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       # taz.de -- AfD-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg: So gar nicht bieder und hanseatisch
       
       > Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Geschäftsführer der
       > AfD-Fraktion in Hamburg. Tondokumente offenbaren die Radikalität der
       > Fraktion.
       
   IMG Bild: Taktisches Verhältnis zum Verfassungsschutz: Hamburgs AfD-Vize-Fraktionschef Alexander Wolf
       
       Hamburg taz | Der Hinweis kommt bekannt vor. In Hamburg ermittelt die
       Staatsanwaltschaft gegen den [1][Geschäftsführer der
       AfD-Bürgerschaftsfraktion, Thorsten Prenzler]. Bei der regelmäßigen
       Besprechung der Mitarbeitenden der Fraktion soll Prenzler selbst ausgeführt
       haben, dass Ermittlungen wegen des Vorwurfes irregulärer Abrechnungen
       laufen.
       
       Häufiger schon musste die Staatsanwaltschaft Anzeigen nachgehen, die den
       Fraktionsgeschäftsführer betreffen. „Ich kann bestätigen, dass bei der
       Staatsanwaltschaft eine anonyme Anzeige gegen Herrn Prenzler erstattet
       wurde“, sagte die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft, Liddy
       Oechtering, der taz. Zu den konkreten Vorhaltungen darf Oechtering nichts
       sagen. Denn „der Sachverhalt wird nunmehr geprüft“.
       
       An der Elbe ist Prenzler in der AfD einer von denen, die im Hintergrund der
       Fraktion um Dirk Nockemann und Alexander Wolf die Politik der Landes-AfD
       gestalten. Er ist auch Vertretungsberechtigter der AfD-nahen
       Desiderius-Erasmus-Stiftung Hamburg, die staatliche Mittel anstrebt. Es
       sind wichtige Funktionen im Parteigefüge, die Prenzler [2][nicht nur
       Freunde in der Partei bescheren].
       
       Im Januar vergangenen Jahres hatte die [3][AfD-Bürgerschaftsabgeordnete
       Olga Petersen] Anzeigen gegen ihren Geschäftsführer erstattet wegen des
       Verdachts auf Urkundenfälschung und auch wegen des Verdachts auf Missbrauch
       des akademischen Grades Magister Artium.
       
       ## Entlarvende Zustände
       
       In einem anonymen Schreiben an die taz und andere Redaktionen behaupteten
       die Verfasser*innen damals zudem, dass „Urkundenfälschung und Betrug in
       mehreren Fällen“ im Raum stünden. Es gehe um „hohe Summen“ sowie um das
       „Fälschen von Arbeitsverträgen“. Einzelne AfD-Mandatsträger*innen sollen
       von den Straftaten gewusst haben, Prenzler aber schützen.
       
       In einem Schreiben mit dem Vermerk „Persönlich/Vertraulich“ von Wolf an
       Prenzler, dass nun der taz vorliegt, werden Fragen zu dessen Arbeitsvertrag
       gestellt. Wolf wollte bereits 2020 wissen, warum der Vertrag lange Zeit
       nicht auffindbar gewesen war, und bat um Vorlage der Magister-Urkunde.
       
       Für eine Law-and-Order-Partei, die für Sauberkeit und Ordnung steht, sind
       das entlarvende Zustände und Verhältnisse. Bilder und Tondokumente, die der
       taz jetzt mit zugespielt wurden, offenbaren den Zustand der Fraktion und
       der Mitarbeitenden.
       
       In einem Tondokument weist Nockemann die Vorwürfe von Petersen deutlich von
       sich. Und der AfD-Bürgerschaftsabgeordnete und freigestellte Offizier der
       Bundeswehr, Marco Schulz, erklärt, dass die Reihen fest geschlossen werden
       müssten. In seiner Logik sei ein Vorwurf geklärt, wenn die Offiziere – als
       solche sieht er die Abgeordneten – entschieden hätten.
       
