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       # taz.de -- Abschaffung des Paragrafen 218 StGB: Frischer Wind aus dem Norden
       
       > Kommt wieder Bewegung in die Debatte über die Legalisierung von
       > Abtreibungen? Zur kommenden Justizminister:innenkonferenz gibt
       > es einen Vorstoß.
       
   IMG Bild: Paragraf 218 durchstreichen: Dazu gibt es jetzt einen neuen Vorstoß aus Mecklenburg-Vorpommern
       
       Es gibt einen neuen Vorstoß zur Entkriminalisierung von
       Schwangerschaftsabbrüchen. Die Justizministerin von Mecklenburg-Vorpommern,
       Jacqueline Bernhardt (Linke), kündigte am Samstag an, einen entsprechenden
       Reformvorschlag kommende Woche in die
       Justizminister:innenkonferenz einzubringen.
       
       Zuletzt war im Februar, noch unter der Ampelkoalition, ein
       fraktionsübergreifender Zusammenschluss von Bundestagsabgeordneten mit der
       Forderung [1][gescheitert], den Schwangerschaftsabbruch neu zu regeln und
       den Paragrafen 218 weitestgehend aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.
       
       „Der Schritt scheint zeitgemäß“, ließ Bernhardt [2][mitteilen].
       Umfangreiche medizinische, rechtliche und [3][sozialwissenschaftliche]
       Betrachtungen würden nahelegen, die Strafbewehrung des
       Schwangerschaftsabbruchs auf den Prüfstand zu stellen, so die
       Landesjustizministerin.
       
       „Mit einer Entkriminalisierung würde auch einer langjährigen Forderung
       gerade von ostdeutschen Frauen Rechnung getragen“, so Bernhardt weiter. In
       der DDR galt die Fristenlösung. Die Übernahme des westdeutschen Rechts
       Anfang der 1990er Jahre bedeutete für ostdeutsche Frauen einen
       [4][Rückschritt ihrer Selbstbestimmung].
       
       ## Offene Türen?
       
       Die Justizminister:innen der Länder beraten am 6. und 7. November in
       Leipzig. Mit einem gemeinsamen Beschluss könnten sie dort
       Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) auffordern, zu prüfen, ob ein
       neuer Gesetzentwurf zur Reform des § 218 StGB vorgelegt werden kann.
       Rechtlich bindend ist ein solcher Beschluss nicht, politisches Gewicht hat
       er aber dennoch.
       
       Sollte sich eine Mehrheit der Länder finden, dürften sie mit ihrem
       Vorschlag bei Hubig selbst offene Türen einrennen. Zur Regelung von
       Abtreibungen sagte diese zuletzt gegenüber der [5][Zeit]: „Für mich
       persönlich hat das Thema im Strafrecht nichts verloren.“ Es seien sehr
       persönliche Entscheidungen, die für die betroffenen Frauen meist
       existenziell seien. Im Interesse der Frauen und vieler Ärzt:innen wäre es
       hilfreich klarzustellen, so Hubig, „dass ein Schwangerschaftsabbruch in den
       ersten drei Monaten nicht rechtswidrig ist.“
       
       Aufbauen könnte ein neuer Gesetzentwurf auf dem bereits ausgearbeiteten
       Entwurf „[6][Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs]“, der Ende 2024 in
       erster Lesung vom Bundestag beraten wurde. Er sieht vor, Abtreibungen in
       den ersten drei Monaten rechtmäßig zu stellen. Darüber hinaus sollen
       Abbrüche nach den ersten drei Monaten nicht mehr im Strafgesetzbuch,
       sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. Die
       Beratungspflicht würde bestehen bleiben, allerdings ohne eine bisher
       bestehende Wartepflicht von drei Tagen zwischen Beratung und Abtreibung.
       
       Abgesehen von [7][vagen Andeutungen im Koalitionsvertrag], gibt es bei der
       schwarz-roten Bundesregierung bisher keine konkreten Anzeichen, dass das
       Abtreibungsrecht zeitnah liberalisiert werden könnte. Grundsätzlich gilt:
       Die Union möchte am Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch festhalten. Damit
       stellen sich CDU und CSU entgegen der klaren Mehrheitsmeinung in
       Deutschland. Eine im April 2024 veröffentlichte, repräsentative
       Bevölkerungsumfrage ergab, dass mehr als [8][80 Prozent der Menschen in
       Deutschland] eine Rechtswidrigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen für falsch
       halten.
       
       2 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Abtreibungsrecht-Keine-Reform-von-Paragraf-218/!6068994
   DIR [2] https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/jm/Aktuell/?id=215413&processor=processor.sa.pressemitteilung
   DIR [3] /Studie-zu-Schwangerschaftsabbruechen/!6103252
   DIR [4] /Autorin-ueber-Abtreibungen-in-der-DDR/!5751178
   DIR [5] https://www.zeit.de/2025/44/stefanie-hubig-bundesjustizministerin-brosius-gersdorf-schwangerschaftsabbruch-gxe/komplettansicht
   DIR [6] /Abschaffung-des-Paragrafen-218/!6045917
   DIR [7] /Kippt-Schwarz-Rot-nebenbei-Paragraf-218/!6098839
   DIR [8] /Umfrage-zu-Abtreibungen-in-Deutschland/!6004352/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Amelie Sittenauer
       
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