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       # taz.de -- AfD-Wahlkampf im Osten: Sommer, Sonne, Rechtsextremismus
       
       > Björn Höcke wirkt nach Verurteilungen und internem Streit angeschlagen.
       > Im Wahlkampf treibt er die Radikalisierung seiner Partei voran.
       
   IMG Bild: Björn Höcke beim AfD-Sommerfest in Saalfeld am 27. Juli
       
       Trillerpfeifen, Tröten und Pfiffe hallen über den Saalfelder Marktplatz.
       „Unsere Nationalität heißt Mensch“, steht auf einem Banner, das mehrere
       ältere Damen auf dem Marktplatz zwischen Fachwerkhäusern, einer
       Polizeikette und zahlreichen Menschen halten. Die „Omas gegen Rechts“,
       Antifa-Gruppen, Linksjugend, Jusos und die Initiative „Stadt, Land, bunt“
       haben sich hier an diesem Samstag Ende Juli versammelt, um gegen einen
       Auftritt des Rechtsextremisten Björn Höcke zu demonstrieren, dem
       Spitzenkandidaten der AfD in Thüringen bei der anstehenden Landtagswahl am
       1. September. Der Marktplatz ist zweigeteilt, auf beiden Seiten stehen rund
       500 Personen.
       
       Auch Gewerkschaften und Kirchen hatten zum Gegenprotest aufgerufen, der
       örtliche Pfarrer hielt eine Rede, ebenso gab es eine Tanzeinlage zum
       90er-Sommerhit Macarena. Der Protest ist lautstark und nicht zu ignorieren
       – auch wenn Zäune der Polizei die Proteste für ein weltoffenes Thüringen
       von der AfD-Wahkampfkundgebung abschirmen, übertönt die Gegendemo immer
       wieder den Beifall der AfD-Anhänger.
       
       Höcke, der sich gerne als Opfer und verfolgter Dissident inszeniert, aber
       als Landtagsabgeordneter bei Auftritten in der Regel komplett abgeschirmt
       in einer Limousine mit mehreren Personenschützern vom LKA vorfährt, hält
       den Widerspruch heute nicht gut aus. Auf der Bühne wird er sauer. Er
       spricht angesichts des lauten Gegenprotests von einem „Angriff auf die
       AfD-Versammlung“, unterbricht mehrfach seine Rede und fordert ein
       Eingreifen der Polizei auf der Gegendemo.
       
       In diesem Moment bekommt man einen Vorgeschmack davon, was Höcke machen
       würde, wenn die AfD politisch nicht so isoliert und er an der Macht wäre:
       „Nochmal, liebe örtliche Kräfte der Polizei: Wenn das nicht funktioniert,
       bin ich danach auf der örtlichen Polizeidienststelle und mit mir 1.000
       Leute, die vor mir stehen!“, ruft er. Eine unverhohlene Drohung gegen die
       Polizei. Seine Anhänger vor der Bühne johlen, rufen „Bravo!“ und
       applaudieren. Fotos der Veranstaltungen belegen, dass mindestens ein
       bekannter [1][Neonazi] vor der Bühne steht.
       
       ## Ist die Drohung gegen die Polizei strafbar?
       
       Auf taz-Anfrage heißt es von der Polizei in Saalfeld, dass sie in
       Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft derzeit Videomaterial von Höckes
       Rede auswertet und hinsichtlich [2][strafrechtlich relevanter Inhalte]
       prüft. Ermittlungen dauerten noch an, heißt es.
       
       Aber unabhängig davon, ob der Aufruf strafbar ist oder nicht, er zeigt die
       momentane Dünnhäutigkeit Höckes, der Gegenprotest eigentlich gewohnt ist
       und ihn häufig mit einem süffisanten Witz über Bildungsverlierer wegwischt.
       
       Höckes Reizbarkeit ist kein Wunder, denn die letzten Wochen waren
       ereignisreich: Das vormals gegen innerparteiliche Gegner stramm hinter
       Höcke stehende völkisch-nationalistische Lager ist zunehmend fragmentiert.
       Vor einem Jahr überwarf sich Höcke mit seinem langjährigen Vertrauen aus
       Sachsen-Anhalt Hans-Thomas Tillschneider, nach dem EU-Wahlkampf [3][dann
       auch noch mit Maximilian Krah]. Hinzu kommen zwei [4][Verurteilungen wegen
       der mehrfachen Verwendung der verbotenen SA-Parole] „Alles für
       Deutschland“.
       
