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       # taz.de -- Wadephul in China: Politik der soliden Gespräche
       
       > Außenminister Wadephul ist endlich nach China gefahren. Durchbrüche
       > erwartet niemand. Er soll dem baldigen Kanzler-Besuch den Weg bereiten.
       
   IMG Bild: Johann Wadephul (vorne links) bei einem Treffen mit dem chinesischen Handelsminister
       
       Langsam läuft Außenminister Johann Wadephul gemeinsam mit der
       Germanistikprofessorin Pan Yaling den Kohlehügel hoch, wie der Jingshan
       Park in Peking auch genannt wird. Von oben hat man einen freien Blick auf
       die Verbotene Stadt, am Montagvormittag sogar bei Sonnenschein. Pan erzählt
       von den fünf Pavillons, die auf dem Weg nach oben liegen. Sie stünden für
       die vier Himmelsrichtungen – und die Mitte. „Die Mitte ist uns wichtig“,
       sagt sie. „Für uns auch“, sagt der CDU-Mann und lacht, er meint wohl seine
       Partei und die Regierung damit. Die Chinesin guckt etwas ratlos.
       
       Der Außenminister ist am frühen Montagmorgen in Peking angekommen, der Flug
       hat elf Stunden gedauert, die Ruhezeit war extrem kurz. Es ist sein
       Antrittsbesuch als Außenminister, der eigentlich schon vor sechs Wochen
       hätte stattfinden sollen. Weil China – so hieß es aus dem Ministerium – dem
       Minister damals aber nur ein Treffen mit seinem Amtskollegen Wang Yi fest
       zugesagt hatte und sonst kein weiteres, [1][sagte Wadephul die Reise
       kurzfristig ab]. Die Chinesen sollen, so war zu hören, zuvor verärgert über
       Äußerungen des deutschen Außenministers gewesen sein, der Chinas „zunehmend
       aggressives Auftreten“ in der Straße von Taiwan sowie im Ost- und
       Südchinesischen Meer kritisiert hatte.
       
       Jetzt, sechs Wochen später, ist der Besuch nicht einfacher geworden, denn
       China sitzt inzwischen bei vielen Fragen einfach am längeren Hebel.
       
       [2][Bei den seltenen Erden zum Beispiel.] China dominiert den Markt mit den
       Metallen, auch Deutschland ist abhängig davon. China aber hatte im Zuge des
       Handelsstreits mit den USA Exportbeschränkungen für seltene Erden erlassen;
       fehlende Lieferungen machen unter anderem deutschen Autoherstellen das
       Leben schwer. Auch Autos und Stahl, die aus China billig auf den
       europäischen Markt drängen, sind ein wichtiges Thema; China selbst nimmt
       immer weniger Güter aus Deutschland und auch aus der Europäischen Union ab.
       
       ## Niemand erwartet Durchbrüche
       
       Niemand erwartet, dass Wadephul am Dienstagabend mit Durchbrüchen nach
       Hause fliegt. Eher gelten solide Gespräche, die fortsetzbar sind, schon als
       gutes Ergebnis. Es seien offene und intensive Gespräche gewesen, sagt
       Wadephul am Montagabend sichtlich erschöpft im Hotel. Bei den seltenen
       Erden immerhin habe China angeboten, dass es statt der derzeit notwendigen
       Anträge in jedem Einzelfall Generallizenzen für Unternehmen geben könnte.
       
       Am Morgen traf Wadephul zunächst Handelsminister Wang Wentao und beteuerte
       erneut die Bedeutung der deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen.
       Deutschland sei kein Freund des Protektionismus, sagte der deutsche
       Außenminister zudem zu Beginn des Gesprächs. „Wir sind für freien
       Welthandel. Wir sind für den Abbau von Handelsbarrieren.“ Die
       Bundesregierung sei aber auch dafür, dass man klaren Blick darauf behält,
       dass nicht ein indirekter Einfluss des Staates zu
       Wettbewerbsungleichgewichten führe. Entsprechend „skeptisch“ äußerte sich
       der Außenminister zur Drohung des französischen Präsidenten Emmanuel
       Macron, die EU könne gegen China Zölle einführen, sollte dessen
       Handelsüberschuss nicht sinken.
       
       Mit Wadephul sind mehrere Wirtschaftsvertreter*innen nach China
       gereist. Auch die sollen in dem halbstündigen Gespräch mit Wang ihre Lage
       geschildert und sich für mehr Verlässlichkeit starkgemacht haben.
       Gemeinsame Pressestatements gab es weder nach dem Treffen mit
       Handelsminister Wang noch nach späteren Terminen Wadephuls: mit Chinas
       Vizepräsidenten, dem Leiter der internationalen Abteilung der
       Kommunistischen Partei und am Abend Außenminister Wang Li.
       
       ## Weiteres Thema: Krieg in der Ukraine
       
       Ein anderes wichtiges Thema war der [3][Krieg in der Ukraine], in dem China
       Russland mit der Lieferung von sogenannten Dual-Use-Gütern unterstützt.
       Kein anderes Land habe so viel Einfluss auf Russland wie China und könne
       sein Gewicht so sehr dafür einsetzen, „dass Russland endlich zu ernsthaften
       Verhandlungen bereit sei, die Souveränität der Ukraine zu achten“, hatte
       Wadephul vor seinem Abflug gesagt. Das werde er ansprechen. Auf Nachfragen
       am Montagabend allerdings nennt er keine konkrete Reaktion seiner
       chinesischen Gesprächspartner.
       
       Mit Wadephul ist auch Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour von den Grünen
       gereist. „Man muss miteinander sprechen, dazu gibt es gar keine
       Alternative.“ Deshalb sei es wichtig, dass der Außenminister unter anderem
       die Unterstützung für Russland wie auch Fragen des Handels anspreche, sagte
       Nouripour diplomatisch. „Der Aufstieg Chinas macht die Gespräche natürlich
       schwieriger.“
       
       Mit diesen schwierigen Gesprächen wird sich bald auch Friedrich Merz
       herumplagen müssen. Wadephul bereitet mit seinen Gesprächen die Reise des
       Kanzlers vor. Sie ist für Anfang kommenden Jahres anvisiert, wann genau,
       ist noch nicht bekannt.
       
       Um zu verstehen, wie China auf den Wadephul-Besuch blickt, muss man die
       Parteizeitungen durchblättern. „Berlin muss dringend aus dem Nebel der
       ‚Wertediplomatie‘ heraustreten und zu einem realitätsorientierten Weg
       zurückkehren“, fordert das für seine scharfen außenpolitischen Töne
       bekannte englischsprachige Propagandablatt Global Times. Dass China in
       Deutschland zunehmend als systemischer Konkurrent wahrgenommen werde, gehe
       angeblich auf die Narrative westlicher Denkfabriken zurück. Die implizite
       Botschaft lautet: Die Regierung in Berlin müsse endlich zur Besinnung
       kommen und China als gemeinnützigen Handelspartner anerkennen.
       
       Diese harten Töne spiegeln die realen Machtverhältnisse wider, die sich
       zuletzt zugunsten Chinas gewandelt haben. Das lässt sich auch in den am
       Montag veröffentlichten Zahlen des Handelsministeriums empirisch ablesen:
       Chinas Handelsüberschuss hat erstmals die eine-Billion-Dollar-Marke – auf
       Jahresbasis – geknackt.
       
       8 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Aussenpolitisches-Desaster/!6124051
   DIR [2] /Seltene-Erden-Europa-hat-den-Trend-verschlafen/!6122503
   DIR [3] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sabine am Orde
   DIR Fabian Kretschmer
       
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