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       # taz.de -- Sudanesisch-libysche Beziehungen: Hametti und Haftar, zwei Warlords im Aufwind
       
       > Die RSF-Miliz in Sudan und die LNA-Parallelregierung in Libyen arbeiten
       > zusammen gegen ihre Regierungen. Sie haben mächtige Freunde in Moskau und
       > Dubai.
       
   IMG Bild: Beste Freunde und Versteher von Gewalt und Vertreibung, hier ohne Hametti
       
       Die Miliz RSF (Rapid Support Forces) hat [1][die Stadt El Fasher in Darfur]
       eingenommen und damit nach anderthalb Jahren Belagerung das militärische
       Patt im Krieg gegen Sudans Armee zu ihren Gunsten gebrochen. Nun
       kontrolliert die Miliz im Westen Sudans ein Gebiet von der Größe
       Frankreichs.
       
       Darfurs Reichtum an Gold und fruchtbaren Böden hat RSF-Anführer Mohamed
       Daglo Hamdan, genannt Hametti, zum gefragten Verbündeten der Vereinigten
       Arabischen Emirate und dem libyschen Feldmarschall Haftar gemacht, der mit
       seiner LNA (Libysche Nationalarmee) den Osten Libyens beherrscht. Hametti
       und Haftar bekämpfen beide die international anerkannten Regierungen ihrer
       Länder. Im Sommer setzte diese Allianz einen gut vorbereiteten Plan um, der
       nun in die Eroberung von El Fasher mündete.
       
       Augenzeugen berichteten bereits von massiven Konvois, die sich vom
       Flughafen der südlibyschen Wüstenoase Kufra in Richtung [2][des
       Almuthallath genannten Dreiländerecks von Libyen, Ägypten und Sudan]
       bewegen. Die offenbar nagelneuen Toyota Pick-ups und Luftabwehrgeschütze
       waren mit Iljuschin-76-Transportmaschinen aus den Vereinigten Arabischen
       Emiraten eingeflogen worden. An den riesigen Flugzeugen fehlten zwar die
       Hoheitszeichen, aber Experten von ItalMilRadar und
       Menschenrechtsorganisationen verfolgen schon seit Jahren deren regelmäßigen
       Flugrouten zwischen Dubai und Flughäfen im Osten Libyens und Tschad und
       bestätigen die Angaben.
       
       ## Waffen nach Sudan, Gold nach Libyen
       
       Das Center for Information Resiliance (CIR) hat zudem Beweise für ein
       Trainingscamp der RSF in der Nähe von Kufra gefunden. Aufnahmen von
       RSF-Kämpfern zeigen Fahrzeuge, mit denen in Südlibyen trainiert wurde und
       die später bei den RSF-Angriffen auf das Flüchtlingslager Zamzam am
       Stadtrand von El Fasher im vergangenen April im Einsatz waren, Vorbote der
       Einnahme der Stadt selbst.
       
       Seitdem wurden immer wieder Angriffe aus Libyen gestartet. Seit der
       Einnahme der sudanesischen Seite des Dreiländerecks durch die RSF herrscht
       an der sowieso nur auf Landkarten, nicht aber in der Realität sichtbaren
       Grenze zu Libyen reger Verkehr. Libysche Quellen aus Kufra berichten der
       taz, dass RSF-General Hamdane al-Kajli, der Sicherheitschef von
       RSF-Anführer Hametti, und andere hochrangige Kommandeure der Miliz seit
       Jahresbeginn zwischen Libyen und Darfur pendeln.
       
       Der in Ost- und Südlibyen herrschende Feldmarschall Haftar bestreitet, mit
       Hametti und der RSF zu kooperieren. Denn einer von Haftars wichtigsten
       Verbündeten ist Ägyptens Präsident al-Sisi. Die ägyptische Armee steht in
       Sudan an der Seite der Regierungsarmee und bildet dessen Offiziere aus.
       
