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       # taz.de -- 1. Mai in Berlin: Platzwechsel im 20-Minuten-Takt
       
       > Die Revolutionäre Mai-Demonstration wird wegen Corona durch ein Katz- und
       > Maus-Spiel mit der Polizei ersetzt. Gesteuert per Twitter.
       
   IMG Bild: Niemanden zurücklassen: Eine Demonstrantin setzt sich auf der Oranienstraße für Flüchtlinge ein
       
       Berlin taz | Um 18.19 Uhr kommt das Startsignal über Twitter. Das
       Revolutionäre 1.Mai-Bündnis schreibt: „Es geht los, alle auf die Straßen“.
       Und genau das geschieht dann auch. Hunderte sind es anfangs, die auf der
       Oranienstraße, dem Zentrum von Berlin-Kreuzberg 36, zwischen die Autos
       strömen, [1][Plakate auspacken], Parolen rufen. Nur einen kurzen Moment
       später [2][nimmt die Polizei am Ende der Straße am U-Bahnstation Görlitzer
       Bahnhof die ersten beiden Plakatträger in Gewahrsam]. Die Stimmung ist
       aufgeheizt. Der Revolutionäre 1. Mai in Berlin-Kreuzberg beginnt und es
       fühlt sich an, wie in all den Jahren zuvor.
       
       Dabei ist doch alles ganz anders. Wegen Corona sind [3][Demonstrationen
       weitgehend verboten]. Ausgenommen sind nur stationäre Kundgebungen mit
       maximal 20 Teilnehmern. Die Antispekulationsdemo am Nachmittag [4][durfte
       sich nur per Autokorso in den Grunewald bewegen. Der Gewerkschaftsbund
       demonstrierte nur per Livestream im Internet].
       
       Auch die Autonomen haben deswegen auf ihre traditionelle
       18-Uhr-Demonstration verzichtet und stattdessen zu dezentralen Protesten
       aufgerufen. Im 20-Minuten-Takt werden neue Orte benannt, an denen sich die
       DemonstrantInnen versammeln sollen.
       
       Eine [5][erste Spontandemonstration] zur Ohlauer Straße endet nach 100
       Metern an einer Polizeikette. Doch schon kurze Zeit später stehen viele
       Linke an dem benannten Treffpunkt – und beginnen sofort wieder zu laufen.
       
       Die Polizei, auch an diesem 1. Mai mit einem Aufgebot von 5.000 BeamtInnen,
       agiert überwiegend zurückhaltend. Nur vereinzelt greifen sie ein und nehmen
       Personen fest, die sich an Sprechchören beteiligen oder größere
       Transparente tragen. Das zentrales Ziel der Polizei ist es, die dezentralen
       Aktionen nicht zu groß werden zu lassen. Immer wieder werden Kreuzungen und
       Straßen gesperrt.
       
       Es sind vielleicht 2.000 Menschen, die sich an den Protesten beteiligend
       durch Kreuzberg bewegen. Zwischen ihnen PassantInnen, Autoverkehr, und
       viele, die sich vor Kneipen und Spätis versammeln und so tun, als wäre
       [6][das MyFest dieses Jahr nicht abgesagt]. Den DemonstrantInnen geht es
       dagegen vor allem darum, sich den Tag und ihre Botschaften nicht nehmen zu
       lassen. Sehr viele Schilder und Transparente fordern die Evakuierung der
       40.000 Flüchtlinge, die [7][in griechischen Lagern festhängen].
       
       Um 20 Uhr soll die letzte Pop-Up-Kundgebung am Mariannenplatz stattfinden,
       doch diesmal hat die Polizei sämtliche Zugangswege abgeriegelt. Viele
       Menschen drängen sich vor den Polizeisperren. In der Mariannenstraße macht
       die Polizei schließlich mehrere Durchsagen. Zu viele Leute, heißt es,
       befänden sich auf der Straße. Einige der DemonstrantInnen interessieren
       sich nicht für die Abstandsregeln, viele andere allerdings ziehen sich
       zurück.
       
       Etwa 200 Personen schaffen es schlussendlich auf die weitläufige Wiese vor
       dem Bethanien. Dort steht auch das Anfang der 70er Jahre besetzte
       Rauch-Haus, bekannt [8][aus dem gleichnamigen Song von Ton Steine
       Scherben], der prompt gesungen wird. Das revolutionäre 1. Mai-Bündnis zeigt
       sich zufrieden mit den klandestinen Klein-Kundgebungen: „Der Revolutionäre
       1. Mai steht in diesem Jahr unter einem antirassistischen Inhalt. Toll,
       dass alle so viele Parolen gezeigt haben.“
       
       Erst nach Abschluss der orchestrierten Aktionen, kommt es noch zu kleineren
       Zusammenstößen. So fliegen am Görlitzer Bahnhof vereinzelt Flaschen in
       Richtung der Polizei, die ihrerseits vehement in die Menge rennt. Es ist
       [9][das typische 1. Mai-Bild] in Kreuzberg.
       
       1 May 2020
       
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   DIR [1] https://twitter.com/retep_kire/status/1256261358179487744
   DIR [2] https://twitter.com/retep_kire/status/1256257217382285314
   DIR [3] /Politische-Bewegungen-in-Corona-Zeiten/!5674569/
   DIR [4] /1-Mai-in-Berlin/!5682639/
   DIR [5] https://twitter.com/retep_kire/status/1256263789881819136
   DIR [6] /Berlin-im-Zeichen-von-Corona/!5667583/
   DIR [7] /Kinder-aus-den-Lagern-in-Griechenland/!5679567
   DIR [8] https://youtu.be/NMiznsg5As0
   DIR [9] https://twitter.com/retep_kire/status/1256289217572986882
       
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