URI: 
       # taz.de -- Abstimmung im US-Repräsentantenhaus: Ende der Blockadepolitik
       
       > Das US-Repräsentantenhaus verabschiedet neue Militärhilfe für die
       > Ukraine. Alle Demokraten und eine Minderheit der Republikaner stimmen
       > dafür.
       
   IMG Bild: Hat riskiert und vermutlich seinen Posten gerettet: der republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson
       
       Washington taz | Es brauchte einen iranischen Raketen- und Drohnenangriff
       auf Israel, um die Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus nach Monaten der
       Untätigkeit davon zu überzeugen, dass die USA weitere Hilfsleistungen für
       Israel, die Ukraine und Verbündete im Indopazifik zur Verfügung stellen
       sollten.
       
       Am Samstag verabschiedeten die Abgeordneten [1][drei individuelle
       Sicherheitspakete] mit überwältigender Mehrheit. Insgesamt stellen die
       verabschiedeten Pakete mehr als 95 Milliarden US-Dollar zur Verfügung, der
       Großteil davon in der Form von Militärhilfen.
       
       „Wir haben eine Verantwortung, den Terror zu bekämpfen, und wir haben eine
       Verantwortung, unseren demokratischen Verbündeten auf der ganzen Welt
       beizustehen“, sagte der demokratische Fraktionsführer im
       Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, am Samstag noch vor der Abstimmung.
       
       „Wir werden heute an der Seite des ukrainischen Volkes stehen, wir werden
       morgen an der Seite des ukrainischen Volkes stehen und wir werden an der
       Seite des ukrainischen Volkes stehen, bis der Sieg errungen ist“, erklärte
       er weiter. Viele der demokratischen Abgeordneten schwenkten während der
       Abstimmung kleine ukrainische Flaggen.
       
       ## Der Senat entscheidet in der kommenden Woche
       
       Auch der Vorsitzende des Auslandsausschusses, der texanische Republikaner
       Michael McCaul, griff zu großen Worten: Die Augen der Welt seien auf die
       Kongressabgeordneten gerichtet. Zukünftige Generationen würden über die
       heutige Abstimmung urteilen.
       
       Republikaner hatten in den vergangenen sechs Monaten die zusätzlichen
       Hilfsleistungen immer wieder blockiert. Vor allem die weitere Unterstützung
       der Ukraine ist für einige ultrakonservative Republikaner nur schwer zu
       schlucken. Am Ende stimmten 112 Republikaner gegen das Hilfspaket für die
       Ukraine, 101 Republikaner sorgten zusammen mit allen 210 Demokraten dafür,
       dass das Paket durchging.
       
       Neben den 61 Milliarden US-Dollar für die Ukraine stimmten die Abgeordneten
       auch für ein 26-Milliarden-Dollar-Paket zur Unterstützung Israels. Darin
       enthalten sind auch humanitäre Hilfen für die vom Krieg betroffen Menschen
       im Gazastreifen. Das Paket wurde mit 366 zu 58 Stimmen verabschiedet. Die
       Opposition zur Militärhilfe für Israel bestand aus einer Koalition von
       progressiven Demokraten wie Alexandria Ocasio-Cortez und republikanischen
       Hardlinern wie Matt Gaetz.
       
       Das dritte Paket über 8 Milliarden Dollar ist für US-amerikanische Partner
       im Indopazifik, wie Taiwan, Japan und Südkorea. Es erhielt nur 34
       Gegenstimmen, allesamt Republikaner.
       
       ## Die Republikaner haben einfach nur Zeit verloren
       
       Der US-Senat wird in der kommenden Woche über die verschiedenen
       Sicherheitspakete abstimmen. Laut dem demokratischen Mehrheitsführer Chuck
       Schumer soll dort frühestens am Dienstag mit den Abstimmungen begonnen
       werden. An der Zustimmung des Senats besteht kein Zweifel – gleichen doch
       die verabschiedeten Summen jenen, [2][die der Senat als Gesamtpaket bereits
       im Februar beschlossen hatte]. Danach landen sie auf dem Tisch von
       US-Präsident Joe Biden. Dieser hat bereits angekündigt, sie umgehend zu
       unterzeichnen.
       
