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       # taz.de -- FDPler wechselt zu Rüstungsfirma: Vom Verteidigungspolitiker zum Rüstungslobbyisten
       
       > Marcus Faber heuert bei deutscher Tochter des israelischen
       > Rüstungskonzerns Elbit an. Im Bundestag war er Vorsitzender des
       > Verteidigungsausschusses.
       
   IMG Bild: Marcus Faber (FDP) hier im Deutschen Bundestag am 11. September 2024
       
       Nach Ex-Finanzminister Christian Lindner hat ein weiterer FDP-Politiker
       seine Anschlussverwendung in der Wirtschaft gefunden. Marcus Faber, bis zum
       Ausscheiden seiner Partei aus dem Bundestag Abgeordneter aus
       Sachsen-Anhalt, wechselt zum Rüstungshersteller Elbit Systems Deutschland.
       „Seit 1. November bin ich neuer Vice President Political Affairs bei Elbit
       Systems Deutschland“, [1][teilte Faber jetzt auf seinem Instagram-Accout
       mit]. „Bei Elbit arbeite ich als Bindeglied zwischen dem politischen
       Berlin, Brüssel und dem Management des Systemhauses in Ulm. Als Teil der
       Geschäftsleitung berichte ich direkt an den CEO Marian Rachow.“
       
       Der Wechsel mag für FDP-Politiker branchenüblich sein, ist aber doch
       insofern bemerkenswert, als Faber bis zum Ablauf der vergangenen
       Legislaturperiode im Bundestag Vorsitzender des Verteidigungsausschusses
       war. Der Ausschuss kontrolliert die Regierung, befindet aber auch über die
       oft millionenschweren Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr. „Seine
       Beratungen sind oft von hoher Brisanz, deshalb tagt der
       Verteidigungsausschuss hinter verschlossenen Türen“, heißt es auf der
       Bundestagshomepage.
       
       ## Abgeordnete ohne Karenzzeit
       
       Doch anders als für Mitglieder der Bundesregierung gibt es für Abgeordnete
       keine Karenzzeit, die Interessenkonflikte bei einem Seitenwechsel
       („Drehtür-Effekt“) vermeiden soll. So musste sich Ex-Finanzminister Lindner
       [2][seine neue Tätigkeit beim Beratungsunternehmen Teneo] von der
       Bundesregierung genehmigen lassen, da er den neuen Job innerhalb der
       12-Monats-Frist hatte. Für Bundestagsabgeordnete fehlen entsprechende
       Regelungen, was Verbände wie Lobbycontrol oder Abgeordnetenwatch schon
       lange kritisieren.
       
       So bekommt Elbit Systems Deutschland jetzt einen Mitarbeiter mit tiefem
       Einblick in das Beschaffungswesen der Bundeswehr. Der Rüstungshersteller
       gehört zum israelischen Luft-, Raumfahrt- und Elektronikkonzern Elbit
       Systems, der seinen Sitz in Haifa hat. Das Unternehmen stellt Waffen-,
       Kommunikations- und Aufklärungssysteme her. Wegen der Rolle des
       [3][Drohnenherstellers] im Gaza-Krieg gab es weltweit Proteste gegen Elbit
       Systems und seine Tochterunternehmen und Niederlassungen.
       
       ## Funkgeräte für die Bundeswehr
       
       An die Bundeswehr liefert Elbit Systmes schon lange, zum Beispiel
       Funkgeräte. Elbit wirkte beim System „Infanterist der Zukunft“ mit und war
       an der Entwicklung von Selbstschutzsystemen für den
       Airbus-Militärtransporter A400M beteiligt. 2007 kaufte die Firma den
       deutschen Funktechnikhersteller Telefunken Racoms in Ulm. 2018 wurde ein
       Büro in Berlin eröffnet, wegen „der geplanten Ausweitung der Aktivitäten
       auf dem deutschen Markt“.
       
       Seit 2020 firmiert die Firma in Ulm unter dem Namen „Elbit Systems
       Deutschland“, die sich als „Systemhaus für die Bundeswehr“ sieht und
       bewirbt. „In den letzten Jahren habe ich gesehen, wie sich Elbit Systems in
       Deutschland und Europa hervorragend entwickelt hat. Der Ulmer
       Mittelständler hat das Potenzial, unsere Verteidigungsfähigkeit und die
       unserer Partner schnell und effektiv zu stärken“, beschreibt der neue
       Mitarbeiter Marcus Faber das Unternehmen.
       
       ## Kaffee mit Parteifreundinnen
       
       Lobbyismus-Kritiker finden den Wechsel des FDP-Politikers dagegen
       „hochgradig problematisch“, so Timo Lange von der NGO Lobbycontrol. „Faber
       nimmt seine als Abgeordneter erworbenen Kenntnisse über die deutsche
       Verteidigungspolitik und seine Netzwerke mit zu Elbit.“ Der Wechsel sei
       „ein Musterfall der Drehtür“, sagt auch Sarah Schönewolf, Sprecherin von
       Abgeordnetenwatch: „Solche Seitenwechsel untergraben das Vertrauen in die
       Unabhängigkeit der Politik und die Glaubwürdigkeit von Abgeordneten.“
       
       Wie nützlich Fabers politische Kontakte sind, zeigte sich, als er seinen
       neuen Job [4][auf Instagram bekannt gab]. „Viel Erfolg“, wünschte ihm da
       seine Parteifreundin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die seine
       Amtsvorgängerin als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses war und jetzt
       im Europäischen Parlament sitzt. „Danke dir“, antwortete Faber. Und schlug
       dann gleich mal was vor: „Ich bin im neuen Job auch regelmäßig in Brüssel
       und komme gern mal auf einen Kaffee vorbei.“
       
       Ob es da nur um die guten alten Zeiten geht? Wohl kaum: Strack-Zimmermann
       ist im Europäischen Parlament die Vorsitzende des Ausschusses für
       Sicherheit und Verteidigung (SEDE) – also wieder in wichtiger Funktion. So
       geht Lobbyismus.
       
       4 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.instagram.com/p/DQljwpSCL4A/
   DIR [2] /Ex-Bundesfinanzminister-wird-Lobbyist/!6123837
   DIR [3] /Modellbauteile-in-Militaerdrohnen/!5772162
   DIR [4] https://www.instagram.com/p/DQljwpSCL4A/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dirk Eckert
       
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