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       # taz.de -- Gipfel südostasiatischer Staaten: Zahnlose Tigerstaaten im Schatten der Trump-Show
       
       > In Malaysia ringen die Asean-Staaten um eine gemeinsame Linie im
       > Handelsstreit mit den USA. Trumps Besuch umrahmen Proteste und dezente
       > Belustigung.
       
   IMG Bild: Pro-palästinensische Demonstranten in Kuala Lumpur, Malaysia
       
       Die malaysische Hauptadtstadt Kuala Lumpur bereitet sich auf eines der
       größten politischen Ereignisse ihrer Geschichte vor. Schon Tage vor Beginn
       des Gipfels der bisher zehn südostasiatischen Staaten (Asean) am Sonntag
       sind große Teile des Stadtzentrums abgesperrt, mehr als 100 Schulen
       wechseln in den Onlinebetrieb. Tausende Asean-Fahnen säumen die Straßen.
       Rund 30 Staats- und Regierungschefs werden zum Gipfel erwartet.
       
       Stadtgespräch ist vor allem der Besuch von Donald Trump. Er will auf dem
       Gipfel seine Verdienste um den Friedensschluss zwischen Thailand und
       Kambodscha gewürdigt sehen. Am Sonntag will er deshalb der Unterzeichnung
       eines Friedensvertrags zwischen den Ländern beiwohnen. Ende Juli hatte
       Trump ihnen hohe Zölle angedroht, sollten sie ihren blutigen Grenzkonflikt
       nicht beilegen. Ob er damit jedoch das Kalkül der Konfliktparteien wirklich
       entscheidend beeinflusste, ist unklar.
       
       Auch innenpolitisch sorgt Trumps Besuch für Kontroversen. Im Nahostkonflikt
       ist der Diskurs in Malaysia entschieden propalästinensisch geprägt, Trump
       gilt vielen als mutwilliger Unterstützer israelischer Kriegsverbrechen. Die
       größte Oppositionspartei, die islamistische PAS, und das Bündnis
       „Anti-Trump-Sekretariat“ hatten schon am Freitag zu Protesten aufgerufen.
       Mehrere Hundert Menschen demonstrierten, meist mit Palästinaflaggen.
       
       Bei vielen Stadtbewohnern wird Trumps Visite allerdings mehr als Show denn
       als Skandal wahrgenommen. Wenn der Satz „Trump kommt“ fällt, schwingt neben
       Gleichgültigkeit oft dezente Belustigung ob des unerwarteten Spektakels
       mit. „Die meisten Menschen hier sind pragmatisch genug, um zu verstehen,
       dass man den US-Präsidenten nicht einfach ausladen kann“, sagt auch der
       Politikanalyst und Unternehmensberater Adib Zalkapli.
       
       Malaysias Rolle in Trumps Gaza-Friedensplan 
       
       Zalkapli appelliert, die Gelegenheit des Besuchs zu nutzen, um für Malaysia
       auf einen Platz am Tisch beim Gaza-Wiederaufbau zu drängen. Zuletzt hatte
       Indonesiens Präsident Prabowo Subianto bei der Verkündung von Trumps
       Gaza-Friedensplan angeboten, mindestens 20.000 Soldaten als Friedenstruppen
       nach Gaza zu schicken.
       
       Tatsächlich scheint [1][Malaysias Premier Anwar Ibrahim] gewillt, das Beste
       aus Trumps Besuch zu machen. Wie kaum ein Asean-Vorsitzender der
       vergangenen Jahre steht er für die proklamierte Blockfreiheit der
       Staatengruppe. In Kuala Lumpur werden jetzt auch Brasiliens Präsident Lula
       und Chinas Premier Li Qiang erwartet. Zeitweise war sogar eine Teilnahme
       Putins im Gespräch, er wird aber nun durch Vizepremier Alexander Nowak
       vertreten.
       
       Malaysia war schon nach der Loslösung vom britischen Kolonialreich in den
       1960ern einer der Hauptverfechter regionaler Integration und breiter
       internationaler Partnerschaften. „Im Kalten Krieg haben wir schmerzhaft
       erfahren, dass man sich nicht auf eine Seite stellen sollte“, sagt
       Zalkapli.
       
       Der heutige Pragmatismus speist sich zudem aus dem weitgehend friedlichen
       ethnischen Zusammenleben im eigenen Land. Das vielfältige Stadtbild in
       Kuala Lumpur prägen neben der muslimischen Mehrheit auch große indisch- und
       chinesischstämmige Gemeinschaften.
       
       Trump stört Koordinierung in Handelsfragen 
       
       Doch trotz aller diplomatischer Offenheit dürften Anwar und andere
       Asean-Staats- und Regierungschefs sich nicht wirklich über Trumps Besuch
       freuen. Seine Anwesenheit in Kuala Lumpur dürfte implizit Druck auf sie
       aufbauen, untereinander keine Maßnahmen im Handelsstreit mit den USA
       abzustimmen. Die US-Zollankündigungen treffen die exportabhängigen Länder
       Südostasiens besonders hart. Bislang ringt Asean erfolglos um eine
       gemeinsame Antwort, vielmehr verhandelt jedes Land für sich.
       
       Mit Blick auf den Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kamboscha will Trump
       die Lorbeeren von Aseans eigener Vermittlungsarbeit einheimsen. Dies stellt
       einen der seltenen diplomatischen Erfolge der Staatengruppe im Umgang mit
       Konflikten zwischen Mitgliedern infrage, die stets nur nach dem
       Konsensprinzip entscheiden. Den Gebietsstreit im Südchinesischen Meer
       umschiffte Asean in diesem Jahr dagegen weitgehend; er dürfte nächstes Jahr
       unter dem Vorsitz der Philippinen einen deutlich höheren Stellenwert
       einnehmen.
       
       Asean-Beitritt Osttimors geplant 
       
       [2][Die fortwährende Machtlosigkeit Aseans in harten Sicherheitsfragen
       zeigt sich vor allem im Bürgerkrieg in Myanmar.] Asean hat Vertreter der
       Militärjunta von den meisten seiner Treffen ausgeschlossen. Der Staatenbund
       zögert aber, mehr Druck auf das Regime aufzubauen. Zum Jahresende will die
       dortige Junta in den von ihr kontrollierten Landesteilen Wahlen abhalten.
       Menschenrechtsgruppen und die EU sprechen von Scheinwahlen.
       
       Eine gute Nachricht birgt der Asean-Gipfel indes. Auf dem Programm in Kuala
       Lumpur steht auch die Aufnahme Osttimors als elftes Mitgliedsland. Das Land
       mit seinen knapp 1,5 Millionen Einwohner*innen blickt auf Jahrzehnte
       gewaltvoller Besatzung durch Indonesien zurück. Seit seiner Unabhängigkeit
       2002 wirbt Osttimor unermüdlich um die Aufnahme in den Asean-Bund. Jetzt
       soll es endlich soweit sein.
       
       24 Oct 2025
       
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       ## AUTOREN
       
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