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       # taz.de -- Britisches Königshaus und Andrew: Bald ohne Prinzenrolle
       
       > König Charles setzt seinen Bruder vor die Tür. Der einstige Vertraute von
       > Jeffrey Epstein darf sich künftig nur noch Andrew Mountbatten Windsor
       > nennen.
       
   IMG Bild: Schon damals war die Stimmung zwischen Prinz Andrew und König Charles schlecht
       
       London/Windsor dpa | Mit der öffentlichen Degradierung von Prinz Andrew
       versucht die britische Monarchie einen Schlussstrich unter einen der
       größten Skandale ihrer modernen Geschichte zu ziehen. König Charles III.
       habe ein formelles Verfahren eingeleitet, um seinem Bruder [1][alle
       verbliebenen Titel und Ehren zu entziehen,] teilte der Buckingham-Palast am
       Mittwochabend mit.
       
       Der 65-Jährige soll fortan nur noch als Andrew Mountbatten Windsor
       firmieren und das luxuriöse Anwesen Royal Lodge räumen. Es ist ein tiefer
       Fall für den Royal, der einst als Lieblingssohn der Queen galt und wegen
       seiner Verwicklung in den Missbrauchsskandal um Sexualstraftäter Jeffrey
       Epstein in Verruf geriet.
       
       Ein Blick in britische Medien zeigt, dass die Causa Andrew historische
       Dimensionen angenommen hat. „Dies ist die schärfste mir bekannte Maßnahme
       gegen ein Mitglied der königlichen Familie“, sagte etwa die frühere
       BBC-Korrespondentin Jennie Bond dem Sender Sky. In der Boulevardpresse ist
       von einer „öffentlichen Demütigung“ die Rede, von einer „Sensation“ für die
       Geschichtsbücher – und bei Sky von einer „ultimativen Sanktion“ des
       Palasts.
       
       ## Andrew fällt tiefer und tiefer
       
       Auch wenn der Entzug des Prinzen-Titels überraschend kommt: Medien wie die
       BBC und die Nachrichtenagentur PA berichteten, dass Andrew keine Einwände
       gegen die Entscheidung des Königs gehabt haben soll. Zu offenkundig schien
       wohl die Gefahr, dass der Epstein-Skandal die Königsfamilie gar nicht mehr
       loslässt – zu groß war der öffentliche Druck, [2][nachdem die kürzlich
       veröffentlichten Memoiren von Epstein-Opfer Virginia Giuffre weitere
       schockierende Details zum Missbrauch Dutzender Frauen und Mädchen ans
       Tageslicht gebracht hatten.]
       
       Dreimal sei sie zum Sex mit Andrew genötigt worden, schrieb die
       US-Amerikanerin – als 17-Jährige in London, ein weiteres Mal in Epsteins
       Anwesen in New York und dann nochmals auf dessen privater Karibikinsel bei
       einer Gruppensex-Orgie mit dem schwerreichen Finanzier und acht weiteren
       Mädchen, die kaum oder kein Englisch sprachen. Obwohl Andrew die Vorwürfe
       bis heute strikt zurückweist, ließ er sich 2022 bei einer Zivilklage
       Giuffres auf einen wohl millionenschweren Vergleich ein. Im April dieses
       Jahres nahm die 41-Jährige sich schließlich das Leben.
       
       Dass Andrew kurz vor dem Verkaufsstart des Skandalbuchs seinen Titel als
       Herzog von York niederlegte und auf weitere Titel und Ehrungen verzichtete,
       half ihm am Ende nicht. Zu tief war er in den Sog der Schlagzeilen um den
       Missbrauchsring des Multimillionärs Epstein geraten, zu dem er vor dessen
       Festnahme und Suizid im Gefängnis eine enge Freundschaft pflegte.
       
       ## Auszug aus der Luxus-Lodge
       
       Dass Andrew bald seine Umzugskartons packen und aus dem piekfeinen
       Staatsdomizil Royal Lodge nahe Schloss Windsor ausziehen muss, zeichnete
       sich in den letzten Tagen bereits ab. Nicht wenige Briten fragten sich, wie
       er sein Leben in der Edelimmobilie mit 30 Zimmern finanziert, die er mit
       Ex-Frau [3][Sarah „Fergie“ Ferguson] bewohnt. Die „Times“ meint die Antwort
       zu kennen – und berichtete kürzlich unter Berufung auf den Pachtvertrag,
       dass Andrew dort praktisch keine Miete zahlt, sondern nur den symbolischen
       Betrag eines „Pfefferkorns“. Die öffentliche Entrüstung darüber gab es
       gratis dazu.
       