       Beim letzten Parteitag wurde zudem deutlich, dass Höcke derzeit nur eines
       von mehreren Machtzentren in der AfD ist. Die Machttektonik hat sich
       zumindest momentan zugunsten der großen Landesverbände und um
       [5][Professionalität bemühten Netzwerker verschoben] – was nicht heißt,
       dass sie weniger radikal seien.
       
       Und als wäre das alles nicht genug, gibt es seit Monaten auch anhaltende
       Grabenkämpfe im Landesverband Thüringen, wo Parteifreunde Höcke öffentlich
       wechselweise als [6][„Gernegroß“ und „Machtmensch“] oder als
       [7][„Egozentriker“ mit „niederträchtiger Art“ beschimpfen], den
       Landesvorstand mit Klagen überziehen und bei jeder Gelegenheit Höcke
       öffentlich für seinen autoritären Führungsstil angreifen, nachdem dieser
       mehrere ihm liebsame Direktkandidaten in den Wahlkreisen durchgedrückt
       haben soll.
       
       Zudem hat er zwei bereits gewählten Kandidaten, die ihm nicht passten,
       kurzerhand die Unterschrift verweigerte. Die beiden Wahlkreise im
       Wartburgkreis dürften nun kampflos an die CDU gehen – seitdem gibt es
       [8][mitten im Wahlkampf heftigen und offenen Streit] um Höckes
       Führungsstil. Die Beteiligten überziehen sich gegenseitig mit Klagen,
       Vorwürfen und Parteiordnungsmaßnahmen bis hin zum Ausschluss.
       
       Sie führen damit den mühsam vorbereiteten Wahlkampf ad absurdum, bei dem
       Höcke versucht, sich als zu unrecht verteufelter, argloser,
       naturverbundener Geschichtslehrer und freundlicher Familienmensch zu
       inszenieren. Von Wahlplakaten lächelt er schwarz-weiß im Close-Up mit der
       Überschrift „Ministerpräsident“.
       
       ## Flucht nach vorne
       
       In Saalfeld zeigt sich angesichts des lauten Gegenprotests nun erneut
       Höckes autoritäre Seite. Die Szene zeigt, dass es für Höcke nur die Flucht
       nach vorne gibt – wenn die Gegendemo nervt, soll die Polizei sie
       wegknüppeln, sonst komme er halt mit seinen Anhängern in die
       Polizeistation. Ähnlich äußerte er sich [9][bereits beim Kyffhäusertreffen
       2018]. Damals sprach er davon, dass die „Zeit des Wolfes“ gekommen sei.
       Wenn eine AfD-Demo behindert werde, gebe er der Polizei fortan fünf
       Minuten. Danach würden 1.000 „Patrioten“ im Rücken der Gegendemonstranten
       auftauchen.
       
       Und auch die Thüringer AfD-Kampagne ist eine Flucht nach vorne. Die
       verbotene SA-Parole hat sie leicht abgewandelt zum Wahlkampfmotto gemacht:
       „Alles für Thüringen“ ist nun die Überschrift über dem Wahlprogramm der
       AfD. Stilecht ist dem Programm ein [10][heimattümelndes Volkslied des
       späteren NS-Dichters und Antisemiten Franz Langheinrich vorangestellt]. Und
       in einem Clip, der für russisches Gas wirbt, erscheint die Deutschlandfahne
       [11][wohl nicht nur zufällig schwarz-weiß-rot].
       
       Einer der extrem rechten Slogans auf einem AfD-Wahlplakat heißt direkt
       „Sommer, Sonne, Remigration“. Der zynische Spruch steht vor einem
       Abschiebeflieger, in dessen Cockpit Björn Höcke lässig mit Fliegerbrille
       steht – eine offene und unverhohlene Bezugnahme auf die durch die
       Correctiv-[12][Recherche] bekannt gewordenen Vertreibungspläne auch von
       Deutschen mit Migrationshintergrund. Die Junge Alternative wirbt vor den
       Landtagswahlen gleich stumpf in einem Werbeclip für „millionenfache
       Remigration“, [13][Distanz zu Sellners Vertreibungsplänen gab es im Osten
       ohnehin nie].
       
