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       # taz.de -- Umstrittene Küstenautobahn: BUND lässt sich auf Deal zur A20 ein
       
       > Der Umweltverband und die Kieler Landesregierung haben sich auf den
       > Weiterbau bei Bad Segeberg geeinigt – zum Wohl der Fledermäuse im
       > Kalkberg.
       
   IMG Bild: Umweltminister Goldschmidt, Ministerpräsident Günther, BUND-Vorsitzender Ulbrich und Verkehrsminister Madsen stellen Vergleich vor
       
       Der Weg für den Weiterbau der Küstenautobahn A20 beim
       schleswig-holsteinischen Bad Segeberg ist frei: Der Umweltverband [1][BUND
       zieht seine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht zurück]. Im Gegenzug
       gründet das Land eine 14 Millionen Euro schwere Stiftung für den
       Fledermausschutz und verspricht verschiedene Verbesserungen beim
       Naturschutz.
       
       Die A20 soll von der polnischen Grenze kommend in einem weiten Bogen um
       Hamburg herumführen, bei Glückstadt die Elbe queren und bis nach
       Ostfriesland führen. Bis dato endet die Autobahn kurz vor Bad Segeberg, wo
       sie zur Bundesstraße 206 wird und mitten durch die Stadt verläuft. Der
       Weiterbau ist ökologisch problematisch, weil er durch das wertvolle
       Travetal führt und Nordeuropas größtes natürliches Fledermaus-Quartier
       bedroht.
       
       „Durch den Vergleich haben wir die Chance, etwas für die Fledermäuse tun zu
       können, das mit einer Fortführung der Klage nicht möglich gewesen wäre“,
       sagt BUND-Landesgeschäftsführer Ole Eggers. Mit einer Klage wären wieder
       Jahre ins Land gegangen, während die Populationen der Teich- und der
       Bechsteinfledermaus in der Segeberger Kalksteinhöhle drohten
       zusammenzubrechen.
       
       Seit dem vom BUND erstrittenen [2][Urteil des Bundesverwaltungsgerichts,
       das 2013 zum Baustopp führte], hätten sich die Bedingungen für die
       Fledermäuse bei Segeberg dramatisch verschlechtert. Wohnsiedlungen und
       Gewerbegebiete hätten sich in der Zeit ausgebreitet und erschwerten im
       Verein mit der nahe gelegenen A21 den Fledermäusen den Flug zum Kalkberg.
       „Eine teure Querungshilfe über der Autobahn nützt nichts, wenn daran ein
       hell erleuchtetes Gewerbegebiet anschließt“, sagt der
       BUND-Landesvorsitzende Dietmar Ulbrich.
       
       ## Schnieder macht Hoffnung
       
       Ein Zweck der Stiftung sei es deshalb, Grundstücke zu kaufen, mit denen
       dunkle Flugkorridore für die Fledermäuse gesichert werden können, sagt
       BUND-Geschäftsführer Eggers. Für den BUND bringe die Stiftung keinerlei
       finanzielle Vorteile. „Wir hoffen, dass eine kapitalstarke
       Fledermausstiftung mehr Sympathie für die bedrohten Tiere schafft und für
       Bad Segeberg und seine Umlandgemeinden zu einem kompetenten
       Gesprächspartner heranwächst“, sagt Eggers.
       
       Auch [3][aus Sicht der Landesregierung war es für eine Einigung] fünf vor
       zwölf. Denn mit der schwebenden Klage galt der Autobahnabschnitt nicht als
       baureif und hatte keine Chance, von den 2026 zu verplanenden
       Infrastrukturmilliarden des Bundes zu profitieren. Das ist jetzt anders.
       
       Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) begrüßte die
       außergerichtliche Einigung. Und während der BUND die A20 als
       umweltschädlichste Autobahn Deutschlands bezeichnet, nennt sie Schnieder
       „eine der wichtigsten“. Sein Haus plane, [4][Baufreigaben für alle
       Projekte, die baureif sind], sehr zeithnah zu erteilen. „Das gilt auch für
       die A20“, versicherte Schnieder.
       
       Geht es nach dem Ministerpräsidenten Daniel Güntner und seinem
       Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (beide CDU), soll die
       [5][Projektgesellschaft des Bundes (Deges) im ersten Halbjahr 2026 mit dem
       Bau beginnen]. In den kommenden Wochen würden die letzten Details der
       Stiftung geklärt und die Deges werde die europaweite Ausschreibung des
       550-Millionen-Euro-Projekts vorbereiten.
       
       Bad Segebergs Bürgermeister Toni Köppen (parteilos) erhofft sich von dem
       Vergleich eine starke Entlastung und einen Entwicklungsschub für seine
       Stadt. Rund 35.000 Kraftfahrzeuge täglich drängelten sich durch den Kurort,
       ein großer Teil davon Lastwagen. „Immer, wenn sich der Verkehr staut, wird
       auf die Wohnstraßen ausgewichen“, sagt Köppen. Der Schwerlastverkehr
       zerstöre die Straßen, für deren Sanierung die Stadt selbst aufkommen müsse.
       Mit der Autobahn würden es 20.000 Fahrzeuge weniger.
       
       Der bis zur A21 faktisch als Ortsumgehung fungierende Autobahnabschnitt
       werde die Bedingungen für das Gewerbe in der Stadt verbessern, sagt Köppen.
       Deren Teilung durch die B206 werde aufgehoben und der Kurort werde an
       Lebensqualität gewinnen.
       
       Von der Stiftung verspricht sich der Bürgermeister Vorteile. Dass sie
       Grundstücke kaufen wolle, stehe nicht im Widerspruch zur geplanten
       Siedlungsentwicklung. Den Fledermausschutz berücksichtige die Stadt schon
       lange – sowohl bei der Flächenplanung als auch bei der Beleuchtung.
       
       „Wir werden schauen, was wir aus der Stiftung heraus für die Stadt tun
       können“, kündigt Köppen an. Dabei könnte es etwa darum gehen, Angsträume
       mit einem besonderen Beleuchtungskonzept zu beseitigen, das mit dem Schutz
       der Fledermäuse vereinbar wäre.
       
       Über die Stiftung hinaus verhandelt hat der BUND einen besseren Schutz der
       Hangwälder an der Trave und der seltenen Kalktuffquellen dort. Für Otter
       soll eine Passage unter der Trave gebaut, das Travetal durch eine
       Begrenzung der Zugänge besser geschützt werden. Überdies ist dem BUND
       zufolge vereinbart worden, das Tempolimit 60, das auf dem zehn Kilometer
       langen Autobahnabschnitt gelten soll, dauerhaft zu überwachen.
       
       12 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kompromiss-fuer-umstrittenen-Bauabschnitt/!6128392
   DIR [2] /Baustopp-fuer-A20-bleibt-bestehen/!5550759
   DIR [3] /Weiterbau-der-A20-in-Schleswig-Holstein/!6086931
   DIR [4] /Falsche-Prioritaeten-beim-Strassenbau/!6109877
   DIR [5] https://www.deges.de/projekte/projekt/a-20-abschnitt-3-b-206-westlich-wittenborn-bis-b-206-westlich-weede/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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