       „Heute haben die Mitglieder beider Parteien im Repräsentantenhaus dafür
       gestimmt, unsere nationalen Sicherheitsinteressen voranzutreiben und eine
       klare Botschaft über die Macht der amerikanischen Führung auf der Weltbühne
       zu senden“, sagte Biden nach der Abstimmung.
       
       Für Biden und die Demokraten war es der lang ersehnte Durchbruch. Für die
       Republikaner bleibt ein fader Beigeschmack. Am Ende mussten sie sich jedoch
       eingestehen, dass die parteiinternen Zerwürfnisse, die seit Oktober eine
       Abstimmung über die Hilfspakete verhinderten, nur Zeit gekostet haben.
       
       Was jetzt verabschiedet wurde, ist bis auf kleine Abänderungen und
       zusätzliche Auflagen praktisch identisch mit dem von Biden bereits im
       Oktober vorgestellten Ausgabenpaket zur Stärkung der nationalen Sicherheit.
       
       ## Abwahlanträge gegen Sprecher Mike Johnson
       
       Für den [3][republikanischen Sprecher im Repräsentantenhaus, Mike Johnson],
       der in seiner bisherigen Amtszeit bereits mehrmals auf die Unterstützung
       von Demokraten vertrauen musste, könnten diese Hilfspakete zu einem
       politischen Problem werden.
       
       Drei republikanische Abgeordnete – Marjorie Taylor Green, Thomas Massie und
       Paul Gosar – hatten bereits vor der Wahl angekündigt, dass sie einen Antrag
       auf seine Amtsenthebung in Betracht ziehen, wenn die Hilfspakete
       verabschiedet würden. „Wir brauchen einen Sprecher, der Amerika an die
       erste Stelle setzt, anstatt sich den rücksichtslosen Forderungen der
       Kriegstreiber, Neokonservativen und des militärisch-industriellen Komplexes
       zu beugen, die Milliarden aus einem kostspieligen und endlosen Krieg auf
       der anderen Seite der Welt erwirtschaften“, sagte Paul Gosar, der aus dem
       Grenzbundesstaat Arizona stammt.
       
       Johnson selbst zeigte sich nach der Abstimmung kämpferisch. „Ich laufe
       nicht durch dieses Gebäude und mache mir Sorgen über eine mögliche
       Amtsenthebung. Ich muss meinen Job machen. Ich habe hier getan, was ich für
       das Richtige halte“, sagte Johnson.
       
       Was für Johnson spricht, ist die Tatsache, dass er [4][im Unterschied zu
       seinem Vorgänger Kevin McCarthy] mit einer möglichen Rückendeckung durch
       die Demokraten rechnen kann. Besonders nachdem er gezeigt hat, dass er
       gewillt ist, mit Demokraten zusammenzuarbeiten.
       
       ## Israel-Unterstützung wird größeres Problem für Biden
       
       Aus dem linken, progressiven Flügel der Demokraten gab es erneut Kritik am
       Vorgehen der israelischen Regierung um Premierminister Benjamin Netanjahu.
       Der Abgeordnete Mark Pocan erklärte, dass die USA keine Angriffswaffen an
       die israelische Regierung liefern sollten.
       
       „Die Verwüstung, die unschuldigen Zivilisten in Gaza zugefügt wurde, ist
       nicht zu rechtfertigen, und die Vereinigten Staaten können Premierminister
       Netanjahu nicht weiterhin einen Blankoscheck ausstellen, um diesen Konflikt
       auszuweiten. Eine weitere Bewaffnung Netanjahus und seiner extremen
       Koalition könnte nur zu einem größeren Konflikt im Nahen Osten führen“,
       sagte er auf X am Samstag.
       
