit bei Bosch, Automobilkonzerne fahnden nach
> Halbleiter-Ersatz.
IMG Bild: Der Nexperia-Konflikt weitet sich aus
Der [1][Streit um den niederländisch-chinesischen Chip-Fabrikanten
Nexperia] weitet sich auf die deutsche Automobilindustrie aus. Nach Angaben
der IG Metall vom Freitag haben Unternehmen wie der weltgrößte
Autozulieferer Bosch wegen ausbleibender Chip-Lieferungen örtlich bereits
Kurzarbeit beantragt. Andere Firmen bereiteten Kurzarbeit vor, sagte der
bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott in München. Volkswagen schloss
kurzfristige Auswirkungen des Chipmangels auf seine Produktion nicht aus.
Die niederländische Regierung hatte Nexperia, eine Tochter des chinesischen
Wingtech-Konzerns, Ende September offenbar nach Druck aus den USA unter
Aufsicht seines Ministeriums gestellt – unter Berufung auf Missmanagement,
das die wirtschaftliche Sicherheit der Niederlande und Europas gefährde.
Dahinter steckt die Furcht, technologisches Wissen und
Produktionskapazitäten für Halbleiter nach China zu verlieren, weil diese
[2][im Notfall nicht zur Verfügung] stehen könnten.
Als Reaktion erlegte Peking dem chinesischen Teil des Unternehmens ein
Exportverbot auf, was in der Autoindustrie und im Maschinenbau im Westen
Schocks auslöste. Es gibt offenbar Lieferprobleme bei Halbleitern wie
Dioden, Transistoren und Chips für das Batteriemanagement. Die
Bundesregierung kündigte nicht näher bezeichnete Maßnahmen gegen den
Chipmangel an. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte bei einem Besuch
in China von Sonntag an über die Kooperation beider Staaten sprechen
wollen. Jedoch wurde die Reise nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin
überraschend abgesagt. Konkrete Gründe nannte das Ministerium nicht.
Wegen des Nexperia-Konflikts hat Bosch im niedersächsischen Salzgitter laut
IG Metall inzwischen Kurzarbeit für mehr als 1.000 Beschäftigte angemeldet.
Dort wirke sich die Knappheit wegen der „Just-in-time“-Materialversorgung
sofort aus. Ob der Antrag von der Arbeitsagentur genehmigt werde, sei noch
offen. Von Bosch war laut der Nachrichtenagentur Reuters zunächst keine
Stellungnahme zu erhalten.
## VW hat offenbar Ersatzfabrikanten für Halbleiter
Bayerns IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott sagte am Freitag, auch bei
anderen Autozulieferern gebe es „starke Schwierigkeiten“ in einzelnen
Bereichen, wo Kurzarbeit bereits angemeldet worden sei. Volkswagen erklärte
unterdessen, bis zum kommenden Donnerstag sei die Fahrzeugproduktion an den
deutschen Standorten gesichert. „Kurzfristige Auswirkungen auf das
Produktionsnetzwerk des Volkswagen-Konzerns“ könnten „jedoch weiterhin
nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden“, teilte ein Unternehmenssprecher
mit. Volkswagen prüfe alternative Beschaffungsoptionen.
Geopolitischer Hintergrund des Falls ist, ist, dass [3][Wingtech auf der
US-amerikanischen Sanktionsliste] steht. Niederländische Chips, darunter
solche aus Nexperia-Produktion, sollen auch nach dem Beginn des
Ukraine-Kriegs ihren Weg nach Russland gefunden haben und dort in Waffen
verarbeitet worden sein.
Zwar hat VW inzwischen offenbar einen namentlich nicht genannten
Ersatzfabrikanten für die benötigten Halbleiter gefunden, sodass die
Produktion auch bei den Tochterunternehmen Audi und Porsche vorerst
gesichert zu sein scheint. Die Japan Automobile Manufacturers Association
(JAMA), die unter anderem Nissan, Toyota, Mazda und Honda vertritt,
befürchtet laut einem Guardian-Bericht „ernsthafte Auswirkungen auf die
globale Produktion unserer Mitglieds-Unternehmen“ – und hofft auf eine
„schnelle und praktische Lösung“ zwischen den beteiligten Ländern.
Dass die Zeit drängt, steht auch angesichts der Abhängigkeit anderer
Branchen wie Medizintechnik, Rüstung, Luftfahrt und Maschinenbau von
Standard-Chips wie denen von Nexperia außer Frage. Der niederländische
Wirtschaftsminister Vincent Karremans ließ diese Woche verlauten, er stehe
im Austausch mit dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao.
Premierminister Dick Schoof betonte am Rande des EU-Gipfels in Brüssel, es
werde „hart an einer Lösung gearbeitet“.
Im Podcast der niederländischen Wirtschaftszeitung Financieel Dagblad wurde
am Freitag die Furcht geäußert, Wingtech baue den chinesischen
Nexperia-Zweig zu einem Betrieb aufzubauen, der vom niederländischen
Hauptsitz unabhängig ist. Damit wäre genau das eingetreten, was Den Haag
eigentlich verhindern wollte: den Verlust von Produktionskapazität und
Technologie nach China.
24 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Tobias Müller
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