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       # taz.de -- Hurrikan Melissa in der Karibik: Verwüstungen durch Sturm und Regen
       
       > Die UN sprechen von Zerstörungen nie gekannten Ausmaßes, die USA schicken
       > Katastrophenhelfer. Ökonom warnt davor, die EU-Klimaziele aufzuweichen.
       
   IMG Bild: Verwüstung am Strand von Kuba am 30. Oktober
       
       afp/epd | Nach heftigen Verwüstungen durch Hurrikan „Melissa“ in der
       Karibik ist die Zahl der Toten auf rund 50 gestiegen. Allein im besonders
       stark getroffenen Jamaika wurden nach Angaben von Informationsministerin
       Dana Morris Dixon vom Donnerstagabend (Ortszeit) 19 Todesopfer bestätigt.
       In Haiti wurden 30 Tote gezählt. Mittlerweile steuert „Melissa“ auf die
       Bermudainseln zu.
       
       Dort herrschten am Donnerstagabend tropische Sturmbedingungen. Laut dem
       US-Hurrikanzentrum NHC galt eine Hurrikanwarnung mit maximalen
       Windgeschwindigkeiten von 155 Stundenkilometern. Die Regierung forderte die
       Einwohner auf, Vorsichtsmaßnahmen gegen den immer noch starken Sturm zu
       ergreifen.
       
       In Kuba, Jamaika, Haiti und der Dominikanischen Republik sei weiterhin mit
       Überschwemmungen zu rechnen, erklärte das NHC. Für die Bahamas wurde ein
       Rückgang der Überflutungen erwartet.
       
       „Melissa“ hatte Jamaika und Kuba mit enormer Wucht getroffen. Am Dienstag
       traf der Sturm als Hurrikan der höchsten Kategorie 5 in Jamaika auf Land.
       Ministerpräsident Andrew Holness erklärte den Karibikstaat zum
       „Katastrophengebiet“, die Vereinten Nationen sprachen von Zerstörungen in
       nie dagewesenem Ausmaß. Anschließend zog der Wirbelsturm nach Kuba weiter,
       wo er nach den Worten von Präsident Miguel Díaz-Canel „beträchtliche
       Schäden“ anrichtete.
       
       ## 735.000 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden
       
       Sowohl in Jamaika als auch in Kuba waren die Kommunikations- und
       Transportverbindungen weiterhin weitgehend unterbrochen. Im Osten von Kuba
       kämpften sich die Menschen durch überflutete Straßen. Fenster wurden durch
       den Sturm zerschlagen, Stromkabel und Mobilfunkmasten heruntergerissen und
       Dächer und Äste abgerissen. Den Behörden zufolge waren etwa 735.000
       Menschen vor dem Sturm in Sicherheit gebracht worden.
       
       In Haiti verzeichneten die Behörden mindestens 30 Tote durch
       Überschwemmungen, darunter zehn Kinder. 20 Menschen würden noch vermisst.
       Rund 16.000 Menschen befanden sich nach Behördenangaben in Notunterkünften,
       mehr als 1000 Häuser wurden demnach überflutet.
       
       Derweil liefen die Hilfsbemühungen weiter an. Die USA mobilisierten
       Katastrophenhilfeteams und Rettungskräfte, die sich nach Angaben eines
       US-Außenamtsvertreters in der Dominikanischen Republik, Jamaika und den
       Bahamas befanden. Auch nach Haiti war Hilfe auf dem Weg.
       
       US-Außenminister Marco Rubio bezog auch den Rivalen Kuba mit ein und sagte,
       die Vereinigten Staaten seien bereit, den vom Hurrikan betroffenen Menschen
       in Kuba sofortige humanitäre Hilfe zu leisten.
       
       ## Stärkster Sturm seit 90 Jahren
       
       Mit „Melissa“ war in Jamaika erstmals seit 90 Jahren ein Hurrikan mit
       derartiger Stärke auf Land getroffen, wie eine Auswertung von Daten der
       US-Wetter- und Ozeanografiebehörde (NOAA) durch die Nachrichtenagentur AFP
       ergab. Der „Labour Day“-Hurrikan, der 1935 die Inselkette Florida Keys im
       Süden der USA verwüstet hatte, war – wie „Melissa“ – mit 300
       Stundenkilometern und einem minimalen Luftdruck von 892 Millibar auf Land
       getroffen.
       
       [1][Wissenschaftlern zufolge ist der menschengemachte Klimawandel für die
       Intensität des Hurrikans verantwortlich]. Die Erderwärmung erhöhe zudem die
       Wahrscheinlichkeit für Wirbelstürme wie diese um das Vierfache, hieß es am
       Mittwoch in einer Schnellanalyse des Grantham Institute am Londoner
       Imperial College.
       
       Unterdessen zeigt sich der Ökonom Ottmar Edenhofer alarmiert über mögliche
       Rückschritte beim Klimaschutz in der Europäischen Union. „Wenn der
       Emissionshandel verwässert oder der Green Deal ausgebremst wird, verliert
       Europa seine Glaubwürdigkeit und seine beispielgebende Funktion“, sagte der
       Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung dem Evangelischen
       Pressedienst (epd): „Dann haben wir ein Riesenproblem.“
       
       ## Ökonom warnt vor Beschädigung des Emissionshandels
       
       Der Green Deal ist ein Maßnahmenpaket, mit dem Europa bis 2050 klimaneutral
       werden soll. Mehrere Länder, darunter Deutschland, dringen darauf, Vorgaben
       des Planes zu lockern. Unter anderem stellen sie die Ausgestaltung des
       EU-Emissionshandels infrage, weil sie zu hohe CO2-Preise befürchten.
       
       „[2][Der Emissionshandel darf nicht beschädigt werden], denn dank ihm
       konnten in der EU Wirtschaftswachstum und Emissionsausstoß entkoppelt
       werden“, erklärte Edenhofer. Das sei ein sehr bemerkenswerter Erfolg.
       
       Wichtig sei auch, dass die EU wie geplant ab 2026 Klimazölle auf Importe
       erhebt, fügte der Klimaökonom hinzu. Der Zoll soll verhindern, dass
       CO2-intensive Produkte aus Ländern ohne Klimapreis die Märkte
       überschwemmen. Laut Edenhofer entsteht dadurch ein Anreiz auch für andere
       Staaten, einen Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten einzuführen.
       
       Ein gutes Beispiel sei die Türkei, führte Edenhofer aus. Sie exportiere
       große Mengen Stahl und Zement in die EU. „Nun überlegt sie, einen eigenen
       CO2-Preis zu erheben. Denn dann blieben die Einnahmen daraus im eigenen
       Land, anders als bei einem Zoll“, erläuterte der Forscher.
       
       Auch mit Blick auf den UN-Klimagipfel vom 10. bis 21. November im
       brasilianischen Belém ist es laut Edenhofer entscheidend, dass die EU ihre
       klimapolitischen Vorhaben wie geplant umsetzt. „So eine Klimakonferenz ist
       ja auch eine Messe, bei der Lösungen präsentiert werden“, sagte er: „Als
       Signal ist es daher wichtig, dass die EU bei ihrem Green Deal bleibt.“
       
       31 Oct 2025
       
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