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       # taz.de -- Linker erwirkt Unterlassungserklärung: Sachsen-Anhalts AfD-Landeschef musste Fake-KI-Bild löschen
       
       > Der AfD-Abgeordnete Martin Reichardt aus Sachsen-Anhalt hatte mit einem
       > KI-Bild gegen den Linken-Abgeordneten Luigi Pantisano gehetzt. Der wehrte
       > sich.
       
   IMG Bild: Der Abgeordnete Luigi Pantisano (Linke) wehrt sich erfolgreich gegen Diffamierung durch die AfD
       
       Berlin taz | Es ist ein Bild, wie es die AfD häufig in den sozialen Medien
       verbreitet: Die [1][extrem rechte Partei] arbeitet gern mit KI-generierten
       Zerrbilden – vor allem, um rassistische Stereotype vom vermeintlich
       kriminellen Ausländer bis zum bedrohlichen Fremden zu transportieren. Sie
       lässt dann von Bild-Generatoren aggressiv aussehende Männer vorzugsweise
       mit dunkler Hautfarbe kreieren, die aggressiv brüllen, schreien oder gar
       Messer halten. Zusammen mit einer hetzerischen Überschrift ist die
       rassistische Social-Media-Kachel fertig und wird vielfach verbreitet. Dass
       die AfD dabei KI verwendet, lässt sie gern unter den Tisch fallen.
       
       Einen ähnlichen Anschein hatte auch das Fake-Bild, mit dem der
       AfD-Landesvorsitzende Sachsen-Anhalt, Martin Reichardt, gegen den
       Linken-Abgeordneten Luigi Pantisano hetzte. Es zeigt ihn mit weit
       aufgerissenem Mund und verzerrtem Gesicht. Pantisano sieht aggressiv aus,
       brüllt den Betrachter an und hebt dabei bedrohlich die Hände. Die
       Rechtsextremen schrieben dazu auf die Social-Media-Kachel:
       „Linken-Abgeordneter dreht im Bundestag völlig durch und erhält keinen
       Ordnungsruf.“ Natürlich trug auch dieses Bild keinen Hinweis darauf, dass
       es künstlich erstellt wurde.
       
       Um gegen die Fälschung vorzugehen, hat Pantisano hat seinen Anwalt
       eingeschaltet und forderte Reichardt auf, eine Unterlassungserklärung
       abzugeben. Der AfD-Landesvorsitzende folgte seinen Forderungen weitgehend,
       löschte das Bild und sagte zu, es nicht mehr zu veröffentlichen. Ebenso
       erklärte Reichardt sich in einem der taz vorliegenden Anwaltsschreiben
       bereit, die Anwaltskosten von Pantisano zu bezahlen.
       
       Über die Höhe herrscht noch Uneinigkeit: Pantisanos Anwalt geht von einem
       Streitwert von bis zu 15.000 Euro aus und erwartet eine ordnungsgemäß
       unterschriebene Unterlassungserklärung bis zum 1.10. sowie eine Zahlung von
       etwas über 1.000 Euro bis zum 5.10. – ansonsten werde man klagen. Reichardt
       hatte sich in seinem Schreiben bereits zur Zahlung von 850 Euro bereit
       erklärt.
       
       ## „Wer Fotos manipuliert, verletzt Persönlichkeitsrechte“
       
       Pantisano sagte der taz, er fühlte sich durch das Posting diffamiert: „Auf
       dem Foto wurde ich grotesk dargestellt. Das überschreitet nicht nur die
       Grenze des guten Geschmacks.“ Im Netz sorgten solche manipulierten Fotos
       für ein Klima, in dem sachliche politische Debatten nicht mehr möglich
       seien – „anscheinend kann die AfD mit meiner Kritik im Bundestagsplenum
       nicht umgehen und weiß sich nur mit Lügen zu helfen“, so Pantisano zur taz.
       
       Sein Rechtsanwalt Jasper Prigge ergänzte: „Wer Fotos manipuliert, um den
       politischen Gegner in ein schlechtes Licht zu rücken, verletzt
       Persönlichkeitsrechte. Das Recht am eigenen Bild gilt auch im politischen
       Raum.“ Man habe dem AfD-Politiker angedroht, gerichtlich eine einstweilige
       Verfügung gegen ihn zu erwirken. Mit der abgegebenen Unterlassungserklärung
       erspare er sich nun ein für ihn teures Gerichtsverfahren, so der Anwalt.
       
