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       # taz.de -- Film „The Big Short“ und die KI-Bubble: Manchmal sehen wir Blasen
       
       > Der Hedgefondsmanager Burry wettet 1,1 Milliarden Dollar gegen die KI.
       > Vor der Finanzkrise 2008 lag er richtig, wie der Film „The Big Short“
       > erzählt.
       
   IMG Bild: Graziös schweben Blasen vor sich hin – und wenn sie platzen, verlieren wir alles
       
       Jeder mag Außenseiter. Den Hedgefondsmanager Michael Burry spielt Christian
       Bale als solchen. Etwa wenn er zu Mastodon- und Metallica-Songs mit
       Drumsticks in den Händen ellenlange Listen wertloser Anleihen untersucht,
       Cargoshorts und Birkenstocks tragend im New Yorker Büro sitzt, wo sonst
       Anzüge dominieren, oder in einem Bewerbungsgespräch bei seinem Hedgefonds
       „Scion Asset Management“ über die Indikatoren eines Marktkollapses
       monologisiert und dabei erst sein Glasauge und dann seine Füße reibt.
       
       Der echte Michael Burry erkannte Mitte der 2000er eigenhändig die
       Immobilienblase und sah somit die US-Immobilienkrise vorher, aus der die
       Weltwirtschaftskrise 2008 folgte. „The Big Short“ von Regisseur Adam McKay
       handelt von Burrys erfolgreicher Wette gegen den US-Immobilienmarkt. Warum
       das interessant ist? Weil wir uns gerade erneut in einer Blase befinden
       könnten. Eine Spekulationsblase gibt es dann, wenn die Preise von Gütern
       absurd höher sind, als es ihr [1][innerer Wert] gewährleistet. Diesmal geht
       es jedoch nicht um Immobilien.
       
       Am 29. Oktober 2025 erreichte der Chiphersteller Nvidia einen
       [2][Börsenwert von fünf Billionen US-Dollar]. Die Firma, deren Chipsysteme
       beim Training künstlicher Intelligenz (KI) eingesetzt werden, hat damit
       einen Rekord aufgestellt. Nicht mal eine Woche später gab Michael Burry
       bekannt, dass er eine 187-Millionen-Dollar-Wette gegen Nvidia platziert
       hatte und eine weitere von 912 Millionen gegen [3][Palantir], ein
       Unternehmen, das KI-gestützte Überwachungssoftware herstellt. Das macht
       knappe [4][1,1 Milliarden Dollar gegen KI]. Obwohl Burry mit seinen Wetten
       schon mal daneben lag, [5][fielen danach die Kurse einiger KI-Aktien].
       
       ## Platzt der Traum?
       
       Dass es sich beim KI-Boom um eine Blase handele, deutete Burry auf seinem
       [6][X-Account „Cassandra Unchained“] an. Die mythologische Kassandra bekam
       von Apollo die Gabe, Weissagungen zu machen, wurde jedoch dazu verflucht,
       dass ihr niemand glauben würde. Auf X startete Burry außerdem [7][einen
       Beef mit Palantir-CEO Alex Karp], beschuldigte die Silicon Valley Big
       Player [8][des Betrugs] oder postete [9][kryptische Memes]: „Manchmal sehen
       wir Blasen. Manchmal kann man etwas dagegen tun. Manchmal ist es am besten,
       gar nicht erst mitzuspielen.“
       
       Wirtschaft ist ohnehin kryptisch: Begriffe wie „collateralised debt
       obilgation“, „credit default swap“ oder „Triple-A-Anleihen“ machen das
       Thema nicht gerade zugänglicher. Das weiß ich, weil mich diese Kolumne jede
       meiner Gehirnzellen kostet. Und das weiß „The Big Short“, weil der Film
       komplizierte Prozesse durch Sequenzen erklärt, in denen uns hübsche Promis
       wie Selena Gomez, Margot Robbie oder Anthony Bourdain direkt ansprechen:
       „Wann immer du ‚Subprime‘ hörst, denke: Scheiße.“
       
       Stark sind auch die Fragmente US-amerikanischer Popkultur, die in kurzen
       Bild- und Videofolgen eingeblendet werden: Britney Spears, Frauen in
       Rap-Videos, Fastfood, iPhones. Die Ausschnitte werden später durch
       dokumentarische Aufnahmen von Obdachlosencamps, unbezahlter Rechnungen und
       Essen-Coupons ersetzt.
       
       „The Big Short“ beginnt mit einem Zitat von Mark Twain: „Nicht das, was du
       nicht weißt, bringt dich in Schwierigkeiten, sondern das, was du sicher zu
       wissen glaubst, obwohl es gar nicht wahr ist.“ Was wir gerade sicher zu
       wissen glauben: KI wird jeden Aspekt unserer Zukunft beeinflussen, unsere
       Jobs klauen und diese auch noch besser erledigen als wir. Obwohl es – nicht
       nur wegen Burrys Wette – [10][Grund zum Zweifel] daran gibt, haben uns
       KI-Firmen [11][ihren Traum] verkauft und ihren Marktwert immer weiter
       aufgebläht. Platzt der Traum, könnte die Blase es auch tun.
       
       12 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.gabler-banklexikon.de/definition/innerer-wert-58851
   DIR [2] https://www.reuters.com/business/nvidia-poised-record-5-trillion-market-valuation-2025-10-29/
   DIR [3] /Dobrindts-Flirt-mit-Palantir/!6104150
   DIR [4] https://fortune.com/2025/11/05/michael-burry-1-billion-short-ai-stocks-markets/
   DIR [5] https://www.ft.com/content/cc6e62a9-b901-4e1d-befa-ed304947f525
   DIR [6] https://x.com/michaeljburry
   DIR [7] https://stocktwits.com/news-articles/markets/equity/michael-burry-fires-back-at-palantir-ceo-alex-karp-over-ai-short-jab/cLPc4HGREcZ
   DIR [8] https://x.com/michaeljburry/status/1987918650104283372
   DIR [9] https://x.com/michaeljburry/status/1984067754270319052
   DIR [10] https://futurism.com/ai-agents-failing-companies
   DIR [11] https://fortune.com/2025/05/29/billionaire-nvidia-ceo-jensen-huang-ai-replace-jobs-if-technology-not-embraced/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Valérie Catil
       
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