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       # taz.de -- AfD-Jugend gründet sich in Gießen neu: Bundesweite Mobilisierung gegen Höcke-Jugend
       
       > In Gießen will sich Ende November die AfD-Jugend neu gründen. Vieles
       > spricht dafür, dass es ultraradikal wird. Ein breites Bündnis plant
       > Blockaden.
       
   IMG Bild: Hat seine Kandidatur öffentlich angekündigt: der rechtsextreme Jean-Pascal Hohm (AfD)
       
       Gießen/Berlin taz | Gegen die geplante Neugründung des AfD-Jugendverbandes
       in Gießen am 29. und 30. November mobilisiert ein bundesweites
       Aktionsbündnis „widersetzen“. Dem Bündnis, das für das Wochenende
       „massenhafte Aktionen“ plant, gehören nach eigenen Angaben Gewerkschaften,
       Initiativen, antifaschistische Gruppen sowie NGOs aus über 80 Städten an.
       „Wir sind der Ansicht, dass es eine Jugendorganisation der faschistischen
       AfD nicht geben darf. Die Jugendorganisation ist mit gewaltbereiten Gruppen
       verbunden“, sagte Bündnissprecherin Rieka Becker am Donnerstag in Gießen
       auf einer Pressekonferenz.
       
       Geplant sind unter anderem Proteste, sowie Blockaden der Zufahrtswege zur
       Messe Gießen, wo die Gründungskonferenz stattfinden soll. Man wolle die
       Zugänge an dem Tag nicht freiwillig verlassen. „Die einzigen, die wir
       durchlassen, sind Feuerwehr und Rettungswagen“, erklärte Laura Wolf vom
       Bündnis.
       
       Das Aktionsnetzwerk mobilisiert dabei bundesweit: Am 29. November sollen
       Busse aus ganz Deutschland nach Gießen kommen. Auch im vergangenen Jahr
       hatten sich rund 15.000 Menschen mit über 200 Bussen zum
       AfD-Bundesparteitag in Riesa organisiert und versucht, diesen zu
       blockieren. Sie verhinderten damals einen pünktlichen Start. „In Gießen
       wollen wir noch größer werden und die Konferenz verhindern“, so Becker.
       
       Die Leiterin der Abteilung Einsatz im Polizeipräsidium Mittelhessen, Carina
       Lerch, sprach gegenüber der Gießener Allgemeinen von einer der größten
       Einsatzlagen, die es bisher in Gießen gegeben habe. Es seien an beiden
       Tagen bis zu 40.000 Gegendemonstrierende zu erwarten. Auch Polizeipräsident
       Torsten Krückemeier berichtete in der vergangenen Woche, es gebe derzeit
       keine konkreten Gewaltaufrufe, man stelle sich als Polizei jedoch auf
       verschiedene Szenarien ein.
       
       ## Radikal dürfte vor allem die AfD-Jugend werden
       
       Das Bündnis warnt seinerseits vor Polizeigewalt: „Von uns geht keine
       Eskalation aus, wir wollen nur den Tag verhindern“, so Becker. Zu konkreten
       Blockadepunkten äußerte sich das Bündnis zunächst nicht. Diese sollen am
       Veranstaltungstag in den frühen Morgenstunden öffentlich gemacht werden,
       geplant sind Livestreams sowie fortlaufende Informationen des Bündnisses.
       
       Dass die AfD nun nach Hessen kommt, zeugt von einer gewissen Kontinuität:
       [1][Sowohl die AfD] als auch ihre [2][frühere Jugendorganisation Junge
       Alternative (JA)] wurden 2013 in Hessen gegründet.
       
       Aufgelöst hatte die AfD die Jugendorganisation im Februar, um die ohnehin
       als gesichert rechtsextrem eingestufte Organisation auch vor einem
       möglichen Verbot zu bewahren. Die JA war zuvor als formell unabhängiger
       Verein organisiert, in dem auch Mitglieder aus Organisationen zu finden
       waren, die offiziell auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD stehen. Die JA
       hatte 2.400 Mitglieder, eine AfD-Mitgliedschaft war keine Voraussetzung für
       den Eintritt.
       
       Jetzt soll sie wie die SPD-Jusos Teil der Mutterpartei werden, sodass alle
       Mitglieder unter einer bestimmten Altersschwelle automatisch Teil der
       Jugendorganisation sind oder zumindest ein AfD-Parteibuch haben müssen – je
       nach Satzung, die beschlossen wird. Gehandelt werden Namen wie
       „Patriotische Jugend“, die Beibehaltung von „Junge Alternative“ oder
       „Deutschland-Jugend“.
       
       ## Motto aus der Hitlerjugend
       
       Die Neugründung der AfD-Jugend dürfte dabei durchaus radikal ausfallen.
       Parteigröße Björn Höcke hatte sich gegen die Auflösung der durchweg
       radikalisierten JA im Februar gestellt, konnte sie allerdings nicht
       verhindern. Umso dringender will er jetzt erreichen, dass die neue Jugend
       gleichermaßen radikal bleibt – gewissermaßen zu einer Höcke-Jugend wird.
       
