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       # taz.de -- Landesparteitag der Berliner Linken: Eralp gegen Wegner
       
       > Die Linke will mit der Spitzenkandidatin Elif Eralp ins Rote Rathaus.
       > Ihre Hauptgegner sind die CDU und der Regierende Bürgermeister.
       
   IMG Bild: Elif Eralp auf dem Landesparteitag
       
       Am Ende ihrer Rede erhebt sich der Saal für [1][Elif Eralp], es erklingt
       der Queen-Klassiker „Don’t stop me now“. Dann füllt sich die Bühne mit dem
       gesammelten Spitzenpersonal der Berliner Linken, viele von ihnen schießen
       mit Konfettikanonen oder halten „Elif für Berlin“-Schilder. Eralp wird ein
       Blumenstrauß überreicht, es ist ihre Krönung als Bürgermeisterkandidatin.
       Die Inszenierung soll vor allem den Machtanspruch deutlich machen: Die
       Linke will nach der Abgeordnetenhauswahl im kommenden September ins Rote
       Rathaus.
       
       Einen Monat ist es her, dass der Landesvorstand die Abgeordnete [2][Eralp
       zur Spitzenkandidatin bestimmte]. Weil die Partei mit Bezirkslisten statt
       mit einer Landesliste in die Wahl gehen wird, gibt es auf dem Parteitag am
       Samstag im Lichtenberger Dong-Xuan-Center keine formale Wahl. Erwähnt wird
       Eralps Kandidatur als Spitzenkandidatin gleichwohl im ohne Gegenstimmen
       angenommenen Leitantrag mit dem Titel „Berlin zurückerobern – für eine rote
       Metropole“.
       
       Wichtiger aber ist die geballte Rückenstärkung für die in der Stadt noch
       wenig bekannte Kandidatin. Eralp bringe „Mut, Ehrgeiz und Herz“ sowie
       „einen geraden Rücken, der nicht einknickt“ in die Berliner Politik, so die
       Lobpreisung durch die Co-Vorsitzende der Berliner Linken, Kerstin Wolter.
       
       Der Weg in die Regierung soll für die Linke über die Fokussierung auf ihre
       Kernthemen führen, das wird in der Rede von Elif Eralp deutlich. Sie trete
       an, damit Berlin „wieder bezahlbar wird, damit nicht die
       Immobilienspekulanten über unsere Stadt entscheiden“, sagt sie. Die
       Umsetzung des Volksentscheids Deutsche Wohnen und Co enteignen dürfe „nicht
       einen Tag mehr verschleppt werden“. Ebenso gehe es darum, dass „Busse und
       Bahnen gut für alle funktionieren“. Lebenshaltungskosten, Mieten, ÖPNV – es
       sind genau jene Themen, mit denen der demokratische Sozialist [3][Zohran
       Mamdani kürzlich die Bürgermeisterwahl in New York gewann].
       
       Für die Linke ist das die Blaupause. Mamdani habe „eine Bewegung der Vielen
       für ein bezahlbares New York“ angestoßen, sagt Eralp und ergänzt: „Lasst
       uns auch hier in Berlin eine Bewegung auslösen.“ Mit 16.800 Mitgliedern,
       doppelt so vielen wie noch vor einem Jahr, ist die Partei für einen
       Wahlkampf gut gerüstet. Das Mittel dafür werden, wie schon bei der
       Bundestagswahl im Februar, bei der die Linke stärkste Kraft in Berlin
       wurde, vor allem Haustürgespräche sein.
       
       ## Gegenmodell zu einem Bürgermeister, der die Stadt herunterwirtschaftet
       
       Als Hauptgegner gilt der Linken der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und
       die CDU, die in aktuellen Umfragen für die Abgeordnetenhauswahl vorne
       liegt. Kaum eine Rede kommt ohne Frontalangriffe auf die Konservativen aus:
       „Zweieinhalb Jahre Kai Wegner, und die Stadt ist so kaputt und so
       anstrengend wie noch nie“, sagt der Fraktionsvorsitzende Tobias Schulze.
       Die aktuelle Regierungs- und Sparpolitik treffe „vor allem Menschen mit
       wenig Geld“.
       
