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       # taz.de -- Zuwanderung aus Südosteuropa: Wie die SPD den Sozialbetrug im Ruhrgebiet stoppen will
       
       > Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas will gegen organisierten
       > Sozialleistungsmissbrauch vorgehen. Und damit die Stadtbild-Debatte des
       > Kanzlers „versachlichen“.
       
   IMG Bild: Endlich wieder Rassismus versachlichen, so oder so ähnlich möchte Bärbel Bas das „Problem“ im Stadtbild lösen
       
       taz | Mitten in der Debatte um die als rassistisch kritisierten
       „Stadtbild“-Aussagen von [1][Kanzler Friedrich Merz] hat SPD-Chefin
       [2][Bärbel Bas] ein härteres Vorgehen gegen organisierten Sozialmissbrauch
       vor allem aus Südosteuropa gefordert. „In Großstädten, aber auch in
       kleineren Kommunen“ gebe es „bandenmäßige Strukturen“, die gezielt Menschen
       nach Deutschland lockten, um bei geringfügiger Arbeit Sozialleistungen zu
       beantragen, erklärte die Bundesarbeitsministerin nach einer Konferenz mit
       15 Kommunen in ihrer Heimatstadt Duisburg.
       
       Durch Hintermänner mit teilweise gefakten Mini-Job-Verträgen präpariert,
       würden dann Sozialleistungen wie aufstockende Grundsicherung oder
       Kindergeld beantragt – auch von „Menschen, die nicht mit dem Ziel der
       Arbeitsaufnahme kommen“, klagte Bas am Montagmittag bei einer
       Pressekonferenz im Duisburger Rathaus.
       
       Gerade im Ruhrgebiet klagen Oberbürgermeister:innen wie der
       Duisburger Sozialdemokrat [3][Sören Link] seit Jahren über
       Armutsmigrant:innen vor allem aus Rumänien und Bulgarien. Die würden
       in ihre von Deindustrialisierung und Wegzug geprägten Städte gelockt und
       dort unter oft menschenunwürdigen Umständen in abrissreifen Immobilien
       untergebracht. Er sei „für soziale Gerechtigkeit“, hatte Link dazu etwa im
       NRW-Kommunalwahlkampf gesagt, habe aber „keine Lust, verarscht und
       beschissen zu werden.“
       
       Auch Gelsenkirchens scheidende Oberbürgermeisterin Welge klagte schon im
       vergangenen Jahr, die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU habe sich zu
       einer „Sozialleistungsfreizügigkeit“ verwandelt. Ihre knapp 270.000
       Einwohner:innen zählende Stadt sei mit der Integration von etwa 12.000
       dort lebenden Menschen aus Rumänien und Bulgarien überfordert und zum
       „Kollateralschaden“ der EU-Osterweiterung geworden.
       
       ## Hausaufgaben für die Minister
       
       In Duisburg und Gelsenkirchen gilt die extrem rechte AfD als stark. Ihre
       Kandidaten verloren jedoch den Kampf um die Rathäuser in den Stichwahlen
       klar: Für den Duisburger Link entschieden sich 78 Prozent, für die
       Gelsenkirchenerin Andrea Henze mehr als 66 Prozent der Wähler:innen.
       
       Oberbürgermeister Link sagte bei der Pressekonferenz mit Bas, Deutschland
       brauche „Zuwanderung von Fachkräften, aber keine Zuwanderung in die
       Sozialsysteme“. Fälle, bei denen mit einem Minijob-Verdienst von 200 Euro
       „mehr als 2.000 Euro Sozialleistungen“ gezahlt würden, machten „deutlich,
       wo das Geschäftsmodell liegt“. Er sei SPD-Chefin Bas „dankbar“, dass diese
       auf ein Vorgehen der Bundesregierung dränge.
       
       Konkret kündigte Bas an, prüfen zu wollen, ob aufstockende Sozialleistungen
       erst ab einer Wochen-Arbeitszeit von mindestens 20 Stunden gezahlt werden
       können – schließlich hätten bei der Konferenz auch Städte wie Hamburg,
       München, Stuttgart oder Mannheim über organisierten Sozialleistungsbetrug
       geklagt. In die Pflicht nehmen will die SPD-Chefin außerdem ihre
       Kabinettskolleg:innen: SPD-Bundesjustizministerin Stefanie Hubig solle
       prüfen, ob Sozialversicherungs-Missbrauch als „eigener Straftatbestand ins
       Strafgesetzbuch“ aufgenommen werden könne – und ihr SPD-Co-Parteichef,
       Finanzminister Lars Klingbeil, schärfer gegen Schwarzarbeit vorgehen.
       
       ## Bas will keinen Stadtbild-Gipfel
       
       SPD-Bauministerin Verena Hubertz könne gegen Ausbeutung von
       Migrant:innen durch Unterbringung in überteuerten Schrottimmobilien
       vorgehen – etwa, in dem Städten bei Zwangsversteigerungen ein Vorkaufsrecht
       eingeräumt wird. Nötig sei auch ein besserer Datenabgleich staatlicher
       Behörden wie Einwohnermeldeämtern, den Arbeitsagenturen und Job-Centern –
       so könnte erkannt werden, ob Sozialleistungsbezieher überhaupt noch in
       Deutschland leben. Das sei „ eine Aufgabe für den Digitalminister“, sagte
       Bas. Und um Kindergeldbetrug einzudämmen, brauche es „die Länder“, die
       müssten melden, wenn Kinder nicht mehr in der Schule auftauchen.
       
       Bas und Link betonten, ihre Vorschläge seien ein Beitrag zur Versachlichung
       der Stadtbild-Debatte. Die sei „ein Schlag ins Gesicht vieler“, erklärte
       Oberbürgermeister Link. „Es würde von der Größe des Kanzlers zeugen, wenn
       er diese übertriebenen Aussagen zurücknehmen würde.“
       
       Merz habe „viele Menschen auch in der SPD-Fraktion, verletzt“, sagte Bas.
       Einen „Stadtbild“-Gipfel im Kanzleramt wie einige ihrer Genossen forderte
       Bas allerdings nicht. Stattdessen war die SPD-Chefin um Deeskalation
       bemüht. Der Kanzler habe seine Aussagen schließlich mittlerweile
       „differenziert“, so die Arbeitsministerin.
       
       Und „Probleme“, sagte Bas in Duisburg, die sehe sie in Bezug auf Migration
       in Teilen eben auch. „Deshalb bin ich hier.“
       
       27 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Wyputta
       
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