# taz.de -- Nahostkonflikt im Pariser Kulturbetrieb: Leuchtfackeln für Palästina im Konzertsaal
> Der Auftritt eines israelischen Orchesters in Paris wird mehrmals massiv
> gestört. Die Gaza-Solidaritätsaktion sorgt für heftigen Streit.
IMG Bild: Überschattet von Anti-Israel-Protesten: Konzert mit Dirigent Lahav Shani in Paris
taz | Gleich drei Mal wurde am Donnerstagabend im großen Pierre-Boulez-Saal
der Pariser Philharmonie ein Konzert eines israelischen Orchesters unter
Leitung des Dirigenten Lahav Shani gestört und unterbrochen, in zwei Fällen
mit Rauch- und Leuchtfackeln. Mehrere Personen aus dem Publikum versuchten
zu intervenieren. Es kam zu einem Handgemenge mit den Störenden, die aus
dem Saal geführt und später festgenommen wurden.
Gegen vier Personen, die sich in Polizeihaft befanden, ist laut Angaben der
Zeitung Le Parisien ein Ermittlungsverfahren wegen ihrer eingeleitet
worden, die sie als Akt der Solidarität mit der palästinensischen
Bevölkerung in Gaza verstehen.
Die Leitung der Pariser Philharmonie, die in einer Medienmitteilung „die
schweren Zwischenfälle, die nicht zu rechtfertigen sind, ganz entschieden
verurteilt“, hat eine Strafklage eingereicht. „Gewalt ist keine Debatte.
Und sie in den Konzertsaal zu bringen, ist schlimm“, erklären die empörten
Verantwortlichen der Philharmonie.
Der Botschafter Israels in Paris, Joshua Zarka, der selber im Saal war,
verurteilte diese „politische Instrumentalisierung des Nahostkonflikts“ und
jegliche Formen von Boykott.
## Schon bei der Einladung gab es Gegenstimmen
Die Einladung eines israelischen Dirigenten mit seinem Orchester hatte
sogleich für Streit gesorgt: Ob es opportun oder umgekehrt vielleicht
provozierend sei, im Kontext des Konflikts ein „Nationalorchester“ aus
Israel ins Programm zu nehmen, und ob nicht im Gegenteil wegen der zu
erwartenden Proteste eine Gefahr für die Musiker und das Publikum entstehe,
wurde argumentiert.
Ein Künstlerkollektiv hatte in einem Blog auf Mediapart das Konzert
kritisiert, weil die Israelische Philharmonie eine staatliche Institution
sei, wie dies deren Generalsekretär, Yair Mashiach selbst gesagt habe, der
vom „Nationalorchester des Staates Israel und dessen Kulturbotschafter in
der Welt“ sprach.
Vor zwei Wochen kritisierte die CGT-Gewerkschaft der Kulturschaffenden die
Organisation dieses Konzerts: „Die Pariser Philharmonie kann dem Publikum
weder unterschlagen, dass gegen die politischen Verantwortlichen dieses
Landes äußerst schwerwiegende Anschuldigungen erhoben werden, noch den
Charakter der in Gaza verübten Verbrechen.“
Der von Daniel Barenboim geförderte 36-jährige Lahav Shani, der unter
anderem die Münchner Philharmonie dirigiert, war im September [1][von einem
geplanten Auftritt in Gent wieder ausgeladen] worden, er [2][trat danach
aber in Berlin am Musikfest auf.] Er hatte nach der Absage aus Belgien
namentlich gesagt, wie alle Israelis sei er vom 7. Oktober zutiefst
getroffen. Aber es erscheine ihm auch „unmöglich, indifferent zu sein
angesichts der Leiden der Zivilbevölkerung in Gaza wegen der Katastrophe,
welche dieser Krieg bedeutet“. Alles müsse getan werden, um diesen Krieg
„so schnell wie möglich zu beenden“. Zu den Boykottaufrufen meinte er: „Die
Macht der Musik besteht darin, Menschen zusammenzubringen, nicht sie zu
trennen.“
Für weitere Aufregung sorgten mehrere Sprecherinnen der [3][Linkspartei La
France insoumise], die sich den scharfen Verurteilungen der Störaktionen in
der Philharmonie nicht anschließen wollen. Die EU-Abgeordnete Manon Aubry
beispielsweise sagte: „Ich verurteile (diese Aktion) nicht. Es ist nicht
irgendwelche Künstler, sondern Künstler, die den israelischen Staat
repräsentieren. Wenn sich solche Zwischenfälle nicht wiederholen sollen,
muss die israelische Regierung aufhören, ein Volk zu massakrieren.“
Ein Abgeordneter des Rassemblement National, Thomas Ménagé, verlangt für
solche Reaktionen Sanktionen. An den Innenminister Laurent Nuñez gewandt,
fragte er: „Können Sie uns sagen, was Sie gegen solche antisemitischen
Aktionen unternehmen wollen?“
7 Nov 2025
## LINKS
DIR [1] /Muenchner-Philharmoniker-gecancelt/!6113344
DIR [2] /Gecancelter-Dirigent-tritt-in-Berlin-auf/!6113533
DIR [3] /Gaza-Hilfsschiff-Madleen/!6093704
## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
## TAGS
DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
DIR Israel
DIR Boykott
DIR Gaza
DIR Schwerpunkt Europawahl
DIR GNS
DIR Israel
DIR cancel culture
DIR Klassische Musik
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Michael Barenboim über Kulturboykott: „Es geht um Mitschuld“
Der Musiker Michael Barenboim wirft Israel einen Genozid vor und ruft zur
Gaza-Demo auf. Ein Gespräch über Verantwortung, Schweigen – und rote Linien
in der Kunst.
DIR Gecancelter Dirigent tritt in Berlin auf: Solidarität mit Lahav Shani
Die Empörung über den abgesagten Auftritt des israelischen Dirigenten Lahav
Shani in Belgien ist groß. Nun gibt es eine Einladung nach Berlin.
DIR Münchner Philharmoniker gecancelt: Rhetorisches Schlachtfeld in Flandern
„Blanker Antisemitismus“: Die Ausladung der Münchner Philharmoniker wegen
ihres israelischen Dirigenten beim Flanders Festival in Gent löst Debatte
aus.