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       # taz.de -- Anschlag auf den Weihnachtsmarkt: Rechtsextrem oder frustriert?
       
       > In Magdeburg beginnt der Prozess gegen Taleb A., der in einen
       > Weihnachtsmarkt fuhr und sechs Menschen tötete. Über das Motiv herrscht
       > Uneinigkeit.
       
   IMG Bild: Magdeburg am 21.Dezember 2024 – Polizisten stehen vor dem abgesperrten Weihnachtsmarkt in der Innenstadt
       
       In Magdeburg laufen die Vorbereitungen für den Weihnachtsmarkt. Trotz
       allem, was vergangenes Jahr passiert ist: Am 20. Dezember tötete dort ein
       50-jähriger Mann mit einem gemieteten SUV sechs Menschen und verletzte mehr
       als 300 weitere Besucher:innen des Weihnachtsmarkts.
       
       Am Montag beginnt der Gerichtsprozess gegen den Täter. Anderthalb Kilometer
       vom Alten Markt entfernt hat das Justizministerium dafür eigens eine
       Leichtbauhalle angemietet, um „die Voraussetzungen für die Durchführung
       eines außergewöhnlichen Strafverfahrens“ zu schaffen. Kosten bis Ende
       August: knapp 1,7 Millionen Euro. Dafür bietet das Gebäude rund 200
       Zuschauer:innen und Medienvertreter:innen sowie den
       Prozessbeteiligten Platz. Rund 170 Nebenkläger:innen wollen bei der
       Verhandlung dabei sein. Sie werden laut dem Landgericht Magdeburg von etwa
       40 Anwält:innen vertreten.
       
       Hauptanklägerin ist die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg. Sie wirft dem
       Täter unter anderem sechsfachen Mord und versuchten Mord in 338 Fällen vor.
       Niedrige Beweggründe hätten ihn zu diesem heimtückischen Anschlag bewegt,
       davon spricht die Anklage laut afp. Derzeit führe die
       Generalstaatsanwaltschaft 410 Zeug:innen und fünf Sachverständige auf.
       Aktuell hat das Gericht bis zum 12. März insgesamt 46 Termine angesetzt, in
       denen es um die Schuld des Täters geht.
       
       ## Der Täter drohte online vor der „Islamisierung Europas“
       
       [1][Der Landtag in Sachsen-Anhalt beschäftigt sich seit Februar in einem
       Untersuchungsausschuss mit der Frage]: Hätte der Anschlag verhindert werden
       können? Dabei geht es zum einen um das lückenhafte Sicherheitskonzept. Zum
       anderen beschäftigt sich der Ausschuss damit, ob der Täter noch vor dem
       Anschlag hätte dingfest gemacht werden müssen. Mit einem Abschlussbericht
       des Ausschusses ist im kommenden Frühjahr zu rechnen.
       
       Klar ist schon jetzt: Nachdem der Täter 2006 aus Saudi-Arabien nach
       Deutschland gekommen war, fiel er mehreren Sicherheitsbehörden auf. Dabei
       ging es auch um Posts, die er auf Social-Media-Plattformen veröffentlichte.
       
       Für [2][ein Gutachten hat der Islam- und Sozialwissenschaftler Hans
       Goldenbaum] den Inhalt von mehr als 10.000 Posts des Täters analysiert.
       Goldenbaum legt dar: Der Täter habe sich [3][von einem religionskritischen
       Intellektuellen zum militanten Gegner des Islams entwickelt]. Die zentralen
       Themen in den öffentlichen Posts sei eine drohende „Islamisierung Europas“
       und „Verschwörungserzählungen über vermeintliche staatliche Unterdrückung
       von Islamkritikern“. [4][Er teilte demnach Inhalte von Akteuren der
       extremen Rechten.]
       
       Parallel zur Tat veröffentlichte der Täter Videos im Internet, auf denen er
       den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt rechtfertigte. Deutschland sei eine
       „verbrecherische Nation“, die Ex-Muslime verfolge. Der Anschlag sei für den
       Täter deshalb eine „Rache“ an den Deutschen, die dafür Verantwortung
       trügen. Goldenbaum kommt zu dem Schluss, es handle sich beim Anschlag um
       eine politisch motivierte „terroristische Einzeltätertat“.
       
       ## Bundesanwaltschaft sieht keinen Angriff auf freiheitlich-demokratische
       Grundordnung
       
       Die Bundesanwaltschaft sieht das anders. Es gebe keinen Staatsschutzbezug,
       hieß es Anfang Oktober von einem Sprecher. Der Täter habe nicht die
       freiheitlich-demokratische Grundordnung angegriffen, sondern sei von
       persönlichem Frust motiviert gewesen. Darum bleibt das Verfahren auf
       Landesebene bei der Generalanwaltschaft in Naumburg und [5][wird nicht von
       der Bundesanwaltschaft übernommen.]
       
       Der Weihnachtsmarkt in Magdeburg öffnet dieses Jahr am 20. November und die
       Stadt hat ein neues Konzept. Die Buden sind anders angeordnet. Eine
       schnurgerade Gasse auf dem Marktplatz, auf der der Täter im vergangenen
       Jahr beschleunigte, soll es nicht geben. Und die Zufahrt? Nach eigenen
       Angaben gibt Magdeburg einen sechsstelligen Betrag für Schutzbarrieren aus.
       Trotzdem entsprächen die Zufahrtssperren nicht dem von Expert:innen
       geforderten Schutz, berichtet der MDR.
       
       Beim Rathaus bleibt zudem eine komplette Straße frei. Dort erinnern
       Gedenkplatten im Boden an die fünf Todesopfer. Am 20. Dezember, genau ein
       Jahr nach der Tat, steht der Weihnachtsmarkt still.
       
       9 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Untersuchungsausschuss-zu-Magdeburg/!6065312
   DIR [2] https://www.salam-lsa.de/post/gutachten-zur-tatmotivation-von-taleb-a-ver%C3%B6ffentlicht
   DIR [3] /Deutungskampf-nach-Magdeburg/!6052286
   DIR [4] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/interview-taeter-anhaenger-globaler-digitaler-rechtsextremismus-100.html
   DIR [5] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/magdeburg/anschlag-weihnachtsmarkt-prozess-begruendung-generalbundesanwalt-faq-102.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Muschenich
       
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       allein.