       In Summe also kein Wunder, dass der Thüringer Verfassungsschutz Höckes
       Landesverband kürzlich als [14][„aggressiv-kämpferisch“ charakterisierte] –
       ergänzend zur gesichert extrem rechten Einstufung seit 2021 eine
       [15][Voraussetzung für ein Parteiverbotsverfahren]. Der Thüringer Wahlkampf
       vermittelt den Eindruck, dass die AfD geradezu um ein solches Verbot
       bettelt – offen rechtsextrem zu sein, hat offenbar nicht geschadet.
       
       Das jedenfalls scheint in Thüringen die Lehre aus Kommunal- und
       Europawahlen zu sein, die der AfD [16][Rekordergebnisse brachten] – trotz
       eines rundum verkorksten Wahlkampfes und einem Spitzenkandidaten mit
       Korruptionsaffäre und Spionageverdacht, der mit SS-Verharmlosung sogar zum
       Bruch mit der extrem rechten Marine Le Pen aus Frankreich geführt hat. Nun
       bildet die AfD in Brüssel mit selbst innerhalb der AfD als „Hooligans“
       umstrittenen rechtsextremen Parteien eine gemeinsame Fraktion – ganz nach
       dem Gusto von Höcke.
       
       ## „Feelgood-Rechtsextremismus“
       
       Johannes Hillje beschäftigt sich seit Jahren als Politikberater und
       Politikwissenschaftler mit der Kommunikation der AfD. Sein Befund zum
       Landtagswahlkampf: Während die AfD in Sachsen und Brandenburg auf
       altbewährte Rezepte setze, allerdings auch dort stärker mit
       Personalisierung arbeitete als früher, sei vor allem der Wahlkampf der AfD
       in Thüringen bemerkenswert.
       
       Dort bringe Höcke rechtsextreme Botschaften mit einer Wohlfühl-Ästhetik
       zusammen. Hillje sagt dazu: „Das ist das nächste Level der
       Selbstverharmlosung, weil es einen Feelgood-Rechtsextremismus vermitteln
       soll. Die Kampagne versucht Rechtsextremismus zu modernisieren,
       ästhetisieren und euphorisieren.“ Der Slogan „Der Osten macht's“ sei ein
       aktivierender und identitätsstiftender Claim, der darauf abziele, dass es
       dort den ersten AfD-Ministerpräsidenten geben soll.
       
       Das sei zwar ein unrealistisches Szenario, so Hillje, aber dem Osten werde
       so eine „Pionierrolle“ zugeschrieben, die aktivieren und motivieren solle.
       Bemerkenswert sind aus seiner Sicht auch Plakate mit positiver Anmutung:
       „In der Vergangenheit haben AfD-Kampagnen hauptsächlich Angst erzeugt. Nun
       werden positive Emotionen vermittelt, unterlegt mit heller und positiver
       Bildsprache – trotzdem bleibt es bei rechtsextremen Botschaften“, so
       Hillje. Die AfD setze nicht nur auf negative Emotionen und das Dagegen,
       sondern auch zumindest auf emotionaler Ebene auf ein Dafür. Es gebe auch
       zukunftsgerichtete positive Versprechungen wie bei Trumps ‚Make America
       Great Again‘ oder dem ‚Take back control‘ des Brexits.
       
       Besonderst sticht für ihn das Plakat mit dem Slogan „Sommer, Sonne,
       Remigration“ hervor – „hier wird positive Sommerurlaubsstimmung mit
       menschenfeindlicher Programmatik verknüpft, die wir aus der
       Correctiv-Recherche kennen. Das ist eine neue Dimension der
       Selbstverharmlosung“, sagt Hillje. Höcke versuche zudem mit Close-up-Fotos
       und Posen mit Sonnenbrille auf einem Motorrad „menschlich, sympathisch und
       nahbar“ herüberzukommen und das Bild vom bösen Höcke zu kontrastieren, so
       Hillje.
       
