# taz.de -- Deutschland in der Krise: Wirtschaft wächst seit sechs Jahren nicht
> Die Konjunktur stagnierte im Sommer, die Herbstbelebung auf dem
> Arbeitsmarkt bleibt aus. Der DGB übt scharfe Kritik an der
> Bundesregierung.
IMG Bild: Läuft nicht: Volkswagen fuhr im Sommer einen Verlust von einer Milliarden Euro ein
Deutschland kommt nicht aus der Krise. Die [1][hiesige Wirtschaftleistung]
hat in diesem Sommer stagniert, teilte das Statistische Bundesamt am
Donnerstag mit. Zuvor war sie im Frühjahr sogar leicht um 0,3 Prozent
gesunken. Damit ist die deutsche Wirtschaft seit sechs Jahren nicht mehr
gewachsen. Insbesondere die einst starke Exportwirtschaft macht Sorgen. Der
Wert der Ausfuhren sank allein im August um 0,7 Prozent.
Die lange Konjunkturflaute macht sich mittlerweile immer mehr auf dem
Arbeitsmarkt bemerkbar. Die sonst übliche Belebung im Herbst im Oktober
fiel weitgehend aus. Die Arbeitslosenzahlen sanken im Vergleich zum
September nur leicht um 44.000 auf 2,911 Millionen Menschen. „Die
Beschäftigungsentwicklung bleibt schwach, und die Nachfrage nach neuen
Mitarbeitern ist nur gering“, erklärte die Chefin der Bundesagentur für
Arbeit, Andrea Nahles.
Angesichts dieser Entwicklung wird der Widerstand der Gewerkschaften gegen
die Reformagenda der schwarz-roten Bundesregierung lauter. „Wer für
Arbeitslose und Arbeitssuchende Leistungen streichen und das soziale Netz
löchriger machen will, tut nichts für Arbeitsplätze, sondern schürt nur
Ängste vor dem sozialen Abstieg“, kritisiert DGB-Vorstandsmitglied Anja
Piel die härteren Regeln bei der Grundsicherung. Gerade in unsicheren
Zeiten müssten Arbeitnehmer*innen sich darauf verlassen können, beim
Verlust ihres Jobs gut abgesichert zu sein.
Experten gehen davon aus, dass sich an der [2][konjunkturellen Lage] dieses
Jahr nicht mehr viel ändern wird. So rechnen etwa das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) sowie das gewerkschaftsnahe Institut für
Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) mit einem marginalen Wachstum
für das Gesamtjahr 2025 von nur 0,2 Prozent. Die Hoffnung ist, dass das
beschlossene 500 Milliarden schwere Investitionspaket nächstes Jahr seine
Wirkung entfalltet und die Konjunktur ankurbelt.
## Industrie produziert weniger
Die Konjunktur bleibe „schwach“, warnt Silke Tober vom IMK. „Die Stagnation
des deutschen Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal und die rückläufige
Industrieproduktion sind Warnsignale“, so die Ökonomin. Auch das DIW ist
bezüglich der gegenwärtigen Lage noch skeptisch: „Die Exportindustrie
schwächelt angesichts der feindseligen US-Handelspolitik, dem starken
Wettbewerb mit China und der insgesamt hinkenden Weltwirtschaft“, teilte
das DIW mit.
Diesen Gegenwind spürt derzeit vor allem die Automobilindustrie. Auch
vergangenes Jahr waren Kraftfahrwagen und Kraftwagenteile mit einem Wert
von 264 Milliarden Euro Deutschlands wichtigstes Exportgut. Doch bei den
[3][Autobauern] macht sich bemerkbar, dass sie zu lange die Antriebswende
verschlafen haben. Volkswagen fuhr im Sommer einen Verlust von einer
Milliarde Euro ein. Bei Mercedes sackte der Gewinn um fast 31 Prozent von
1,71 Milliarden Euro auf 1,19 Milliarden Euro ab. Besonders in China und
den Vereinigten Staaten merken die Stuttgarter Autobauer, dass ihre Autos
nicht mehr gefragt sind. Hier sank ihr Absatz allein im Sommer um rund 27
Prozent auf 125.100 Autos.
Angesichts dieser Lage hält die Ökonomin Tober für falsch, dass die
Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen in der Eurozone nicht weiter
gesenkt hat. Am Donnerstag entschied der EZB-Rat das dritte Mal in Folge,
den Leitzins unverändert bei 2,0 Prozent belassen. „Die Europäische
Zentralbank hat erneut die Chance vertan, ihren Zinssenkungsspielraum zu
nutzen. Die Inflation ist unter Kontrolle und dürfte im kommenden Jahr in
Deutschland und im Euroraum unter dem EZB-Ziel von zwei Prozent liegen“, so
Tober.
Dabei würden niedrigere Zinsen die Konjunktur der Eurozone beleben, weil
Banken diese in Form von günstigeren Krediten an Unternehmen sowie private
Haushalte weitergeben. So herrscht nicht nur in der hiesigen Wirtschaft
Flaute. Auch in Italien etwa stagnierte die Wirtschaft zuletzt. Insgesamt
verzeichnete das EU-Statistikamt Eurostat für die gesamte Eurozone ein
marginales Wachstum von 0,2 Prozent im Sommer.
31 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Simon Poelchau
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