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       # taz.de -- Unruhen in Syrien: Mehr und mehr Angriffe durch IS-Kämpfer
       
       > Im Nordwesten und Süden des Landes nehmen Anschläge der dschihadistischen
       > Miliz zu. Wird Syrien bald Teil der von den USA angeführten
       > Anti-IS-Koalition?
       
   IMG Bild: Syrien, 28. Mai: Die Syrischen Demokratischen Kräfte jagen Schläferzellen des Islamischen Staats
       
       In Nordwesten und Süden Syriens nehmen Anschläge der selbstgenannten Miliz
       [1][„Islamischer Staat“ (IS)], auch Daesh genannt, zu. Die
       dschihatistisch-islamistische Gruppe soll unter anderem Kontrollposten, ein
       Fahrzeug der kurdischen inneren Sicherheit und den Wohnsitz eines Beamten
       angegriffen haben.
       
       In diesem Jahr hat die Gruppe bislang 209 Angriffe in den kurdischen
       selbstverwalteten Gebieten durchgeführt, dokumentiert die Syrische
       Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR). Laut SOHR wurden dabei 97
       Menschen getötet: 15 Zivilist*innen, 68 Mitglieder der kurdischen
       Streitkräfte (SDF) und kurdischen Sicherheitskräfte (genannt Asayish) sowie
       13 Daesh-Mitglieder. Besonders massiv waren die Angriffe in Deir ez-Zor, an
       der Grenze zum Irak.
       
       Daesh-Mitglieder hätten eine RPG-Granate auf einen Kontrollpunkt
       geschmissen, berichtete SOHR am Sonntag. Am selben Tag berichtete das
       US-amerikanische Institut für Kriegsforschung, Daesh habe einen Granaten-
       und Sprengstoffanschlag auf ein Hauptquartier des syrischen
       Verteidigungsministeriums in Deir ez-Zor verübt. Am Montag schossen
       Daesh-Kämpfer von einem Motorrad aus auf das Haus des Verkehrsdirektors in
       Jadida Okaidat, einer Stadt im Osten von Deir ez-Zor, so SOHR. Es wurden
       keine Opfer gemeldet.
       
       Die Streitkräfte der kurdischen Selbstverwaltung in Syrien (SDF) gehen
       gegen Daesh vor: Im Oktober hätten sie bereits sechs Operationen gegen
       Zellen der IS-Miliz durchgeführt und dabei 79 Verdächtige festgenommen. Am
       Samstag schrieb die SDF-Presseabteilung, sie habe das Versteck einer
       Terrorzelle nördlich von Raqqa gestürmt und dabei fünf Männer festgenommen,
       drei davon „hochrangige Anführer“. Die SDF-nahe Nachrichtenagentur Hawar
       meldete am Dienstag, große Mengen an Waffen, Munition und Sprengstoff seien
       beschlagnahmt worden.
       
       ## Weniger Unterstützung für SDF
       
       Die USA und manche EU-Länder hatten die SDF im Kampf gegen Daesh finanziell
       und teilweise mit Waffen unterstützt. Sie gelten als linksliberal, Frauen
       beteiligten sich an den Kämpfen. Die SDF stehen aber auch in der Kritik:
       Das unabhängige syrische Medium Enab Baladi wirft ihnen vor, „bei Razzien
       gezielt Zivilist*innen anzugreifen und zu töten“.
       
       Auch dass die kurdische SDF Gebiete in Ostsyrien mit einer mehrheitlich
       arabischen Bevölkerung kontrolliert, sorgt für Unmut. [2][Bewohnende der
       Stadt Maskanah im Gouvernement Aleppo erzählten der taz im April von
       willkürlichen Festnahmen der SDF.] Die lokale arabische Bevölkerung
       protestiert gegen diskriminierende Behandlung, mangelnde Rechte und
       fürchtet den Einfluss der USA.
       
       Daesh hatte ab dem Jahr 2013 in Teilen des Iraks und Syriens die Kontrolle
       übernommen, unter anderem über die ostsyrischen Städte Raqqah, das ihre
       inoffizielle Hauptstadt wurde, und Deir-ez-Zor. Sie rief ein Kalifat aus,
       versetzte mit ihren strengen Regeln und deren brutalen Durchsetzung große
       Teile der Bevölkerung in Angst.
       
       Erst vier Jahre später wurden die Städte von ihrer Herrschaft wieder
       befreit, durch eine Militäroffensive der SDF mit US-Unterstützung. Der IS
       galt schließlich als zurückgedrängt. Nach Analystenmeinung blieben aber vor
       allem in den ländlichen Gebieten Ostsyriens Zellen der Terrogruppe zurück.
       
       Trump hatte in seiner ersten Amtszeit die Unterstützung der SDF
       weitestgehend gekappt. [3][Nach dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember
       2024] wendet sich die kurdische Führung wieder dem syrischen Staat zu.
       [4][Im März unterzeichnete SDF-Anführer Mazlum Abdi ein Abkommen mit
       al-Scharaa], in dem die Kurden der Integration in die staatlichen
       Institutionen Syriens zugestimmt hatten – inklusive der staatlichen
       syrischen Armee.
       
       Doch der Deal ist nicht umgesetzt. Die vollständige Eingliederung der
       Kämpfer in die Armee steht noch aus. Und die Gebiete Raqqa und Hassakeh im
       Nordwesten waren bei den vergangenen Auswahlverfahren zum syrischen
       Parlament nicht beteiligt. Das sorgte auch innerhalb der Bevölkerung für
       Unmut.
       
       ## Treffen zwischen al-Scharaa und Trump
       
       Syriens Übergangspräsident Ahmad al-Scharaa wird in der kommenden Woche
       [5][US-Präsident Donald Trump] in Washington treffen. Im Gespräch soll es
       auch um eine Strategie im Kampf gegen Daesh gehen. Der US-Sondergesandte
       für Syrien, Tom Barrack, sagte am Samstag: Syrien werde sich bald der von
       den USA geführten globalen Koalition gegen Daesh anschließen.
       
       Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters bereiten die USA im Vorfeld
       eine Aufhebung der Sanktionen der Vereinten Nationen gegen den syrischen
       Präsidenten Ahmed Al-Scharaa vor. Dafür legten sie laut Reuters den
       Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates einen Resolutionsentwurf vor. Wann
       darüber abgestimmt werden könnte, ist aber derzeit unklar.
       
       Auch ohne die Beteiligung des „Islamischen Staates“ gibt es immer wieder
       gewaltvolle Unruhen in Syrien: Teile der syrischen Armee waren an Massakern
       gegen Alawit*innen und [6][Drus*innen] beteiligt. SOHR berichtete im
       Oktober, seit dem Sturz des Assad-Regimes im vergangenen Dezember seien
       11.000 Menschen, darunter über 1.000 Frauen und Kinder, getötet worden.
       
       6 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Islamischer-Staat-IS/!t5009390
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   DIR [6] /Gewalt-in-Syrien/!6109851
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Neumann
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Syrische Demokratische Kräfte (SDF)
   DIR Syrischer Bürgerkrieg
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