       Wie wenig harmlos diese Melange von (ost)deutscher Identität in der
       Mischung mit extrem rechter Ideologie ist, belegt ein weiteres
       AfD-Wahlplakat. Auf dem posiert Höcke auf einem DDR-Moped der bis heute
       abgekulteten Marke Simson zum Slogan „Ja zur Jugend!“. Das Motiv zielt
       passgenau für jene eher jugendlich und ostdeutsch geprägte Moped-Szene, von
       denen Teile kürzlich [17][das Simson-Treffen bei Hitlergrüßen] und unter
       [18][Mordaufrufen gegen Schwarze] unter einer großen AfD-Fahne feierten.
       
       David Begrich vom Verein Miteinander in Magdeburg hält vor allem die
       Wirkung solcher alltagskulturellen Motive für unterschätzt. Neu sei, dass
       die AfD sich nicht mehr nur mit Slogans wie „Vollende die Wende“ sich
       politisch auf die DDR beziehe, sondern sich mittlerweile auch
       alltagskulturelle Aspekte von DDR-Vergangenheit zu Eigen mache: „Die JA
       fordert jetzt Simson statt Lastenrad – es gibt bei der AfD die Tendenz, als
       Malus empfundene ostdeutsche Insignien positiv zu besetzen und als Bonus zu
       interpretieren. Das ist ein sehr bewusster Anschluss an kuturelle
       Erinnerungen im vorpolitischen Raum.“
       
       Das beste Beispiel dafür sei das Simson-Moped. Das Motiv rufe bei vielen
       Erinnerungen ab: Viele hätten zur Jugendweihe eine Simson geschenkt
       bekommen, verbänden damit Bewegungsfreiheit, Mobilität und ein
       Gemeinschaftsgefühl, heutzutage ranke sich ein Kult um die Mopeds,
       Ersatzteile seien schwer zu bekommen, so Begrich.
       
       Im Ergebnis rufe man einen Assoziationskosmos ab, der mit wenig Worten ein
       gewisses Weltbild transportiere: „Es schwingt ein rebellischer Gestus gegen
       den Mainstream mit: Wir sind authentisch, unentfremdet, ostdeutsch.“ Die
       Anschlussfähigkeit in weiten gesellschaftlichen Teilen wie etwa in der
       Fußballkultur sei unterschätzt, so Begrich.
       
       „Der ostdeutsche Zinnober ist Teil der Kämpfe um Mehrheiten, die AfD hat
       das verstanden, während sich andere Parteien und Zivilgesellschaft mit
       ostdeutschen Identitätsdebatten schwer tun“, sagt er. Ziel sei eine
       „vorgetäuschte Selbstentideologisierung“ der AfD und damit Verharmlosung
       und weitere Normalisierung. Interessant sei auch, so Begrich, wer in diesen
       Erzählungen keine Rolle spiele: „Die migrantische Perspektive ist komplett
       abwesend. Da wird Gesellschaft imaginiert, wie sie schon in den 80ern nicht
       war.“
       
       ## Langjährige Neonazi-Verbindungen
       
       Höcke selbst versucht sich auf seiner gerade erst veröffentlichten Website
       als friedliebenden Familienmenschen, als beliebten und
       geschichtsinteressierten Lehrer oder als sympathischen Heimwerker und
       Gärtner zu verharmlosen und sich als landesväterlich und nahbar zu
       inszenieren. Plakate zeigen großflächig sein lächelndes Gesicht mit dem
       Slogan „Ministerpräsident“.
       
       Die Website verschweigt großzügig seine langfristigen Verbindungen zur
       Neonazi-Szene, seine Freundschaft mit dem ehemaligen NPD-Vorstand Thorsten
       Heise, der auch als eine [19][Schlüsselfigur des rechtsterroristischen
       Netzwerks „Combat 18“ gilt], oder die mutmaßlich von Höcke verfassten
       Beiträge für die NPD-Zeitung „Volk in Bewegung“ unter dem [20][Pseudonym
       Landolf Ladig]. Höcke demonstrierte bereits [21][2010 auf einer
       Neonazi-Demo], trieb danach erfolgreich als Kopf des
       völkisch-nationalistischen Flügels aus Thüringen die Radikalisierung der
       AfD voran. Bis heute pflegt er Kontakte [22][bis ins Reichsbürger-Milieu],
       unter anderem zum [23][extrem rechten Aktivisten Frank Haußner], der auch
       Mitglied einer Gruppe des wegen Terrorverdachts angeklagten
       Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß gewesen sein soll.
       