       In der Rede hatte der AfD-Vorsitzende des stramm rechtsextremen
       Landesverbandes, Martin Reichardt, den Linken Spaltung und Verrohung
       vorgeworfen, während er sie gleichzeitig als „Fraktion der Stalinisten“ und
       „linke Schergen“ und ihr Tun als „widerlich“ beschimpfte. Die Rede wurde
       auch nicht dadurch besser, dass Reichardt sich in einer stilecht-braunen
       Fantasieuniform ans Rednerpult stellte und dabei nebst Geschrei wie ein
       Star-Wars-Bösewicht wirkte.
       
       Der Linken-Abgeordnete Pantisano quittierte Reichardts Tiraden mit
       Zwischenrufen und nannte ihn einen „Rassisten“ und „Faschisten“, woraufhin
       der AfD-Politiker die Sitzungsleitung selbst lautstark anfuhr, zu diesem
       Zeitpunkt Bundestagsvizepräsidentin Josephine Ortleb (SPD), – ob er sich
       das bieten lassen müsse, man selbst bekomme ja für „jeden Mist hier sonst
       Ordnungsrufe“.
       
       ## Stoff für die Opferinszenierung
       
       Selbstredend nutzte die AfD und das mediale Vorfeld der Partei danach im
       Anschluss wiederum einen Zusammenschnitt der Szene für die Opferrolle auf
       verschiedenen Social-Media-Kanälen. Diese ließen dann die Einlassung der
       Vizepräsidentin aus, dass diese sich das Protokoll der Rede und der
       Zwischenrufe vorlegen lassen wolle und gegebenenfalls Sanktionen verhängen
       würde. Und tatsächlich erhielt auch Luigi Pantisano für seine Zwischenrufe
       nachträglich noch einen Ordnungsruf – anders als im AfD-Posting behauptet.
       Es ist bereits sein zweiter in dieser Legislatur, jeweils in Reaktion auf
       die extrem Rechten.
       
       Der AfD-Landeschef Reichardt übrigens bekam selbst schon vier Ordnungsrufe
       in dieser Legislatur. Zwei davon für besagte Rede – für seine Beschimpfung
       der Linken als „Fraktion der Stalinisten“ sowie für das Angehen der
       Sitzungsleitung. In dieser Legislatur gingen von bislang insgesamt 23
       Ordnungsrufen 20 an die Rechtsextremen. In der letzten Legislatur soll sich
       der Vize-Parteivorsitzende Stephan Brandner sogar damit gebrüstet haben,
       die meisten Ordnungsrufe bekommen zu haben.
       
       Vertreten ließ sich Reichardt in dem Verfahren übrigens von Laurens
       Nothdurft, einem [2][Neonazi-Anwalt], der früher Bundesschriftführer der
       Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) war, einer mittlerweile verbotenen
       extrem rechten Organisation, die der Hitlerjugend nacheiferte. Eigentlich
       steht die HDJ auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD, das schert im
       Landesverband Sachsen-Anhalt offenbar niemanden. Auf die taz-Anfrage, warum
       er sich von einem Anwalt mit HDJ-Vergangenheit vertreten lässt, lobte ihn
       Reichardt bloß als „langjährig erfahrenen“ Rechtsbeistand mit
       „herausragenden Fähigkeiten“.
       
       Die Frage, warum er der Linken Spaltung vorwerfe, aber gleichzeitig
       KI-Fakebilder kreiere, um Abgeordnete persönlich anzugreifen, beantwortete
       Reichardt nicht. Stattdessen schimpfte er weiter gegen den Linken: Er habe
       den Post gelöscht und die Unterlassungserklärung abgegeben, „da ich an
       einer juristischen Auseinandersetzung mit einem unbedeutenden, radikalen
       Linkspolitiker wie Luigi Pantisano schlicht kein Interesse habe“, so
       Reichardt.
       
       Der radikale Tonfall verwundert nicht: [3][Mehrere HDJ-Kader] ziehen
       Strippen in der AfD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt – insofern dürfte auch
       die Einordnung von Martin Reichardt als „Faschist“ politikwissenschaftlich
       und juristisch auf jeden Fall haltbar sein.
       
       1 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-AfD/!t5495296
   DIR [2] /AfD-Buergermeister-ueber-Zweiten-Weltkrieg/!6087411
   DIR [3] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/afd-fraktion-mitarbeiter-hdj-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
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