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       # taz.de -- Abtreibungen in Polen: Neue Richtlinien, kein neues Gesetz
       
       > Polens Regierung legt neue Richtlinien für Abtreibungen vor. Es ist ein
       > erster kleiner Schritt, aber nicht der von Donald Tusk versprochene große
       > Wurf.
       
   IMG Bild: Protest in Warschau: „Ich möchte nicht sterben, aber ich bin schwanger“ steht auf dem Plakat der jungen Frau
       
       Berlin taz | Die polnische Regierung hat dieser Tage neue Richtlinien
       vorgelegt, um Frauen den Zugang zu Abtreibungen partiell zu erleichtern.
       Demnach ist ein Abbruch legal möglich, wenn die Betroffene ein
       psychiatrisches Gutachten vorlegt, wonach eine Fortsetzung der
       Schwangerschaft ihrer mentalen Gesundheit schaden würde. Damit, so die
       Begründung, soll auch für Ärzt*innen Klarheit geschaffen werden.
       
       Diese hatten vor allem unter der Regierung der Partei für Recht und
       Gerechtigkeit (PiS), auch wenn sie im Einklang mit dem Gesetz handelten,
       rechtliche Konsequenzen zu fürchten.
       
       Polen hat derzeit in Europa eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze.
       2020 hatte ein Urteil des Verfassungsgerichts die geltenden Regelungen noch
       weiter verschärft. Ein Abbruch ist nur im Falle von Inzest oder
       Vergewaltigung erlaubt oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist.
       Dennoch konnten Frauen auch beim Vorliegen dieser Indikationen nicht sicher
       sein, medizinische Hilfe zu bekommen. [1][Seit 2020 sind mindestens sechs
       Schwangere gestorben], weil ihnen eine Abtreibung verweigert worden war.
       
       Die strikte Handhabung des Abtreibungsrechtes [2][brachte nach dem Urteil
       landesweit Millionen Frauen auf die Straße]. Vor allem ihnen hatte 2023
       während des Wahlkampfes die damalige Oppostion unter Donald Tusk und seiner
       liberalen Bürgerplattform PO versprochen, die bestehende Gesetzeslage zu
       liberalisieren.
       
       ## Liberaleres Abtreibungsgesetz nicht in Sicht
       
       Doch damit ist es, knapp ein Jahr [3][nach Tusks Amtsantritt], nicht weit
       her. Mit ein Grund dafür ist Tusks konservativer Koalitionspartner Dritter
       Weg – ein Bündnis aus der zentristischen Partei Polen 2050 und der
       Polnischen Bauernpartei (PSL) – ein erklärter Gegner der Reform. [4][Im
       Juli dieses Jahres scheiterte ein Gesetzesentwurf], der Hilfe für zu einer
       Abtreibung entschlossene Frauen entkriminalisiert, im Parlament.
       
       Bis zu den nächsten Wahlen werde es im Sejm keine Mehrheit für eine legale
       Abtreibung im wahrsten Sinne des Wortes geben. „Wir sollten uns nichts
       vormachen. Wenn wir das Gesetz nicht ändern, werden wir die Realität
       ändern“, sagte Tusk Ende August.
       
       Schätzungen zufolge werden in Polen jährlich zwischen 80.000 und 93.000
       Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen, davon lediglich einige Hundert legal,
       wie einem Bericht von Health Policy Watch vom August 2024 zu entnehmen ist.
       Die meisten Frauen wenden sich zwecks Informationen über die Beschaffung
       von Abtreibungspillen oder Behandlungsmöglichkeiten an
       Nichtregierungsorganisationen.
       
       5 Sep 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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