       Seine rechtsextreme Biographie passt zu seinen Wahlversprechen, zunächst
       politische Gegner zu bekämpfen, die Pressefreiheit anzugreifen und
       migrationsfeindliche Politik zu machen. Auch in Saalfeld verspricht er
       seiner Anhängerschaft, dass er „linksextreme“ Zivilgesellschaft finanziell
       austrocknen will, den Medienstaatsvertrag kündigen, die Bundesregierung
       wegen der Migrationspolitik verklagen und Abschiebeflüge aus Erfurt
       organisieren.
       
       Das kommt neben der gewohnten Hetze gegen den Islam, gegen die angebliche
       „Corona-Diktatur“ und Bedrohungsszenarien rund um die Ideologie des „großen
       Austauschs“ und „Volkstod“ bei den Anhängern in Saalfeld gut an: Höcke
       ruft, dass „wir Deutschen auf dem Weg zur Minderheit im eigenen Land“
       seien, schuld daran sei die CDU. Das Publikum buht. Höcke ruft, er wolle
       eine migrationspolitische und eine demografische Wende. Das Publikum
       jubelt.
       
       Für seine Anhänger*innen auf dem Marktplatz hat Höcke einfache
       Forderungen und uneinlösbare Versprechen: Geld für die Energiewende und
       Entwicklungshilfe will er in höhere Renten investieren, über die allerdings
       der Bund entscheidet. Ebenso sollen Ausgaben für Sozialleistungen sowie
       Rüstung runtergefahren werden – gegen den insinuierten „Volkstod“ will er
       mit einer mit der Einkommenssteuer verrechneten Geburtenprämie
       („Kinderbegrüßungsgeld“) angehen. Ebenso soll es Darlehen für (deutsche)
       Familien geben, die anteilig nach Kinderanzahl nicht zurückgezahlt werden
       müssten.
       
       Es sind Forderungen, die zu dem passen, was viele in Höckes Partei
       Sozialpatriotismus nennen – angesprochen werden sollen damit gefühlt
       abstiegsbedrohte Deutsche, zudem Hass gegen Sozialleistungsempfänger
       geschürt werden. Die AfD lädt systematisch soziale Verteilungskonflikte
       rassistisch auf.
       
       Inhaltlich sind Höckes Ausfälle dabei keine Ausnahmeerscheinung mehr in der
       AfD 2024. Ihren inoffiziellen Wahlkampfauftakt für die Landtagswahlen in
       Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben die Spitzenkandidaten der AfD bei
       einem rechtsextremen Vernetzungstreffen in Schnellroda [24][beim
       aufgelösten Institut für Staatspolitik gemacht].
       
       Das Areal war weitläufig abgesperrt, im Publikum saßen Rechtsextreme und
       Neonazis, die Pressefotograf*innen vermummt mit White-Power-Zeichen
       begrüßten. Die neurechte Denkfabrik des Ideologen Götz Kubitschek bringt
       mit Publikationen seit Jahrzehnten Revolutionsanleitungen unters Volk,
       verlegte die Vertreibungspläne des Identitären-Chefs Martin Sellner und ist
       ein enger Wegbegleiter der völkisch-nationalistischen Strömung der AfD.
       Kubitschek ist ein guter Freund von Björn Höcke.
       
       Auf dem Podium in Schnellroda überboten sich die drei Spitzenkandidaten
       damit, jeweils das unfreundlichste Land für Migrant*innen werden zu
       wollen. Aber auch antidemokratische Äußerungen ließen nicht lange auf sich
       warten: Der Brandenburger Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt sagte
       unverhohlen, dass er mit der AfD das System abschaffen wolle: „Wir brauchen
       die Partei eben auch als Instrument, um den Parteienstaat klein zu
       schneiden.“ Berndt machte in trauter Runde auch keinen Hehl daraus, dass
       der formell aufgelöste Flügel ideell weiter besteht und dass das Ziel der
       Umsturz bleibt: „Ich gehöre einem Flügel der AfD an, der ein klares
       Bewusstsein dafür hat, dass wir den Parteienstaat in die Schranken weisen
       müssen.“
       
       Die Parteichefs Tino Chrupalla und Alice Weidel äußern sich zwar öffentlich
       weniger deutlich, aber gebieten dem Treiben keinen Einhalt. Im Gegenteil:
       Beide redeten Anfang Juli im sächsischen Freiberg vor mehreren hundert
       AfD-Anhängern. Auf der Kundgebung skandierten viele vor der Bühne
       stellenweise die von Höcke normalisierte SA-Parole „Alles für Deutschland“.
       Anstoß nahm niemand daran. Auf der Bühne wurde das kurzerhand sogar
       umgedeutet in: „Alice für Deutschland“, Gelächter war das Ergebnis. Damit
       stünde dann auch das Wahlkampfmotto für die Bundestagswahl 2025.
       