       Gestrichen werde bei Brennpunktschulen, bei Sozialberatungen oder beim
       Sozialticket, so Schulze, dagegen gibt es Geld für Privatschulen, die A100
       oder den Zaun um den Görlitzer Park. Eralp kritisiert: „Kai Wegner, seine
       CDU und dieser Senat zerstören gerade genau das, was Berlin ausmacht und
       legen damit die Axt an den sozialen Zusammenhalt an.“
       
       Mit ihrer Fokussierung versucht sich die Linke, als zentrale Kraft im
       progressiven Lager zu positionieren, die Wahl zu einer Stichwahl zwischen
       Eralp und Wegner zu machen. Eine Frau mit Migrationsgeschichte, die den
       Alltag der normalen Menschen kennt, als Gegenmodell zu einem Bürgermeister,
       der die Stadt herunterwirtschafte. Das ist die Geschichte.
       
       Dass die Linke für jene da sein will, „die den Laden am Laufen halten“, wie
       ein aktueller Sprach-Baustein der Partei es nennt, zeigen auch die
       Grußworte zum Beginn des Parteitags. Sie kommen von Beschäftigten, die sich
       in Auseinandersetzungen um bessere Arbeits- und damit Lebensbedingungen
       befinden: einem Fahrer von Lieferando, Arbeitskräften der
       Tochter-Unternehmen des Klinikkonzerns Vivantes und einem
       Straßenbahnfahrer.
       
       ## Nahost-Konflikt gelöst
       
       Die Befürchtung einiger in der Partei und die Hoffnung vieler ihrer
       Gegner:innen, dass ein Streit um Nahost den Parteitag überlagern würde,
       geht nicht auf. Anträge, die der Partei vorschreiben wollen, von „Genozid“
       zu sprechen oder die „Kriminalisierung“ der Boykottbewegung BDS aufzugeben,
       werden zurückgezogen.
       
       Mehrheitlich beschlossen wird dagegen ein vierseitiger Antrag, der
       wortreich das palästinensische Leid und antimuslimischen Rassismus
       beschreibt, aber auch jüdisches Leid und Antisemitismus in den Blick nimmt.
       Erwähnt wird, dass der Krieg in Gaza „nach Einschätzung international
       anerkannter Völkerrechtler:innen sowie Menschenrechtsorganisationen“
       ein „Genozid“ sei, gleichwohl sei dies vom internationalen Gerichtshof
       „nicht abschließend entschieden“.
       
       Kritisiert wird, dass die palästinensische Gemeinde in Berlin „unter
       Generalverdacht gestellt“ werde, ebenso wie der gestiegene Antisemitismus
       seit der „Zäsur“ des 7. Oktober. Eralp formulierte in ihrer Rede: „Das Leid
       und die Trauer auf der einen Seite dürfen nicht gegen das Leid und die
       Trauer der anderen Seite ausgespielt werden. Die Verbrechen der einen Seite
       können nicht legitimiert werden durch die Verbrechen der anderen Seite.“
       
       Beschlossen werden darüber hinaus Vorgaben für die Mandatsträger:innen
       der Partei. Diese sollen sich verpflichten, „ihr Gehalt zu deckeln, um
       Menschen in Not zu helfen und politische Initiativen zu fördern“. So sollen
       Abgeordnete zukünftig verpflichtend 15 Prozent ihrer Bruttobezüge abgeben.
       Ebenso sollen sie bei Parteiaustritt ihr Mandat niederlegen, anders als die
       Gruppe um den früheren Landeschef Klaus Lederer, die nach ihrem Austritt
       vor einem Jahr sowohl im Abgeordnetenhaus als auch in der Linksfraktion
       verblieben waren.
       
       15 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
       ## TAGS
       
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