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       # taz.de -- Quoten in Aufsichtsräten: Frauenkampf im Bundestag
       
       > Abgeordnete aller Fraktionen propagieren in ihrer "Berliner Erklärung"
       > eine 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte. Auch Frauen von FDP und Union
       > sind dafür.
       
   IMG Bild: Mit ihrer Ablehnung der Frauenquote steht die Familienministerin alleine da.
       
       Berlin taz | Mit der Forderung nach einer 30-Prozent-Quote für
       Aufsichtsräte setzt eine fraktionsübergreifende Gruppe von
       Parlamentarierinnen Bundesfrauenministerin Kristina Schröder (CDU) unter
       Druck.
       
       Die Erklärung wurde nicht nur von den Abgeordneten aus Parteien, die
       ohnehin eine feste Quote fordern, initiiert, sondern auch von Rita Pawelski
       (CDU), Dorothee Bär (CSU) und Sibylle Laurischk (FDP), deren Fraktionen
       eine solche Quote bisher ablehnen.
       
       "Wir wollen den dauernden Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 2 des
       Grundgesetzes nicht länger hinnehmen", heißt es in der am Donnerstag
       vorgestellten Erklärung. Der genannte Absatz verpflichtet den Staat, "auf
       die Beseitigung bestehender Nachteile" zwischen den Geschlechtern
       hinzuwirken.
       
       In einem ersten Schritt soll eine Mindestquote von 30 Prozent für die
       Aufsichtsräte börsennotierter, mitbestimmungspflichtiger und öffentlicher
       Unternehmen gelten. "Die Quote für Aufsichtsräte kann aber nur der Anfang
       sein", so Rita Pawelski. Weitere Schritte wie eine Quote für Vorstände
       könnten folgen.
       
       "Meine Fraktion hat eine andere Beschlusslage", erklärte Sibylle Laurischk
       von der FDP unverblümt. Doch sei die Debatte in der FDP "sehr
       differenziert, insbesondere unter den Frauen". Auch Rita Pawelski hat
       Frauen in der Fraktion hinter sich, denn die Frauenunion der CDU hat sich
       schon mehrfach für eine feste Quote ausgesprochen. Von der SPD ist
       Fraktionsvize Dagmar Ziegler bei den Initiatorinnen, von den Grünen Ekin
       Deligöz und von der Linkspartei Cornelia Möhring. Insbesondere in der SPD
       ist die Erklärung aber umstritten, weil die SPD eine 40-Prozent-Quote
       anstrebt, und dies auch für Vorstände.
       
       ## Alice Schwarzer kämpft mit Friede Springer
       
       Unterstützt wird das Vorhaben von Frauenverbänden wie dem Juristinnenbund
       oder dem Verband der Unternehmerinnen. Zu den ErstunterzeichnerInnen zählen
       Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Ministerpräsidentin der Saarlandes, Jutta
       Allmendinger vom Wissenschaftszentrum Berlin, Arbeitsministerin Ursula von
       der Leyen (CDU), aber auch UnternehmerInnen wie Friede Springer,
       Mehrheitsaktionärin des Springer Verlags oder Thomas Sattelberger, Vorstand
       der Deutschen Telekom, und Promis wie Schauspielerin Senta Berger oder
       Emma-Chefin Alice Schwarzer.
       
       Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) fehlt erwartungsgemäß auf der
       Liste. Sie hat sich bisher gegen feste Quoten ausgesprochen. Vor Kurzem
       wurde Schröders Arbeitsentwurf eines "Flexi-Quoten-Gesetzes" bekannt.
       Danach sollen sich Aufsichtsräte und Vorstände selbst eine Quote setzen,
       als Minimalziel ist je eine Frau pro Gremium genannt. Zu dem Gesetzentwurf
       wollten die Abgeordneten sich gestern ausdrücklich nicht äußern.
       
       ## Alle Frauen zusammen hätten die Mehrheit
       
       Würden alle Frauen der Koalition mit der Opposition für die feste Quote
       stimmen, hätten sie eine Mehrheit von 335 Stimmen. Ob aus der Berliner
       Erklärung ein Parlamentsantrag werde, ließen die Initiatorinnen am
       Donnerstag noch offen. "Die Quote ist mehrheitsfähig - wo bleiben die
       GesetzgeberInnen?" fragt denn auch der Deutsche Frauenrat, der sich für
       eine feste Quote einsetzt.
       
       Frauenministerin Schröder dagegen interpretiert die Erklärung um: Sie sei
       Rückenwind für ihren eigenen Gesetzentwurf, den die FDP bisher blockierte:
       "Ich freue mich, dass es offenbar in der FDP Bewegung gibt für eine
       gesetzliche Regelung", ließ sie wissen. "Mein Modell für eine gesetzliche
       Regelung betrifft nicht nur die Aufsichtsräte, sondern auch die Vorstände
       und bietet sich an als Scharnier der Vernunft zwischen den verschiedenen
       Positionen innerhalb der Koalition."
       
       15 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heide Oestreich
       
       ## TAGS
       
   DIR Autobiografie
   DIR Schwerpunkt Feministischer Kampftag
       
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