       Die AfD-Wähler*innen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg scheint all dies
       nicht zu stören, im Gegenteil: In Umfragen ist die AfD in allen drei
       Ländern stärkste Kraft. In Thüringen liegt sie bei knapp unter 30 Prozent.
       In Thüringen droht nach der Gründung des ebenfalls populistischen BSW eine
       politische Pattsituation und eine Regierungskrise wie nach der letzten
       Landtagswahl. Höcke jedenfalls wird vor und nach der Wahl jede Gelegenheit
       zum Angriff nutzen.
       
       Bei seinem nächsten Auftritt ist immerhin damit zu rechnen, dass es wieder
       laut wird: In Altenburg am Freitag, den 2.8. mobilisiert das Aktionsbündnis
       „Demokratie und Solidarität Altenburger Land“ unter dem Motto „Altenburg
       bleibt stabil“ [25][zur Gegendemo in Hörweite].
       
       5 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/Recherche_Jena/status/1817913282692358217/photo/1
   DIR [2] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__240.html
   DIR [3] https://www.rnd.de/politik/hoecke-gegen-krah-wie-sich-das-voelkische-lager-der-afd-zerlegt-C3EVU2XL4VFXJFIK5LYF6WID7Y.html
   DIR [4] https://www.deutschlandfunk.de/bjoern-hoecke-afd-prozess-wahlrecht-100.html
   DIR [5] /Alternative-fuer-Deutschland/!6017621
   DIR [6] /Rechtsruck-bei-Kommunalwahl-in-Thueringen/!6010295
   DIR [7] /Machtkampf-in-AfD-Thueringen/!6025752
   DIR [8] /Machtkampf-in-der-AfD-Thueringen/!6022129
   DIR [9] https://www.tagesschau.de/inland/afd-verfassungsschutz-113.html
   DIR [10] https://www.welt.de/politik/deutschland/article252566026/Landtagswahl-Thueringer-AfD-wirbt-im-Wahlprogramm-mit-Nationalsozialist.html
   DIR [11] https://www.thueringer-allgemeine.de/politik/article406863905/spiel-mit-der-reichsflagge-afd-thueringen-streitet-das-ab.html
   DIR [12] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/
   DIR [13] /Konsequenzen-nach-AfD-Geheimtreffen/!5986239
   DIR [14] https://www.deutschlandfunk.de/kaempferisch-aggressiv-geheimgutachten-belastet-thueringer-afd-100.html
   DIR [15] /Diskussion-ueber-AfD-Verbotsverfahren/!5997151
   DIR [16] /Nach-den-Kommunalwahlen-in-Thueringen/!6011474
   DIR [17] /Moped-Treffen-in-Zwickau/!6022526
   DIR [18] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/zwickau/suhl-simson-treffen-nazi-polizei-rechtsextrem-feuerwehr-100~amp.html
   DIR [19] https://exif-recherche.org/?p=4399
   DIR [20] https://andreaskemper.org/2019/06/23/ladig-hoecke-synopse/
   DIR [21] https://www.tagesspiegel.de/politik/bjorn-hocke-seit-an-seit-mit-neonazis-6878413.html
   DIR [22] /Verhaeltnis-von-AfD-zu-Reichsbuergern/!5900281
   DIR [23] https://www.tagesschau.de/investigativ/mdr/reichsbuerger-prinz-reuss-patriotische-union-100.html
   DIR [24] /Rechtsextremes-Sommerfest-in-Schnellroda/!6023507
   DIR [25] https://altenburg.noblogs.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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       Ermittler verdächtigten die Familie, ohne Beweise. Das erinnert an
       NSU-Fälle.
       