       Tatsächlich ist Höcke als Kopf der völkisch-nationalistischen Strömung bei
       jungen Rechten überaus beliebt: Der ehemalige Lehrer lässt sich bei
       AfD-Veranstaltungen von Jugendlichen wie ein Popstar feiern, macht Selfies
       mit dem völkisch-nationalistischen Nachwuchs oder fährt bei PR-Aktionen mit
       dem Kult-Moped Simson mit [3][männlichen Jugendlichen durch blühende
       Landschaften].
       
       In einem Social-Media-Beitrag schrieb Höcke im August: „Von einem Club
       karrieristischer Anpasser und Befehlsempfänger hat die Partei keine neuen
       Impulse zu erwarten.“ Und wem das noch nicht deutlich genug war, für den
       stellte Höcke noch den ehemaligen Leitsatz der Hitlerjugend voran und
       hoffte wohl, dass es niemand merken würde ([4][falsch gedacht]): „Jugend
       muss durch Jugend geführt werden“. Außerdem plädierte er für die
       Beibehaltung des Namens Junge Alternative. „Die neuen Regeln sollten sie
       nicht übermäßig einschränken. Wir müssen sie einfach mal machen lassen!“,
       so Höcke. Das Posting löschte Höcke wieder, nachdem der Bezug zur
       Hitlerjugend bekannt wurde.
       
       Tatsächlich deutet vieles darauf hin, dass die neue AfD-Jugend eine
       Höcke-Jugend wird: Das ARD-Magazin [5][Kontraste] war kürzlich undercover
       bei einem Treffen ehemaliger Funktionäre der JA. Einer forderte dabei: „Wir
       müssen unser Grundgesetz wegmachen und uns eine eigene Verfassung geben.
       Aktuell sind wir von den Amerikanern besetzt.“ Widerspruch habe es keinen
       gegeben. Wie auch bisher dürfte es entsprechend wenig Berührungsängste bei
       der Aufnahme von Mitgliedern extrem rechter Organisationen geben.
       
       ## Spitzenkandidat nicht minder radikal
       
       Dazu passt auch der mutmaßlich neue Bundesvorsitzende, der 28-jährige
       [6][Jean-Pascal Hohm], Landtagsabgeordneter aus Brandenburg. Er hat seine
       Kandidatur öffentlich angekündigt – und hat dabei zumindest die
       Unterstützung der stramm völkisch-nationalistischen Kreise seiner Partei.
       Er stammt aus dem klar rechtsextremen Landesverband Brandenburg, gilt dem
       dortigen Verfassungsschutz als Rechtsextremist, der in faschistischen
       Organisationen wie dem Verein Zukunft Heimat sozialisiert wurde.
       
       Als Geschmacksprobe seiner Gesinnung ein [7][Zitat aus dem Jahr 2017]: „Wir
       sind Teil einer Bewegung: Pegida auf der Straße, die Identitären auf dem
       Brandenburger Tor und die AfD im Parlament“, sagte er im identitären-nahen
       Podcast „Ein Prozent“, rechtsextreme Vormitgliedschaften seinen aus seiner
       Sicht kein Problem, führte er dort weiter aus.
       
       Ob sich die Jugend in diesem Prozess nicht doch auch ein bisschen
       disziplinieren sollte, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen in der AfD.
       Nicht nur Höcke, sondern auch viele andere AfD-Funktionäre sehen trotz
       rassistischer und extrem rechter Exzesse der Jugend keinen Anlass zur
       Mäßigung.
       
       Es gibt allerdings auch einige in der Führungsriege, die sich gerade mit
       Blick auf die gesichert rechtsextreme Einstufung und einem drohenden Verbot
       der Bundespartei besseres Zugriffsrecht wünschen. Würde man das ernst
       meinen, müsste mal wohl als Vorsitzender dafür sorgen, alte JA-Netzwerke zu
       entmachten oder besonders radikale Mitglieder auszuschließen. Das wird
       unter Hohm ziemlich sicher nicht passieren.
       
       Und auch weitere Personalien, die eine Rolle spielen könnten, lassen
       Mäßigung und Kontrolle durch die Mutterpartei unwahrscheinlich scheinen:
       Eine mögliche weitere Figur [8][könnte laut Zeit Manuel Krauthausen aus
       Aachen werden]. Als Kommissaranwärter durfte er kein Polizist werden, weil
       er sich an rassistischen Chats beteiligte. Es soll um ein Meme aus dem Film
       American History X gehen, bei dem ein Schwarzer Mann brutal von einem
       Neonazi getötet wird. Mittlerweile sitzt er für die AfD im Bundestag.
       
       2 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR [4] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus6894449e8d87bf286ac881a8/AfD-Bjoern-Hoecke-verbreitet-Leitsatz-der-Hitlerjugend.html
   DIR [5] https://www.tagesschau.de/investigativ/kontraste/afd-jugend-104.html
   DIR [6] /Jean-Pascal-Hohm-soll-AfD-Jugend-fuehren/!6108240
   DIR [7] https://www.tagesschau.de/investigativ/kontraste/afd-jugend-104.html
   DIR [8] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-09/afd-jugendorganisation-junge-alternative-neugruendung-rechtsextremismus/komplettansicht
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Yağmur Ekim Çay
   DIR Gareth Joswig
       
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