       Die Untergebenen müssten nicht in die Details eingeweiht werden, wüssten
       aber Bescheid, ob die Vorwürfe zutreffend seien oder nicht, wenn „der
       Betroffene“ noch da sei oder nicht – „ganz einfach“. Heißt also: Da
       Prenzler noch da sei, könnten die Vorhaltungen nicht zutreffend sein.
       
       Über den Gegenprotest der „Omas gegen rechts“ äußeren sich
       Fraktionsangehörige in einer weiteren Tonaufnahme. Die „Omas“ seien nett,
       wird darin gesagt, und dann empfohlen, einige „Problem-Nafris“ auf die
       „Omas“ loszulassen und mal zu gucken, was sie danach für eine Meinung
       hätten.
       
       [4][Das Kürzel „Nafri“] verwendete die Polizei Nordrhein-Westfallen nach
       den sexuellen Übergriffen in Köln in der Silvesternacht 2015 für
       „Nordafrikanische Intensivtäter“. Unter Kichern wird in der Tonaufnahme
       darüber nachgedacht, die „Omas“ zu „Ficki-Ficki-Seminaren“ mit „Nafris“ zu
       verpflichten.
       
       Dass nicht jede Aussage und Wortwahl der AfD auch öffentlich fallen soll,
       belegen andere Tondokumente. In einer größeren Runde legt eine Person dar,
       dass eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz (VS) der „Worst Case“
       sei. Die Fraktion könne bis 2025 noch bestehen, die Partei werde aber
       großen Schaden nehmen. Die anderen Parteien hätten sich den VS – der auch
       als „Schmutz“ bezeichnet wird – zur Beute gemacht und setzten ihn gegen die
       AfD ein.
       
       Eine andere Person wirft ein, dass einige von ihnen selbst die Partei in
       diese Sackgasse geführt hätten. Gemeinsam überlegen die Sprecher*innen, wer
       aus der Partei herausmüsse, um eine Beobachtung abzuwenden, eine Liste mit
       Namen gebe es aber nicht.
       
       Wolf zeigt ein taktisches Verhältnis zum Verfassungsschutz, es sei ein
       „Thema von klug und dämlich“. Wolf sagt, dass man so gut wie alles so sagen
       könne, dass der VS es nicht in seine Akten aufnehme, ein Sprechen mit
       Übertreibungen und Pauschalisierungen jedoch führe zu einem Vermerk in den
       Akten. Wenn eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz komme, versichert
       Wolf, werde er nicht austreten. Dann heiße es „kämpfen“. Eine andere Person
       sagt lapidar, dass die Partei dann eben eine „rechtsextreme Partei“ sei.
       
       ## Verdacht erhärtet
       
       Die zugespielten Unterlagen legen nahe, dass die aktuell erstattete Anzeige
       die bereits erwähnten alten Vorhaltungen gegen Prenzler betrifft. Das
       Verfahren wurde damals eingestellt, da der ehemalige
       AfD-Bürgerschaftsfraktionsvorsitzende Jörn Kruse angab, den Arbeitsvertrag
       unterzeichnet zu haben. Nach einem Schriftgutachten soll die Unterzeichnung
       mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ aber nicht echt sein.
       
       Eine E-Mail von Prenzler an den Direktor der Bürgerschaftskanzlei könnte
       diesen Verdacht weiter erhärten. Darin schreibt er 2017 dass er sich
       „endlich einmal vertraglich mit der [5][AfD-Fraktion] binden“ wolle. Der
       vermeintliche Vertrag ist aber auf den 10. 10. 2016 datiert und
       unterschrieben worden.
       
       Glaubt man Gerüchten, bemüht sich Prenzler gerade bei der AfD Niedersachsen
       um eine Mitarbeit in der möglichen Fraktion nach der Landtagswahl.
       
       22 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
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   DIR [5] https://afd-fraktion-hamburg.de/kategorie/aktuelles/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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