# taz.de -- Volksbegehren „Berlin werbefrei“: Wie dunkel darf’s denn sein?
> Die Initiative „Berlin Werbefrei“ möchte Außenwerbung stärker regulieren.
> Der Senat macht bei einer Anhörung klar, wie wenig er von ihren Plänen
> hält.
IMG Bild: Auch die Initiative wirbt – für Werbefreiheit
Berlin Die Initiatior:innen des Volksbegehrens [1][Berlin Werbefrei]
haben am Montag bei einer Anhörung im Stadtentwicklungsausschuss des
Abgeordnetenhauses ihren Gesetzentwurf vorgestellt – und verteidigt. Ihr
Anliegen ist es, Außenwerbung im öffentlichen Raum stärker zu regulieren
und damit negative Folgen für das Stadtbild, die Verkehrssicherheit und die
Umwelt zu reduzieren. Insbesondere digitale Werbemonitore sorgten für eine
„optische Dominanz im öffentlichen Raum“ und gehörten deshalb verboten, so
Sarah Mohs von der Initiative.
Erst im August hatte der Senat [2][den Gesetzentwurf als rechtlich zulässig
anerkannt], ganze sieben Jahre nachdem die Initiative 32.456 gültige
Unterschriften für ein Volksbegehren eingereicht hatte. Nach einer
Ablehnung durch die Landesregierung hatte der Landesverfassungsgerichtshof
der Initiative die Möglichkeit gegeben, ihr Gesetz nachzubessern. Förmliche
Bedenken konnten damit ausgeräumt werden; politisch jedoch lehnen SPD und
CDU das Gesetz weiterhin ab. Nimmt das Abgeordnetenhaus es nicht an, kann
„Berlin Werbefrei“ ab 2026 ein Volksbegehren starten, das schließlich in
einen Volksentscheid münden könnte.
Laut aktueller Rechtslage sind Werbeanlagen grundsätzlich zulässig, [3][sie
dürfen aber das Straßen- oder Ortsbild nicht „verunstalten“] – ein
„unbestimmter Rechtsbegriff“, sagen die Aktivist:innen. Dagegen soll ihr
Gesetz einen „klaren Katalog“ vorgeben, wann Werbung zulässig ist. Geplant
ist das Verbot freistehender Werbeanlagen, von digitalen Werbemonitoren und
Baugerüstwerbung. Erlaubt bleiben soll dagegen die Werbung an Litfaßsäulen
und Haltestellen – mit einem Anteil von 50 Prozent für Veranstaltungs- und
gemeinnützige Werbung – sowie die Werbung an Geschäften.
Einwände gegen die Pläne kamen von Stadtentwicklungssenator Christian
Gaebler (SPD) und Wirtschaftsstaatssekretär Michael Biel. Geabler verwies
auf das bereits existierende Werbekonzept des Landes Berlin und sagte: „Den
grundsätzlichen Ansatz, digitale Werbung und freistehende Werbung zu
verbieten, halte ich für nicht zielführend.“ Biel argumentierte mit
Einnahmeverlusten in Höhe von 300 Millionen Euro und Jobverlusten in der
Kreativbranche. Der SPD-Abgeordnete Matthias Kollatz verwies zudem auf eine
aktuelle Studie, nach der Berlin zu den dunkelsten Städten weltweit zähle.
Zudem sei Licht wichtig für die Sicherheit im öffentlichen Raum.
## Nachteile für großen Werbeunternehmen
Fadi El-Ghazi von Berlin Werbefrei widersprach: Das Werbekonzept des Landes
sei „unverbindlich“ und „keine rechtliche Norm“. Auswüchse von
überbordender Werbung würden damit nicht verhindert, ebenso wenig Werbung
an Hausfassaden, die für Mieter:innen oft monatelange Dunkelheit
bedeute. Auch seien die Einnahmeverluste wesentlich niedriger, maximal 49
Millionen Euro, wie selbst die amtliche Kostenschätzung des Senats
festgestellt hat. Der Rest seien „vermeintliche Mindereinnahmen der
Werbewirtschaft“, die ungeprüft übernommen würden, so El-Ghazi. Auch die
Gefahr des Verlustes von Arbeitsplätzen sieht die Initiative nicht. So
würden Werbekonzepte selten für einen einzigen Kanal entwickelt.
Die Einzigen, die Nachteile durch ihr Gesetz hätten, seien die großen
Werbeunternehmen Ströer und WallDecaux. Für El-Ghazi ist das verkraftbar:
„Die sind nachteilig zu behandeln gegen die Interessen der Menschen in
unserer Stadt.“ Kompromissbereit zeigte sich die Initiative gleichwohl.
Würden Maßnahmen wie Dimmung und nächtliches Abschalten gesetzlich
festgeschrieben, könnte auf ein generelles Verbot digitaler Werbetafeln
verzichtet werden. Doch nach einem Kompromiss mit dem Senat, wie es jüngst
den Initiator:innen des Baumentscheids gelang, sieht es derzeit nicht
aus.
10 Nov 2025
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## AUTOREN
DIR Erik Peter
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