       Die vielfach dokumentierten emiratischen Waffenlieferungen an die RSF über
       Kufra und an Haftars Armee über den Flughafen Al Khadim verletzt gleich
       zwei Waffenembargos. Doch für Berlin und andere westliche Hauptstädte sind
       die Emirate ein Partner. Die offen gegen den politischen Islam auftretenden
       Scheichs haben ihre Beziehung zu Israel im Rahmen der Abraham-Abkommen
       normalisiert. Die Hälfte des kanadischen Rüstungsexports ging letztes Jahr
       an den Golf, bei der Recherche zu RSF-Waffenquellen habe man auch
       kanadische Waffen gefunden, so ein CIR-Mitarbeiter. Wie die
       Menschenrechtsaktivisten in Südlibyen, mit denen die taz sprach, möchte er
       anonym bleiben.
       
       Das emiratisch-libysch-sudanesische Netzwerk kontrolliert nicht nur die
       Nachschubrouten von Bengasi nach Darfur. In entgegengesetzte Richtung wird
       auf den Ladeflächen der Toyota Pick-ups Gold nach Libyen gebracht und in
       Lastwagen Vieh und landwirtschaftliche Produkte transportiert.
       
       Im wüstenartigen Grenzgebiet zwischen Libyen und Tschad schuften Migranten
       in den provisorischen Schächten der Goldgräberstädte, die dort seit 2014
       entstanden sind. Sudanesische Experten wurden dort angeheuert, wegen ihrer
       jahrzehntelangen Erfahrung in den Goldminen Darfurs, die jetzt unter
       RSF-Kontrolle stehen.
       
       Sollte die RSF ihre Macht über Darfur langfristig festigen können,
       kontrollieren Haftars LNA und Hamettis RSF zwei riesige autonome Gebiete.
       Im sogenannten libyschen Ölhalbmond südwestlich von Bengasi liegen einige
       der größten Öl- und Gasvorkommen Afrikas, zudem werden dort wie in Darfur
       viele noch unangetastete Goldvorkommen vermutet.
       
       ## Ungewöhnliche Allianzen
       
       Dieser Reichtum, der aus Sicht vieler westlicher Beobachter irrelevanten
       Region, hat weitere ungewöhnliche Allianzen geschaffen. Am Montag landete
       erstmals seit dem Sturz der Assad-Diktatur in Syrien Ende 2024 wieder eine
       Militärmaschine der russischen Luftwaffe aus Syrien im libyschen Al Khadim.
       Gestartet war die Antonow auf der russischen Luftwaffenbasis Khmeimim im
       syrischen Latakia.
       
       Seit Jahren nutzt Russland Libyen als Basis für Afrika-Einsätze seiner
       Söldner, an den Goldminen Südlibyens und in Darfur verdiente der
       Sicherheitsdienstleister Wagner mit. Haftars Armee ist mit russischen
       Waffen ausgerüstet, dieser Bruch des auch für die LNA geltenden
       Waffenembargos gegen Libyen wird von UN-Experten immer wieder kritisiert,
       aber in Europa wenig beachtet.
       
       Denn Haftar ist auch einer der wichtigsten Partner bei der
       [3][Flüchtlingsabwehr in Nordafrika]. Vor zehn Jahren war es noch die RSF
       in Sudan, die als damalige Grenztruppe von Sudans Militärregime die
       Flüchtlingsrouten vom Horn von Afrika aus über Sudan Richtung Libyen und
       das Mittelmeer abriegelte und dafür europäische Finanzhilfe erhielt. Nun
       hat der RSF-Krieg Millionen Sudanesen in die Flucht getrieben, die Behörden
       im ostlibyschen Bengasi haben mehr als eine Million registriert. Haftars
       Armee soll sie und auch die vielen nach einer besseren Zukunft suchenden
       Ägypter davon abhalten, per Boot nach Europa zu kommen. Regelmäßig kommen
       auch Delegationen der US-Armee zu Haftar, sie sehen den Feldmarschall als
       Partner gegen die erstarkenden islamistischen Milizen in der Sahara.
       
       31 Oct 2025
       
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