# taz.de -- 5 Jahre Protestcamp am Kottbusser Tor: Rund um die Uhr offen für den Protest
> Die Mieterinitiative Kotti & Co feiert Jubiläum: Vor fünf Jahren
> errichtete sie am Kottbusser Tor ihr Protestcamp. Bis heute ist der Bau
> das Herz der Gruppe.
IMG Bild: Kotti & Co. gelang es, breite Schichten zum Protest gegen Mieterhöhungen zu bewegen
Frühling 2012: Etwas mehr als ein Jahr war es her, dass im Zuge des
Arabischen Frühlings Tausende den Tahrirplatz in Kairo besetzt hatten,
danach gab es massenhafte Platzbesetzungen in Spanien und dann machte noch
die Occupybewegung weltweit Furore. Diese Besetzungen hallen nach, bis nach
Kreuzberg, ans Kottbusser Tor, ins Café Südblock, wo sich die neue
Mieter-Initiative Kotti & Co trifft, um gemeinsam gegen die Mieten im
sozialen Wohnungsbau vorzugehen, die aufgrund verfehlter politischer
Entscheidungen mittlerweile oft höher sind als anderswo.
Gespräche mit Beratungsstellen und PolitikerInnen hatten bisher keine
Lösung gebracht – lasst uns den Kotti besetzen, sagt eine der älteren
türkischen Aktivistinnen da plötzlich, und trotz anfänglicher Skepsis baut
die Initiative am 26. Mai 2012 am Rande ihres Straßenfests tatsächlich ein
Protestzelt auf am südlichen Kottbusser Tor.
Fünf Jahre später ist aus den Europaletten und dem Sonnenschirm, die hier
am Anfang standen, längst ein ziemlich professionell erbautes Häuschen
geworden. Das Gecekondu – in etwa „über Nacht hingestellt“ und damit eine
Anspielung auf eine türkische Legende, nach der nicht abgerissen werden
darf, was binnen einer Nacht erbaut wurde – ist nach wie vor das Herz der
Initiative Kotti & Co.
Die ist über die Jahre ebenfalls immer professioneller geworden: Am Anfang
ging es noch darum, überhaupt Aufmerksamkeit zu erregen, mit Topfdeckeln
bewaffnet zogen die AktivistInnen durch den Kiez – kurze Routen, damit
möglichst alle NachbarInnen mitmachen können. Dazu hatte das Gecekondu rund
um die Uhr geöffnet, wurde zur Anlaufstelle für hilfesuchende MieterInnen,
aber auch viele, die einfach einen Tee trinken wollten.
Daneben fing die Gruppe aber schnell an, sich selbst zu ExpertInnen zu
machen: Nächtelang kämpften sich die Mitglieder durch die komplizierte
Rechtslage im sozialen Wohnungsbau. Den vorläufigen Höhepunkt dieses
Prozesses bildete der Mietenvolksentscheid, an dessen Gesetzesvorlage Kotti
& Co maßgeblich beteiligt waren.
Zum fünften Geburtstag des Gecekondu gibt es jetzt am Freitag aber mal
wieder eine Lärmdemo. Schaden kann es nicht. Denn auch wenn für die
MieterInnen am Kotti schon einige Verbesserungen erreicht wurden und der
rot-rot-grüne Senat im nächsten Jahr eine umfassende Reform der Mieten im
sozialen Wohnungsbau anstrebt: Das dicke Ende kommt erst noch, nämlich wenn
in einigen Jahren die Frist für den sozialen Wohnungsbau am Kotti ausläuft
und die Wohnungen dort dann auf dem freien Markt landen. Zum Geburtstag
heißt es also: weiter einen langen Atem!
26 May 2017
## AUTOREN
DIR Malene Gürgen
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