# taz.de -- Oberbürgermeisterwahl in Kiel: Stadtbahn steht wieder auf der Kippe
> Kiel bekommt eine Stadtbahn, das schien eigentlich klar. Doch vor der
> anstehenden Wahl macht die CDU die Debatte wieder auf.
IMG Bild: Das will er nicht zurück: Gerrit Derkowski, Oberbürgermeisterkandidat für Kiel, spricht sich gegen eine Stadtbahn aus
Bei der anstehenden [1][Oberbürgermeisterwahl in Kiel] geht es auch um die
Frage, wie die Landeshauptstadt ihre Verkehrsprobleme bewältigt. Eigentlich
hatte eine klare Mehrheit der im Rat vertretenen Parteien den Bau einer
Stadtbahn beschlossen. Aber die CDU zweifelt an der Finanzierbarkeit. Der
von ihr unterstützte Oberbürgermeisterkandidat stellt ein eigenes
Verkehrskonzept vor.
Früher hieß es in Kiel, dass die SPD einen roten Eimer aufstellen könne,
und selbst der wäre gewählt worden. Inzwischen hat die Partei in ihrer
früheren Herzkammer schwere Niederlagen bei Bundes- und Landtagswahlen
einstecken müssen. Der aktuelle SPD-Oberbürgermeister Ulf Kämpfer tritt
nach zwei Amtszeiten nicht mehr an, er strebt stattdessen die
[2][Spitzenkandidatur für den Landtagswahlkampf 2027 an.]
Entsprechend spannend wird die Wahl am 16. November, bei der insgesamt neun
Kandidat:innen antreten. Ein inhaltlicher Streitpunkt ist die künftige
Verkehrspolitik und die Frage: Stadtbahn oder S-Bahn?
Für Gerrit Derkowski ist die Antwort klar: Anstelle der Tram, für die die
Stadt auf den Straßen neue Schienen verlegen – und bezahlen – müsste, will
der parteilose Kandidat, der von CDU und FDP unterstützt wird, auf die Bahn
vertrauen. Denn in deren Nahverkehrsplan ist vorgesehen, künftig neben den
Regionalzügen auch S-Bahnen einzusetzen, die im engen Takt und mit mehr
Halten aus der Landeshauptstadt in die Städte im Umland fahren. Zwischen
den S-Bahn-Stationen können weitere Busse eingesetzt werden, schlägt
Derkowski vor.
Der gebürtige Flensburger ist Journalist, er hat als freier Mitarbeiter für
den NDR gearbeitet und war als Moderator beim „Schleswig-Holstein Magazin“
und bei der „Tagesschau“ tätig. In seinem Wahlprogramm setzt er auf
Wirtschaftsförderung und Haushaltspolitik sowie eine „moderne Mobilität“
ohne Stadtbahn. Sein Konzept wäre weit schneller umzusetzen und vor allem
kostengünstiger als die Stadtbahn. Daher fordert er einen sofortigen Stopp
der weiteren Planungen für das Projekt: „Wir brauchen keinen Rückschritt
mit Konzepten aus den 80ern“ – damals rollte die letzte Kieler Tram ins
Depot, die Schienen wurden abgebaut.
Bei der CDU kommt das an. Die [3][aktuelle Verkehrspolitik], die auf den
Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs setzt, „vermittelt vielen Autofahrern
das Gefühl, aus der Stadt gedrängt zu werden“, sagt der Vorsitzende des
CDU-Kreisverbands, Tobias von der Heide. Außer der CDU ist auch die AfD
gegen eine Stadtbahn.
Kritik an Derkowskis Konzept kommt vom Verein „Tram für Kiel“. Die
Ablehnung der Stadtbahn gründe sich auf Allgemeinplätze, zudem kenne der
Kandidat offenbar aktuelle Beschlüsse und Planungen zur Stadtbahn nicht
oder habe sie zumindest nicht verstanden, heißt in der [4][Analyse der
Wahlprogramme]. Der Verein hatte dafür sechs Kandidat:innen befragt.
## SPD-Mann für die Stadtbahn
Ein klarer Befürworter der Stadtbahn ist SPD-Mann Ulf Daude: Die Tram
verbinde Stadtteile, entlaste den Verkehr und sei ein entscheidender
Schritt hin zu einer klimafreundlichen wie effizienten Mobilität. Ähnlich
sieht es [5][der Grüne Samet Yilmaz]: „Die Stadtbahn steht für eine
Politik, die nach vorn blickt.“ Derkowskis Konzept könne dagegen die
Verkehrs-Engpässe der wachsenden Stadt nicht lösen, sagte er der taz: „Die
S-Bahn wird die Tram nicht ersetzen, sie soll sie ergänzen.“
Das hatten auch [6][die Verkehrsgutachten] ergeben, auf deren Grundlage die
Entscheidung des Stadtrats pro Stadtbahn fiel. Denn S-Bahn und Stadtbahn
hätten unterschiedliche Funktionen, heißt es dort: „Während die Stadtbahn
zu einer Verbesserung des ÖPNV-Angebotes in der Innenstadt beiträgt,
richtet sich das S-Bahn-Angebot an die Umlandgemeinden, um vor allem für
Pendler*innen eine Alternative zum Auto zu schaffen.“
Auch mehr Busse fahren zu lassen, wie Derkowski vorschlägt, ist nach den
Ergebnissen des Verkehrsgutachtens nicht so einfach, „weil die Kapazitäten
weitgehend ausgeschöpft sind. Schon jetzt stehen zu Stoßzeiten an einigen
Haltestellen mehrere Busse der gleichen Linie hintereinander und trotzdem
finden nicht alle Fahrgäste Platz.“
Es müsse also nicht Tram oder S-Bahn, sondern Tram und S-Bahn heißen,
findet Stefan Barkleit, Vorsitzender des Fahrgast-Verbands Pro Bahn:
„Insbesondere die Pläne für eine Umsteigestation am Steenbeker Weg begrüßen
wir ausdrücklich.“ Mit der geplanten Verknüpfung von Stadtbahn und
Regio-S-Bahn hätten Regionalbahn-Betreiber Nah.SH und die Stadt Kiel
bereits „gut vorgelegt“.
3 Nov 2025
## LINKS
DIR [1] /Kiel-will-Migrantinnen-zur-Wahl-bewegen/!6066857
DIR [2] /Schleswig-Holsteins-SPD-im-Vorwahlkampf/!6098667
DIR [3] /Verkehrswende-trifft-auf-Widerstand/!6073293
DIR [4] https://tram-kiel.de/news/analyse-wahlpruefsteine-2025/
DIR [5] /Kampagne-gegen-Kieler-OB-Kandidadaten/!6121962
DIR [6] https://www.kiel.de/de/umwelt_verkehr/_stadtbahn_faq.php
## AUTOREN
DIR Esther Geisslinger
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