# taz.de -- Auftakt zur Vierschanzentournee: Mysterium und Entertainer
> Die Skispringer Felix Hoffmann und Philipp Raimund könnten
> unterschiedlicher kaum sein. Vor Tourneeauftakt gehören sie zum
> erweiterten Favoritenkreis.
IMG Bild: Plötzlich gut: Felix Hoffmann beim Weltcup-Springen in Engelberg
Philipp Raimund ist in roten Badelatschen zum letzten großen Pressetermin
vor der 74. Vierschanzentournee gekommen. Genauso cool war seine Begrüßung
im Hotel Sonnenbichl in Fischen und was er so von seinem Weihnachtsfest zu
erzählen hatte. Statt des üblichen Posts zu Weihnachten hätte er die
sozialen Medien wegen des Trubels um seine Person diesmal komplett
ignoriert, was er jedem „empfehlen würde“. Nun verriet er, dass er mit
seiner Familie „Golf um die Geschenke gespielt“ habe.
Was der zweite deutsche Skisprung-Hoffnungsträger Felix Hoffmann so über
die Festtage mit Frau und Tochter erlebt hat, blieb offen. Der gebürtige
Thüringer fehlte bei der Medienrunde. Das passte perfekt ins Bild des
beinahe schon mysteriösen Mannes, der im stolzen Alter von 28 in die
Weltspitze durchgestartet ist. Der gefühlvolle Flugkünstler, bisher drei
Podestplätze in diesem Weltcup-Winter, ist der introvertierte Teil des
neuen Führungsduos im deutschen Skispringen. Philipp Raimund, vier
Podestplätze, der extrovertierte.
Gemeinsam sind die beiden die „Außenseiter-Favoriten“. So umschreibt
Bundestrainer Stefan Horngacher die Situation, aus der die deutschen
Springer diesmal auf die Jagd nach dem ersten deutschen Tourneesieg seit 24
Jahren gehen. In den vergangenen Wintern gab es meist einen Deutschen, der
als Mitfavorit in die Tournee startete.
Der Oberstdorfer Karl Geiger reiste schon im Gelben Trikot des
Weltcup-Spitzenreiters an, genau wie [1][im vergangenen Winter Pius
Paschke]. Auch Andreas Wellinger gehörte schon häufiger zu den
Sieganwärtern. Alle scheiterten jedoch an der gewaltigen Aufgabe, den
Goldenen Adler zum ersten seit Sven Hannawald nach Deutschland zu holen.
Routiniers im Formloch
Wellinger, Geiger und Paschke sind auch diesmal wieder mit von der Partie.
Nach meist desaströsen Ergebnissen und einer Trainingsphase, in der sie
teils auf Langlaufski das Gefühl für den perfekten Flug zurückgewinnen
mussten, gehen sie jedoch als krasse Außenseiter in den
Skisprung-Grand-Slam.
Klarer Topfavorit ist nach fünf Siegen in den letzten sechs Springen der
slowenische Weltmeister Domen Prevc. Auf Nummer 2 der Liste der Topanwärter
steht [2][der dreifachen Tourneesieger Ryoyu Kobayashi] aus Japan. Dann
sind da noch [3][die gefährlichen Österreicher um Stefan Kraft]. Erst
dahinter lauern Philipp Raimund und Felix Hoffmann, die
„Außenseiter-Favoriten“ aus Deutschland.
Eigentlich die perfekte Ausgangsposition, wie Chefcoach Horngacher findet:
„Wir können nur gewinnen, nichts verlieren.“ Zumal Philipp Raimund jemand
ist, der das gewaltige Medieninteresse und die Zuschauermassen wirklich
genießt. „Der Philipp ist einer, dem dieser Rummel taugt. Von dem her ist
er schon prädestiniert für die Vierschanzentournee. Er hat sportlich
extreme Fähigkeiten. Dazu eben auch seine Offenheit und Fröhlichkeit. Das
hilft in solchen Situationen“, sagt Stefan Horngacher.
Philipp Raimund selbst meint, dass er in einer „privilegierten Situation“
in das mit über 25.000 Fans ausverkaufte Auftaktspringen in Oberstdorf
geht: „He, ich springe ganz nett. Ich freue mich auf die Tournee und gehe
weiter Schritt für Schritt.“ Raimund lieferte zu Karrierebeginn seine
besten Ergebnisse oft bei der Tournee ab.
Spätstarter Hoffmann
Felix Hoffmann hatte diese Chance nicht – der spät aus dem B-Kader
aufgestiegene Mann bestritt mangels Leistung noch nie eine komplette
Tournee mit allen vier Springen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen,
Innsbruck und Bischofshofen. Und jetzt soll er plötzlich ein Geheimtipp für
den Gesamtsieg sein?
„Ich habe in den letzten Jahren bei der Tournee viel lernen können und bin
jetzt hoffentlich mal langsam an dem Punkt, dass das gut funktioniert“,
sagt Hoffmann. Hoffnung macht ihm, dass er sich mit der anderen neuen
deutschen Führungsfigur Philipp Raimund gut ergänzt: „Philipp ist ein Typ,
der viel auf andere zugeht und sie in Gespräche verwickelt. Ich bin da
deutlich zurückhaltender“, so Hoffmann.
Klingt nach einem perfekten Match. Der letzte deutsche Tourneesieger, Sven
Hannawald, hat jedenfalls Hoffnung auf eine deutsche Überraschung: „Aus
Philipp sprudelt es nur so raus, vom Typ her ist das für einen deutschen
Skispringer eher ungewöhnlich. Aber auch ein eher introvertierter Springer
wie Felix Hoffmann hat gute Voraussetzungen, die Tournee zu gewinnen. Am
Ende geht es darum, wie man an den stressigen Tournee-Tagen mit dem Druck
umgeht. Nicht nur oben auf der Schanze, sondern auch mit den Interviews.“
In seinen roten Badelatschen hat Philipp Raimund in dieser Beziehung schon
mal einen coolen Start hingelegt.
28 Dec 2025
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## AUTOREN
DIR Lars Becker
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