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       # taz.de -- Social-Media-Verbot in Australien: Eine Regulierung wäre auch hierzulande so was von überfällig
       
       > Als erstes Land hat Australien ein Social-Media-Verbot für Jugendliche
       > verhängt. Es wird Zeit zuzugeben, dass auch wir etwas ändern müssen.
       
   IMG Bild: Kann man Kinder einfach mit Smartphones alleine lassen?
       
       Wie leicht war es jahrelang, die Sorgen von Eltern über den
       Smartphone-Konsum ihrer Kinder beiseitezuwischen: Die Älteren haben es noch
       immer abgelehnt, wenn die Jugend sich neuer Techniken bemächtigte! Ihr habt
       doch nur selbst keine Ahnung, wie man digitale Medien nutzt, und wollt sie
       euren Kids jetzt wieder wegnehmen, weil die nicht schlauer werden sollen
       als ihr! Und natürlich: Sprecht doch einfach mal mit euren Kindern, dann
       stellt ihr den menschlichen Kontakt selber her, von dem ihr behauptet, dass
       er eurem Nachwuchs fehlt! Überhaupt sind es ja immer nur die Zensurtruppen
       aus dem 19. Jahrhundert, die sich Beschränkungen wünschen, schon klar.
       
       Es mussten also große Studien ausgewertet werden, es mussten PsychologInnen
       in aller Welt Alarm schlagen, es musste erst die rechtsextreme
       Internationale unser demokratisches Zusammenleben bedrohen, bis auch ein
       paar Nichteltern dachten: Oh, doch nicht so schön, was da von den
       Social-Media-Plattformen in die Hirne quillt. Sollte man am Ende die Jugend
       davor schützen?
       
       Denn die Kinder sind krank, the kids are not alright, sie sind einsam, sie
       haben Ängste, und sie kommen nicht klar – jedenfalls ein viel zu großer
       Teil von ihnen, ein größerer Teil als je gemessen. Als in den USA noch
       seriöse Menschen auf wichtigen Posten saßen, [1][sagte Vivek Murthy, der
       oberste amerikanische Amtsarzt]: Die Social-Media-Nutzung der Kinder
       einfach hinzunehmen, sei „verrückt“ – als würde man sie in den ungeregelten
       Straßenverkehr entlassen und sagen „macht’s gut!“ Eine ganze Reihe von
       Glücksstudien [2][zeigte da schon], dass die jüngeren Generationen erstmals
       unglücklicher sind als die Älteren, und ja, auch Zusammenhänge mit einer
       Mediendiät aus Tiktok und Instagram wurden hergestellt.
       
       Diesen Monat aber wies die [3][seit 2020 laufende Copsy-Studie] darauf hin,
       dass Corona eben nur zum Teil am Einbruch der psychischen Gesundheit von
       Kindern und Jugendlichen schuld war. Die Abnahme des Wohlbefindens begann
       erstens schon vor Corona, und zweitens setzt sie sich corona-unabhängig
       fort. Die Häufung von Depressionen, von Magersucht und sonstigen
       Selbstverstümmelungen, von all den Unsicherheiten begann just in der Zeit,
       als der Smartphone-Gebrauch sich auch unter Kindern und Teenagern
       durchsetzte, also vor rund zehn Jahren.
       
       Aktueller Pegel: Fast jedes vierte Kind in Deutschland gilt als psychisch
       auffällig. Wer dies jetzt immer noch als Wichtigtuerei von PsychiaterInnen
       denunzieren will, die mit Diagnosen um sich werfen, hat noch nicht
       verstanden, dass es schon seit Jahren viel zu wenig Therapieplätze für
       Kinder gibt. Die Profession braucht längst keine Eigenwerbung mehr.
       
       Endlich versucht mit Australien nun immerhin ein Land, [4][mit einem
       Social-Media-Verbot] für Unter-16-Jährige etwas zu unternehmen. Das mag
       noch unausgereift sein, und natürlich gibt es Seitentürchen, neue Risiken
       drohen. Dringend müssen außerdem die Plattformen selbst reguliert werden,
       das ist richtig. Aber es wird jetzt auch mal Zeit zuzugeben, dass nicht das
       australische Gesetz ein „Experiment mit Kindern“ ist, sondern dass schon
       die letzten 10 Jahre ein Experiment mit Kindern waren, und es ist gründlich
       schiefgegangen.
       
       Geradezu anstößig dabei wie üblich die deutsche Bildungspolitik. Die
       [5][Mehrheit der KultusministerInnen] ist weiterhin der Meinung, man sollte
       die Schulen, also die LehrerInnen und Eltern, mit dem Problem lieber allein
       lassen. Sie haben „die Wahl“ – dürfen also den Streit darüber austragen,
       Handynutzung in der Schule zu beschränken. Natürlich gibt es auch die
       Einwürfe von Datenschutzseite, die stets zwischen Zensurvorwurf
       („schlimm!“) und Hohn („klappt eh nicht!“) changieren. Vielleicht findet
       sich ja noch einE DatenschützerIn, die zusätzlich konstruktive Vorschläge
       macht.
       
       Denn es ist gut, wenn die Politik endlich ihre Verantwortung erkennt. Möge
       Australien ein Vorbild sein. Gesetze können gebrochen werden, aber sie
       setzen eine Norm, sie halten einen Anspruch hoch, sie verpflichten zum
       weiteren Handeln – und sei es zur Verbesserung der Gesetze. Eine
       Regulierung ist so was von überfällig.
       
       13 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Social-Media-Nutzung-bei-Jugendlichen/!5997431
   DIR [2] https://www.swr.de/kultur/gesellschaft/junge-erwachsene-immer-ungluecklicher-102.html
   DIR [3] https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/jugendliche-psyche-deutschland-pandemie-copsy-studie-li.3349364
   DIR [4] /Australien/!6136596
   DIR [5] /Smartphone-Verbote-an-Schulen/!6106438
       
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