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       # taz.de -- 96. Oscar-Verleihung: „Oppenheimer“ räumt ab
       
       > Deutsche Filmschaffende verpassen ihren Oscar-Triumph, ein Werk mit
       > Sandra Hüller gewinnt dennoch. Öfter wird es politisch, „Oppenheimer“ ist
       > Sieger des Abends.
       
   IMG Bild: Die ausgezeichneten Schauspieler:innen Robert Downey Jr., Da'Vine Joy Randolph, Emma Stone und Cillian Murphy (v.l.)
       
       Los Angeles dpa | Die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller hat den Oscar
       als beste Hauptdarstellerin zwar verpasst, spielt aber im besten
       internationalen Film des Jahres – [1][„The Zone of Interest“] – die
       weibliche Hauptrolle. Großer Gewinner bei den 96. Oscars wurde mit sieben
       Auszeichnungen das historische Epos „Oppenheimer“. Für Aufsehen sorgten ein
       Nacktauftritt, [2][Ryan Goslings „I'm Just Ken“-Lied-Performance], Al
       Pacinos holprige Verkündung des besten Films sowie politische Äußerungen
       zum Gaza- und zum Ukraine-Krieg.
       
       Der deutschsprachige britische Film „The Zone of Interest“ mit Hüller als
       Frau des Auschwitz-Kommandanten Höß (gespielt vom deutschen
       Schauspielkollegen Christian Friedel) gewann in der Sparte für den besten
       ausländischen Film.
       
       Regisseur Jonathan Glazer ging in seiner Dankesrede auf den Gaza-Krieg ein.
       „Ob es die Opfer des 7. Oktober in Israel oder der andauernden Attacke auf
       Gaza sind“, alle seien Opfer von Entmenschlichung, betonte der Filmemacher.
       Die ebenfalls in der International-Sparte nominierten Filme der beiden
       deutschen Regisseure [3][İlker Çatak] („Das Lehrerzimmer“, Deutschland) und
       [4][Wim Wenders] („Perfect Days“, Japan) gingen leer aus.
       
       Die aus Thüringen stammende und in Leipzig wohnende Sandra Hüller (45) war
       auch als beste Hauptdarstellerin nominiert, was seit mehr als 80 Jahren
       keiner Deutschen mehr gelungen war. Im französischen Justizdrama
       [5][„Anatomie eines Falls“] spielt sie eindrucksvoll und vielsprachig eine
       Schriftstellerin, die sich vor Gericht wegen Mordverdachts an ihrem Ehemann
       verantworten muss.
       
       ## Vier Auszeichnungen für „Poor Things“
       
       Die Auszeichnung ging allerdings an Emma Stone – für ihre Leistung in der
       grotesken Komödie [6][„Poor Things“]. Es ist Stones zweiter Oscar nach
       2017, damals für „La La Land“. „Poor Things“ von Giorgos Lanthimos holte
       insgesamt vier Auszeichnungen, etwa für Kostüm- und Maskenbild. Die
       Auszeichnung für die beste Nebendarstellerin erhielt Da'Vine Joy Randolph
       für ihre Rolle im Drama [7][„The Holdovers“].
       
       Der Historienfilm „Oppenheimer“ über den Physiker J. Robert Oppenheimer,
       der zur Atombombe forschte, holte unter anderem die Auszeichnung als Bester
       Film, den Regiepreis für Christopher Nolan sowie zwei Schauspielpreise:
       Cillian Murphy wurde als bester Hauptdarsteller, Robert Downey Jr. als
       bester Nebendarsteller geehrt. Sieben Oscars (bei 13 Nominierungen) sind so
       viele wie letztes Jahr „Everything Everywhere All at Once“ gewann.
       
       Während der Verleihung wurde mehrfach an aktuelle politische Krisen
       erinnert. Als bester Dokumentarfilm wurde die Produktion [8][„20 Tage in
       Mariupol“] ausgezeichnet, die die Erlebnisse von AP-Journalisten in der
       ukrainischen Hafenstadt unter russischer Belagerung zeigt und die derzeit
       in der ARD-Mediathek abrufbar ist.
       
       Moderator Jimmy Kimmel führte durch die knapp dreieinhalbstündige Show, die
       zügiger inszeniert war als in früheren Jahren. Höhepunkt war für viele der
       Auftritt von Schauspieler Ryan Gosling, der mit Dutzenden tanzenden Männern
       das Lied „I'm Just Ken“ aus dem Film „Barbie“ sang. Plötzlich war auch
       Guns-N'-Roses-Gitarrist Slash auf der Bühne. Den Preis für den besten Song
       gewann aber ein anderes Lied aus dem [9][„Barbie“]-Film, nämlich „What Was
       I Made For?“, was den zweiten Oscar für die erst 22-jährige Billie Eilish
       bedeutete.
       
       ## „Meine Augen sehen ‚Oppenheimer‘“
       
       Kimmel machte etliche Scherze. So gab es mit seiner Anmoderation einen
       inszenierten Flitzer-Zwischenfall. Beim Preis fürs beste Kostümdesign trat
       Wrestling-Star John Cena nackt auf. „Kostüme sind sehr wichtig“, sagte der
       46-Jährige trocken, als er sich den großen Umschlag vor den Schritt hielt
       und ansonsten nur Schlappen trug. Der Hingucker-Auftritt erinnerte an einen
       Skandal vor 50 Jahren. 1974 rannte während einer Moderation von David Niven
       ein Flitzer über die Oscar-Bühne.
       
       Über Sandra Hüller sagte Kimmel am Anfang der Gala, sie spiele in „Anatomie
       eines Falls“ eine Frau, die wegen Mordes an ihrem Ehemann vor Gericht
       stehe, und in „The Zone of Interest“ eine Nazi-Hausfrau, die in der Nähe
       von Auschwitz lebe. „Während dies für amerikanische Kinobesucher sehr
       schwere Themen sind, nennt man sie in Sandras Heimat Deutschland Rom-Coms.“
       
       Hollywood-Star Al Pacino sorgte eher ungewollt für Lacher, als er den
       wichtigsten Preis des Abends etwas holprig verkündete. „Nun, dies ist der
       Zeitpunkt für die letzte Auszeichnung des Abends“, sagte der 83-Jährige
       ganz am Ende der Gala. „Und es ist mir eine Ehre, ihn zu überreichen. Zehn
       wunderbare Filme wurden nominiert, aber nur einer wird den Preis für den
       besten Film erhalten. Und dafür muss ich an den Umschlag gehen.“ Im
       Publikum regte sich Gelächter, als er weiter kommentierte: „Und das werde
       ich tun. Da kommt er. Und meine Augen sehen „Oppenheimer“. An diesem Punkt
       setzte Musik ein und die Menge jubelte.
       
       11 Mar 2024
       
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