   DIR Wahlkampf der AfD Brandenburg: Brandenburgische Stichwerkzeuge
       
       Die extrem rechte AfD Brandenburg tritt für ein Parlament an, das sie von
       innen bekämpfen will. An Infoständen verteilte eine Kandidatin sogar
       Waffen.
       
   DIR Politologe über AfD-Erfolge: „Nirgends eine Entzauberung“
       
       Der Politologe Gideon Botsch spricht über den tiefen Einschnitt, den die
       Landtagswahl in Thüringen bedeutet – und über die nötigen Lehren daraus.
       
   DIR Kunst über Neue Rechte: Völkische Zombies
       
       Emma Adler inszeniert in ihrer Ausstellung bei Anton Janizewski Neue Rechte
       als gruselige Untote. Die Galerie ist für den VBKI-Preis nominiert.
       
   DIR Kampf um das Direktmandat in Greiz: Der Höcke-Bezwinger
       
       Auch beim dritten Versuch holt Björn Höcke kein Direktmandat. Das gewinnt
       der Greizer CDU-Mann Christian Tischner.
       
   DIR Politik und Kleidung: Die Grenzen des Tragbaren
       
       Rechten Ideologen fehlt es nicht nur innerlich an Stil. Ein Experte für
       Männermode erklärt, was bei der Kleiderwahl von Höcke und Co falsch läuft.
       
   DIR Lehrkräfte in Thüringen: Wappnen gegen die AfD
       
       Was passiert an Schulen, falls die AfD nach den Wahlen die Bildungspolitik
       mitbestimmt? Lehrkräfte in Thüringen proben den Ernstfall.
       
   DIR American Jewish Committee warnt: „Eine Partei für Antisemiten“
       
       Das American Jewish Committee warnt mit einer neuen Broschüre vor der
       „Umsturzpartei“ AfD. Auch der Zentralratspräsident findet deutliche Worte.
       
   DIR Podcast über Neonazis in Ostdeutschland: Was die neuen Neonazis bewegt
       
       Die zweite Staffel von „Springerstiefel“ untersucht die rechtsextreme
       Radikalisierung in ostdeutschen Szenen – ein gelungener Podcast.
       
   DIR Mario Voigt über Wahl in Thüringen: „Warum diese Koalitionspuzzles?“
       
       Der CDU-Mann Mario Voigt will Ministerpräsident von Thüringen werden. Ohne
       das BSW geht das kaum. Ein Gespräch über Wagenknecht und „Höcke ist doof“.
       
   DIR CSD in Bautzen: Queer Pride statt White Pride
       
       In Ostsachsen haben Rechtsextreme versucht, den Christopher-Street-Day zu
       stören. Doch die rund 1000 Teilnehmenden ließen sich nicht beirren.
       
   DIR BSW will Coronazeit aufarbeiten: Wagenknechts Wahlkampf mit Corona
       
       Das BSW will in Sachsen und Thüringen Untersuchungsausschüsse einsetzen.
       Berührungsängste zur AfD: keine.
       
   DIR Strafanzeige gegen Höcke: Nationalsozialist zitiert
       
       Im Programm der AfD Thüringen steht der Liedtext eines bekennenden
       Nationalsozialisten. Das könnte Volksverhetzung sein.
       
   DIR Linke Grüne über die Wahl in Thüringen: „Duckmäusertum hilft nicht“
       
       Astrid Rothe-Beinlich hat viele Jahre für die Grünen in Thüringen Politik
       gemacht. Dass sie jetzt aufhört, liegt auch an der politischen Lage im
       Land.
       
   DIR Landtagswahlen und die AfD: Der Verfassungsschutz wappnet sich
       
       Die AfD könnte im Falle einer Regierungsbeteiligung
       Verfassungsschutz-Informationen weitergeben. Wie kann das verhindert
       werden?
       
   DIR Vor den Landtagswahlen im Osten: Wo die Graswurzeln wachsen
       
       Was hilft gegen Rechte im Osten? Keiner weiß das besser als die, die hier
       leben. Drei Porträts von Menschen, die die Dinge im Kleinen ändern wollen.
       
   DIR Machtkampf in AfD Thüringen: Neuer Affront gegen Höcke
       
       Der Machtkampf in der AfD Thüringen eskaliert. Ein Landespolitiker fordert,
       gegen den eigenen Kandidaten zu stimmen. Höcke droht mit Parteiausschluss.