       Für Biden stellt die ungebrochene Unterstützung der israelischen Regierung
       ein immer größeres Problem im US-Wahlkampf dar. Vor allem junge Wähler, die
       Biden braucht, wollen, dass die US-Regierung Netanjahu verstärkt unter
       Druck setzt, um dem Leid im Gazastreifen ein Ende zu setzen.
       
       Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij begrüßte die Entscheidung im
       Kongress und erklärte in einem Video auf X, dass die US-Militärhilfen dabei
       helfen werden, einem gerechten Ende dieses Krieges näherzukommen, „einem
       Krieg, den Putin verlieren muss“.
       
       21 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Abstimmung-ueber-US-Militaerhilfe-geplant/!6001821
   DIR [2] /US-Militaerhilfe-fuer-Israel-und-Ukraine/!5988968
   DIR [3] /Neuer-Sprecher-im-US-Repraesentantenhaus/!5969009
   DIR [4] /Abwahl-von-McCarthy-im-US-Kongress/!5964436
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hansjürgen Mai
       
       ## TAGS
       
   DIR US-Wahl 2024
   DIR USA
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR US-Kongress
   DIR Repräsentantenhaus
   DIR Republikaner
   DIR US-Demokraten
   DIR Joe Biden
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Gaza
   DIR Benjamin Netanjahu
   DIR GNS
   DIR Donald Trump
   DIR USA
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Atomkraftwerk
   DIR US-Wahl 2024
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR US-Wahl 2024
   DIR Militär
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Haushaltsstreit in den USA: Trump, Vance und Musk gegen die eigenen Leute
       
       Einen Monat vor seinem Amtsantritt zerstört Donald Trump ein bereits
       ausgehandeltes Ausgabenpaket im Kongress. Jetzt droht ein Shutdown.
       
   DIR Abstimmung im US-Repräsentantenhaus: Mike Johnson kann aufatmen
       
       Der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses übersteht ein
       Abwahlverfahren. Die meisten Demokraten stützen ihn.
       
   DIR +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Kyjiw hofft auf rasche Militärhilfe
       
       Washington macht viele Milliarden für die Ukraine locker. Die Nato
       verspricht neue Flugabwehrsysteme. Die Ukraine will baldige Lieferung.
       
   DIR Mit Unterstützung von US-Firmen: Ukraine setzt auf neue AKWs
       
       Mehrere neue Reaktoren – die Ukraine baut ihre Atomwirtschaft aus.
       Unterstützung kommt von zwei US-Firmen. Doch es gibt Bedenken.
       
   DIR US-Militärhilfe für die Ukraine: Unberechenbare Machtspiele
       
       Nach Monaten endlich gibt das US-Repräsentantenhaus grünes Licht für
       Militärhilfe an die Ukraine. Um Inhalte ging es bei der Abstimmung nicht.
       
   DIR Milliarden für die Ukraine: Im Wettlauf gegen die Zeit
       
       Die US-Militärhilfen können der Ukraine neuen Mut geben. Doch erreichen sie
       auch das Land, bevor Russland verstärkt angreift?
       
   DIR Abstimmung über US-Militärhilfe geplant: Hoffnungsschimmer für die Ukraine
       
       Nach monatelanger Blockade durch die Republikaner*innen könnte in
       dieser Woche im US-Kongress über neue Militärhilfen entschieden werden.
       
   DIR US-Militärhilfe für Israel und Ukraine: Trotz Erfolg in der Schwebe
       
       Nach langen Verhandlungen beschließt der US-Senat ein 95-Milliarden-Dollar
       Hilfspaket für die Ukraine und Israel. Aufatmen kann Kyjiw aber noch nicht.
       
   DIR +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Republikaner drohen mit Blockade
       
       Der US-Senat legt ein Ukraine-Hilfspaket vor, das aber im
       Repräsentantenhaus scheitern könnte. Selenski denkt weiter über den Umbau
       der Militärführung nach.