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       # taz.de -- berliner szenen Insel im Mitte-Meer
       
       > Strandbar am Mittag
       
       Ganz Mitte ist besetzt von Promi-Bars, Designer-Shops und Edelrestaurants.
       Ganz Mitte? Nein! Ein unbeugsames Fleckchen Sand ist noch geblieben, hinter
       dem Monbijoupark, am Ufer der Spree – die „Strandbar“.
       
       „Sag, dass wir bedroht sind“, ruft der Mann im Korbsessel Hubertus, dem
       Barkeeper zu. „Du, die wollen auch noch wissen, wie viel Sand wir hier
       haben“, fällt Hubertus ein. – „ 120 Tonnen. Aus Brandenburg!“, ist die
       Antwort.
       
       Hüftschwingend bewegt sich Hubertus auf das Kamerateam zu. An der
       Yuccapalme macht er Halt und erzählt, wie sie vor zwei Jahren am Hoftheater
       eine Bar eröffnet haben und dass jetzt Baupläne für Uferpromenaden und
       Einkaufspassagen die kleine Sandoase bedrohen. Die Journalisten nicken: So
       etwas ist genau richtig für das Wochenmagazin. Dann schreiten sie auf der
       Suche nach verwertbaren Eindrücken vorbei an voll bepackten Biertischen,
       die Kamera immer mit dabei. Im Objektiv spiegeln sich die Gesichter der
       Hauptstadt – an einem Ort, wo sich Anzug und Nasenring mischen, wo Palmen
       nebst Sonnenschirmen stehen.
       
       Hier backen Kinder Burgen aus Sand, und entspannte Eltern trinken Piña
       Coladas. Umschlungene Pärchen hoffen auf einen Platz im Strandkorb,
       Studenten machen sich breit auf den Liegen. Inderinnen in seidenen Saris
       huschen barfüßig vorbei, und Typen oben ohne zeigen ihre Muckis. Eine dicke
       Blondine hält sich tapfer in ihren Stöckelschuhen. Der schlaksige Baukran
       hinter den S-Bahn-Gleisen winkt ihr aus der Ferne zu. Leise, im Takt des
       warmen Sommerwindes, wiegt sich der Fernsehturm. Ein Boot gleitet auf dem
       Wasser dahin. Amerikanische Touristen staunen Bauklötzer über billiges
       Bier. Auf einem Schild an der Bretterbudenbar steht „Kaffee nur hier!“.
       SERENA KLEIN
       
       5 Aug 2003
       
       ## AUTOREN
       
   DIR SERENA KLEIN
       
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