       Auch dieser Pachtvertrag ist nun Geschichte, Andrew werde in eine andere
       Privatunterkunft ziehen, heißt es in der Stellungnahme des Palasts.
       Medienberichten zufolge wird er künftig in einem Haus auf dem privaten
       Landsitz Sandringham in der englischen Grafschaft Norfolk wohnen. Die
       Kosten dafür trägt demnach der König. Umziehen soll Andrew wohl so bald wie
       möglich.
       
       ## Ist die Causa Andrew nun ausgestanden?
       
       Zwar wird in der Erklärung des Palasts der Form halber erwähnt, dass Andrew
       „die gegen ihn erhobenen Vorwürfe weiterhin bestreitet“. Allerdings lassen
       sich die Schlussworte auch so lesen, dass es dem Adelsspross aus Sicht der
       königlichen Familie vielleicht an Schuldbewusstsein mangelte. Zumindest ist
       bekannt, dass das Ende einer Botschaft meist am stärksten nachhallt. So
       bleibt der Satz: „Ihre Majestäten möchten klarstellen, dass ihre Gedanken
       und ihr tiefstes Mitgefühl den Opfern und Überlebenden jeglicher Form von
       Missbrauch gelten und auch weiterhin gelten werden.“
       
       Ob die Öffentlichkeit sich damit zufriedengeben wird? Zumindest darf
       bezweifelt werden, dass die Kritik an Andrew und seinen verbliebenen
       Privilegien abrupt verstummt. So stammt das private Vermögen des Königs,
       mit dem Andrews künftige Wohnsituation geregelt wird, letztlich aus
       Quellen, die ihm der Staat zur Verfügung stellt. Berichten zufolge wird
       Charles (76) zudem weiter eine angemessene private Versorgung für seinen
       jüngeren Bruder sicherstellen.
       
       Der [4][Autor und Royal-Schreck Andrew Lownie] rechnet fest mit weiteren
       Turbulenzen. Der Palast ergreife zwar endlich „entschiedene Maßnahmen“,
       werde aber „die Unruhe in der Öffentlichkeit nicht vollständig besänftigen“
       können, sagte Lownie der BBC. Für Andrew sei das Ganze ohne Frage eine
       „große Demütigung“, sagte der Autor, der erst kürzlich ein Buch mit dem
       Titel „Entitled – The Rise and Fall of the House of York“ (etwa:
       Privilegiert – Der Aufstieg und Fall des Hauses York) veröffentlicht hatte.
       
       ## Was geschieht mit „Fergie“ und den Töchtern?
       
       Die letzten Reste des königlichen Lebens sind für Andrew dahin – aber was
       wird aus seiner Familie? Als er seinen Titel als Herzog von York aufgab,
       verlor auch Ex-Frau „Fergie“ ihren Titel als Herzogin. Sie trägt seither
       nur noch ihren Mädchennamen – und muss nun ebenfalls ausziehen.
       
       Hinsichtlich ihrer Wohnsituation wird die 66-Jährige nach Informationen der
       Deutschen Presse-Agentur ihre eigenen Vorkehrungen treffen, während die
       beiden Töchter Beatrice (37) und Eugenie (35) weiterhin als Prinzessinnen
       firmieren. Britische Medien sind sich sicher: Der Status der beiden
       Queen-Enkelinnen dürfte bei den Verhandlungen um seine Zukunft ein
       wichtiger Punkt für Andrew gewesen sein, denn so behält er zumindest noch
       die Zehenspitze im Königshaus.
       
       Die Thronfolge bleibt von der Entscheidung des Königs indes unberührt:
       Andrew bleibt weiter die Nummer acht.
       
       ## Giuffres Familie will Kampf fortsetzen
       
       [5][Virginia Giuffres Familie] wertete den für Andrew schmerzhaften Verlust
       all seiner Titel und Rechte als nachträglichen Sieg der Verstorbenen.
       Giuffre habe „mit ihrer Wahrheit und ihrem außergewöhnlichen Mut einen
       britischen Prinzen zu Fall gebracht“, teilten die Hinterbliebenen der BBC
       zufolge in einer Erklärung mit. Dennoch werde die Familie ihren Kampf
       fortsetzen – und nicht ruhen, bis alle zur Rechenschaft gezogen worden
       seien, „die mit Jeffrey Epstein und (seiner Komplizin) Ghislaine Maxwell in
       Verbindung stehen“.
       
       31 Oct 2025
       
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