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       # taz.de -- 50 Jahre Weltzeituhr am Alexanderplatz: Liebling der Massen
       
       > Sie ist der Treffpunkt am rummelversuchten Alexanderplatz: die
       > Weltzeituhr. Vor 50 Jahren eingeweiht, gibt es sie jetzt erstmals als
       > Souvenir.
       
   IMG Bild: Erich John (l.), Designer der Weltzeituhr, und Carsten Kollmeier, Geschäftsführer der Weltzeituhr Vertriebs UG, vor der Weltzeituhr am Alexanderplatz
       
       Normalerweise sind Werbeartikel die Hölle. Janosch zum Beispiel: Seine
       tollen anarchischen Kindergeschichten zu lesen schafft man eigentlich kaum
       mehr, seit viele Buchhandlungen die geneigte Leserin mit
       Janosch-Frühstücksbrettchen, Janosch-Socken und Janosch-Gitarren
       belästigen. Oder Harry Potter: Es soll ja Kinder geben, die sich über Jahre
       hinweg ausschließlich schlecht verarbeitete Plastikzauberstäbe und
       Plüscheulen zu horrenden Preisen wünschen.
       
       Gut, dass es da jetzt eine Ausnahme gibt. Erich John, Erfinder der
       legendären Weltzeituhr am Alexanderplatz, sitzt am Mittwochmorgen im
       dritten Stock des Hotels Park Inn am Alexanderplatz und erklärt der Presse,
       warum er erst jetzt, 49 Jahre nachdem er seine Uhr dem damaligen
       Bürgermeister Ostberlins übergab, deren Markenrechte an ein Berliner
       Unternehmen verkauft hat. „Ich bin alt und möchte, dass das in gute Hände
       kommt“, sagt der inzwischen 86 Jahre alte emeritierte Professor für
       Industriedesign.
       
       Und während John in sympathisch altmodischer Sprache und mit ungebrochener
       Begeisterung von der Entstehungsgeschichte der Weltzeituhr mit den 24
       Zeitzonen der Erde und dem darüber rotierenden Sonnensystem erzählt, laufen
       im Hintergrund Bilder von Souvenirs von der Weltzeituhr ab, die es bislang
       tatsächlich nirgends gab: kein Trash, sondern schönes Design zu
       angemessenen Preisen, viel davon made in Berlin, coole Shirts,
       Emailletassen, Schlüsselanhänger und Tischaufsteller aus Zink, die man
       sich auch als Berlinerin, ohne mit der Wimper zu zucken, auf den
       Schreibtisch stellen würde.
       
       Denn es ist nicht nur so, dass jeder die Weltzeituhr kennt, sondern auch
       so, dass sehr viele in dieser Stadt sie auch lieben – mehr lieben noch als
       selbst den Fernsehturm. Als sie 1969 zum 20. Jahrestag der DDR eingeweiht
       wurde, da war die Mauer gerade mal acht Jahre alt. Vor allem im Westen,
       erzählt John, fanden es viele zynisch, den Ostberlinern eine Weltzeituhr
       auf ihren zentralen Platz zu stellen.
       
       Es wird wohl auf ewig ein ungelöstes Rätsel bleiben, warum die Uhr trotz
       mangelnder Reisefreiheit und trotz der Mauertoten zum Liebling der Massen
       wurde, ja sogar zu einer Art subversivem Gegenmodell zum politischen
       Programm der DDR, zu einem Sehnsuchtsort geradezu, an dem sich vor allem
       junge Menschen gern verabredet haben.
       
       Bis heute ist die Weltzeituhr, die übrigens dem Land Berlin gehört und 1997
       saniert wurde, ein Symbol für Weltoffenheit, Vielfalt und Frieden, sagt
       Carsten Kollmeier, der die Uhr nun vermarktet und zuvor federführend das
       Dalí-Museum und das Spionagemuseum ins Leben gerufen hat. Mit einem Teil
       des Erlöses möchte er dafür sorgen, dass es in Zukunft auch Events rund um
       die Weltzeituhr geben wird, besonders zu ihrem runden Geburtstag 2019.
       
       Darüber zeigt sich Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne),
       der am Mittwoch wie Erich John und Carsten Kollmeier auf dem Podium sitzt,
       besonders erfreut. Wenn es nach ihm ginge, fasst er zusammen, hätte die
       Politik deutlich mehr Möglichkeiten, bei der Bespielung des Alex
       mitzuwirken und nicht jede Budenhäufung von Oktoberfest bis Ostermarkt
       einfach hinzunehmen.
       
       14 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Messmer
       
       ## TAGS
       
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