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       # taz.de -- Grüne für Verbot: 29 zugelassene Pestizidwirkstoffe bilden gefährliche Säure
       
       > Deutsche Behörden stufen Trifluoressigsäure als fortpflanzungsgefährdend
       > ein. Als Konsequenz verlangen die Grünen, mehrere Pestizide zu verbieten.
       
   IMG Bild: Entstehen am Ende gefährliche Säuren? Ein Traktor mit Feldspritze sprüht Pestizide auf ein Feld in Nordrhein-Westfalen
       
       Berlin taz | Die Grünen fordern, sämtliche Ackergifte zu verbieten, aus
       denen sich die laut deutschen Behörden fortpflanzungsgefährdende
       Trifluoressigsäure (TFA) bildet. „Alle [1][Pestizide], die zu TFA
       zerfallen, müssen ihre Zulassung verlieren“, sagte der
       Bundestagsabgeordnete und Pflanzenschutzmittelexperte Karl Bär der taz.
       Auch Industrieunternehmen müssten TFA aus ihrer Produktion streichen.
       „Neue Studien zeigen, dass sie bereits in sehr geringen Mengen die
       Entwicklung ungeborener Kinder schädigen kann“, so der Grünen-Politiker.
       „Trotzdem sind in Deutschland 29 Pestizidwirkstoffe im Einsatz, die zu TFA
       zerfallen.“
       
       Die Säure wurde 2016 in Trinkwasser der Neckarregion nachgewiesen, wie das
       [2][Umweltbundesamt und andere Behörden] Ende Mai mitteilten.
       TFA-Vorsubstanzen stammen aus großen Industrieanlagen und Produkten wie
       [3][Pappbechern, Pizzakartons, Backpapier, antihaftbeschichteten Pfannen,
       Outdoorkleidung, Teppichen,] aber auch aus dem Kältemittel R1234yf. Dieses
       wird laut Deutscher Umwelthilfe in [4][fast jeder Autoklimaanlage] genutzt.
       Mengenangaben für die Emissionen aus Industrieanlagen liegen nicht vor.
       
       2016 und 2017 wurde klar, dass die Säure auch beim Abbau verschiedener
       Pestizidwirkstoffe entsteht. „Mit circa 434 Tonnen/Jahr potenzieller
       TFA-Emissionen tragen die in der Landwirtschaft eingesetzten
       Pflanzenschutzmittel vermutlich einen bedeutenden Teil der TFA-Einträge
       bei“, so das Umweltbundesamt. Insgesamt stellen die Behörden fest: „In
       deutschen Gewässern wird TFA seit Jahren detektiert – Tendenz steigend.“
       
       Sie raten nun in einem aktuellen Gutachten für die EU, TFA als
       wahrscheinlich [5][reproduktionstoxisch] einzustufen. Sie empfehlen eine
       Warnung: „Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die
       Fruchtbarkeit beeinträchtigen.“ Allerdings seien solche Schäden „erst bei
       TFA-Konzentrationen nachgewiesen, die deutlich oberhalb der Gehalte in der
       Umwelt liegen“, schreibt das an dem Gutachten beteiligte Bundesinstitut
       für Risikobewertung. „Derzeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen
       deshalb nicht zu erwarten, wenn mit TFA belastetes Wasser oder
       Nahrungsmittel verzehrt werden.“ Die vorgeschlagene Einstufung der
       Chemikalie würde Maßnahmen ermöglichen, dass dies auch so bleibt.
       
       Das Umweltbundesamt bewertet TFA als sehr langlebig und sehr mobil. Stoffe
       mit diesen Attributen werden in der Umwelt schwer abgebaut und setzen sich
       kaum an Ablagerungen oder Aktivkohlefiltern fest. Die
       Trinkwasseraufbereitung könne solche Stoffe nur mit hohem technischem
       Aufwand entfernen, so die Behörde. „Die Zahl und Mengen der Chemikalien,
       die zu TFA abbauen, steigen stetig. Die Einträge in die Umwelt müssen
       schnellstmöglich gesenkt werden, damit Umwelt und Trinkwasserressourcen
       nachhaltig geschützt werden.“
       
       Dafür wird den Behörden zufolge auch die Zulassung von Pestiziden
       überprüft, die TFA bilden. „Auch TFA-Einträge aus Kältemitteln könnten
       schnell reduziert werden, da bereits marktreife Alternativen wie
       Kohlenwasserstoffe, Kohlendioxid, Ammoniak oder Luft verfügbar sind.“
       
       Spätestens in eineinhalb Jahren muss die EU-Chemikalienbehörde Echa ihre
       Stellungnahme zu dem deutschen Gutachten an die EU-Kommission übergeben,
       die dann eine Verordnung zu den Warnhinweisen für die Säure entwerfen soll.
       
       Wie weit verbreitet TFA schon ist, zeigt eine Stichprobe, die
       Grünen-Abgeordneter Bär nach eigenen Angaben Mitte März aus Leitungswasser
       im bayerischen Oberland gezogen hat: „Sechs Wasserproben aus Holzkirchen,
       Miesbach, Wolfratshausen sowie aus dem Tegernsee, der Isar und dem Mangfall
       zeigten durchweg TFA-Werte zwischen 0,46 und 0,78 Mikrogramm pro Liter“,
       so Bär. Das liege klar über den 0,1 Mikrogramm, auf die der aktuelle
       Grenzwert von derzeit 10 Mikrogramm gesenkt werden müsse.
       
       ## Funde in Leitungswasser, Brot und Wein
       
       Die österreichische Umweltorganisation Global 2000 will am Dienstag
       ausführlich darüber berichten, dass sie die „Ewigkeits-Chemikalie in Brot,
       Nudeln und Co.“ aus Supermärkten des Landes gefunden habe. Bio habe besser
       abgeschnitten, doch die Gesamtbelastung sei alarmierend hoch, heißt es in
       der Einladung zur Präsentation. Bereits früher landete die Organisation
       Treffer bei [6][Untersuchungen von Wein].
       
       Der Industrieverband Agrar, der Pestizidhersteller vertritt, wies
       Forderungen nach einem „Pauschalverbot“ zurück. Schon heute würden die
       Behörden „mit Blick auf die zu erwartende Einstufung von TFA“ prüfen, ob
       der Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter im Grundwasser eingehalten
       werden kann. „Es gibt also bereits eine Zulassungsbeschränkung für
       TFA-bildende Pflanzenschutzmittel“, schrieb Geschäftsführer Martin May der
       taz. Allerdings ändert das Bär zufolge nichts daran, dass die genannten 29
       Pestizidwirkstoffe bereits zugelassen seien.
       
       2 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Pestizide/!t5008935
   DIR [2] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/trifluoressigsaeure-tfa-bewertung-fuer-einstufung
   DIR [3] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/3521/publikationen/2021_hg_chemiekalieneintrag_bf.pdf
   DIR [4] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/verschaerfte-risikobewertung-von-ewigkeitschemikalie-tfa-deutsche-umwelthilfe-fordert-sofortige-besc/
   DIR [5] https://www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/gefahrstoffe/sicherheitsdatenblatt/reproduktionstoxizitaet
   DIR [6] /Belastung-durch-Pestizide/!6080656
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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